Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Große Detailkenntnis bescheinigt Rezensent Tarik Ahmia den Autoren dieser "Google-Story", die er insgesamt als "unterhaltsame Abenteuergeschichte" über zwei Robin Hoods im world wide web gelesen hat. Allerdings empfindet er es schon früh als "Manko" des Buchs, dass es zu distanzlos die beiden "Goggle-Boys" Larry Page und Sergey Brin "einfach toll" findet, und "kritisches Hinterfragen" Ahmias Eindruck zufolge deshalb nicht auf dem "Aufgabenzettel" der Autoren steht. Deshalb betrachtet der Rezensent das Buch eher als eine Art zum "Märchen verdichteten Tatsachenbericht", in dem aus seiner Sicht aber zu wenig Raum für die Analyse des "Phänomens Google" geblieben ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.05.2006Synonym für Internetsuche
Eine Chronik über Google und das Silicon Valley
Wer noch einmal nachlesen will, warum er eigentlich im Sommer vor zwei Jahren keine Google-Aktien gekauft hat, dem sei zur Rettung seines Seelenheils dieses Buch empfohlen. Denn der Anleger, der den seither verpaßten, sagenhaften Kursgewinnen nachtrauert, findet hier nochmals die Gründe, die damals dafür gesprochen haben, an dem ungewöhnlichen Auktionsverfahren, das die Emission begleitet hat, nicht teilzunehmen. Die Börsenaufsicht hatte begonnen, die internen Prozesse des Unternehmens unter die Lupe zu nehmen. Google hatte schon vor dem Börsengang Aktien und Optionen in Mengen ausgegeben, ohne die Anteile zu registrieren und die Mitarbeiter und Aktionäre über seine finanziellen Ergebnisse zu unterrichten. Das Interesse an den Google-Papieren war so gering, daß die Preisspanne gesenkt werden mußte. Die Investmentbank Merrill Lynch stieg aus dem Beratergremium kommentarlos aus. Und dann veröffentlichte - inmitten der Schweigeperiode - noch der "Playboy" ein ausführliches Gespräch mit den Unternehmensgründern, was die Börsenaufsicht ein weiteres Mal auf den Plan rief. Nicht zuletzt mußte noch ein Patentstreit mit Yahoo beigelegt werden, was Google letztlich 2,7 Millionen seiner eigenen Aktien kostete.
Als am 19. August 2004 endlich der Handel mit Google-Aktien begann, war es beinahe eine Sensation, daß der Börsengang überhaupt geklappt hatte. Im nachhinein weiß man als Anleger, daß dies das Signal zum Einstieg hätte sein sollen. Mit Sicherheit wird aber kaum noch jemand wissen, wann er das Wort "Google" überhaupt zum ersten Mal gehört hat. Das Datum dürfte in der Regel höchstens sechs Jahre zurückliegen, bei den meisten Menschen wird die Zeitspanne kürzer sein. Aber irgendwann, beinahe unbemerkt, ist "googeln" zum Verb geworden, wurde das Wort zum Synonym für die Suche im Internet, die längst zur Alltagsbeschäftigung vieler Menschen geworden ist. Die Geschichte des Silicon-Valley-Unternehmens Google, "Die Google-Story", ist ein Teil unseres Lebens geworden. Der Washington-Post-Reporter und Pulitzerpreisträger David Vise hat sie gemeinsam mit seinem Kollegen Mark Malseed aufgeschrieben.
Die Gründer Sergey Brin und Larry Page, die Technik, die prominenten Finanziers, der Börsengang und die Kultur von Google werden von ihnen liebevoll, aber immer professionell-distanziert beschrieben. Natürlich beantwortet Vise, der hierfür zahlreiche Hintergrundgespräche in der Unternehmenszentrale, dem "Google-Plex", geführt hat, auch die Frage, wann Brin und Page das Wort Google zum ersten Mal gehört haben und wie der Name im Herbst 1997 entstanden ist. Eigentlich sollte es um das Wort Googol gehen, die Bezeichnung für die Zahl Zehn hoch einhundert. Dieses Wort war aber natürlich schon geschützt, man gab die Variation Google in die Suchmaschine ein, und nur diese falsch geschriebene Version stand noch zur Verfügung. Page meldete den Begriff noch am selben Abend zur Registrierung an und schrieb ihn an die Tafel: "Google.com". Man war zufrieden, er hatte einen wilden Internetklang wie Yahoo oder Amazon.
Wild ging es danach noch für eine Weile bei Google selbst zu - und irgendwann zwangen die Wagniskapitalgeber, die Brin und Page zwischenzeitlich mit dem nötigen Kapital versorgt hatten, die beiden Gründer zur Einstellung eines Vorstandsvorsitzenden, der etwas von Strategien, kaufmännischen Entscheidungen und Organisation verstand. Viele Kandidaten hatten die beiden schon abgelehnt, als sich endlich Eric Schmidt vorstellte, der damalige Chef des Softwarehauses Novell. Schmidt hatte eigentlich überhaupt keine Lust, bei Brin und Page vorzusprechen, aber er wollte John Doerr, einem der bekanntesten Risikokapitalgeber des Silicon Valley, einen Gefallen tun. Doerr hatte ihn zu diesem Termin gedrängt. Auch diese Begegnung schildert Vise im Buch so, als sei er selbst dabeigewesen: Schmidt hatte kaum Platz genommen, als Brin ihm schon die "Dummheit" seiner Strategie bei Google zum Vorwurf machte. Man stritt sich anderthalb Stunden. Als Schmidt hinausging, nahm er zwei Eindrücke mit: In seinen Augen war es die beste Diskussion seit langem, und ihm schien, daß er irgendeine Verknüpfung zu Google knüpfen würde.
So kam es. Um Google auf Trab zu halten, Engpässe zu vermeiden und flexibel reagieren zu können, teilten Page, Brin und Schmidt die Führungsarbeit in einer Weise auf, die weder aus ihren offiziellen Titeln noch aus der ungewöhnlichen Triumviratsstruktur an der Spitze hervorgehen sollte. Page und Brin tragen seither den Titel eins Ko-Präsidenten, Schmidt ist Vorstandsvorsitzender, aber in Wirklichkeit hat jeder einen bestimmten Funktionsbereich unter sich, während sie die Verantwortung für andere Bereiche gemeinsam tragen. Zum "Burning Man"-Fest, einer Feier zur Sommersonnenwende, einer Kultveranstaltung in der Wüste Nevadas, fahren Page und Brin aber noch allein. Auch für solche Kleinigkeiten findet Vise in seinem Buch Platz. Das ist gut - denn ohne sie würde man die wilde Google-Kultur nie verstehen.
CARSTEN KNOP.
David Vise/Mark Malseed: Die Google-Story. Murmann Verlag, Hamburg 2006, 304 Seiten, 19,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Chronik über Google und das Silicon Valley
Wer noch einmal nachlesen will, warum er eigentlich im Sommer vor zwei Jahren keine Google-Aktien gekauft hat, dem sei zur Rettung seines Seelenheils dieses Buch empfohlen. Denn der Anleger, der den seither verpaßten, sagenhaften Kursgewinnen nachtrauert, findet hier nochmals die Gründe, die damals dafür gesprochen haben, an dem ungewöhnlichen Auktionsverfahren, das die Emission begleitet hat, nicht teilzunehmen. Die Börsenaufsicht hatte begonnen, die internen Prozesse des Unternehmens unter die Lupe zu nehmen. Google hatte schon vor dem Börsengang Aktien und Optionen in Mengen ausgegeben, ohne die Anteile zu registrieren und die Mitarbeiter und Aktionäre über seine finanziellen Ergebnisse zu unterrichten. Das Interesse an den Google-Papieren war so gering, daß die Preisspanne gesenkt werden mußte. Die Investmentbank Merrill Lynch stieg aus dem Beratergremium kommentarlos aus. Und dann veröffentlichte - inmitten der Schweigeperiode - noch der "Playboy" ein ausführliches Gespräch mit den Unternehmensgründern, was die Börsenaufsicht ein weiteres Mal auf den Plan rief. Nicht zuletzt mußte noch ein Patentstreit mit Yahoo beigelegt werden, was Google letztlich 2,7 Millionen seiner eigenen Aktien kostete.
Als am 19. August 2004 endlich der Handel mit Google-Aktien begann, war es beinahe eine Sensation, daß der Börsengang überhaupt geklappt hatte. Im nachhinein weiß man als Anleger, daß dies das Signal zum Einstieg hätte sein sollen. Mit Sicherheit wird aber kaum noch jemand wissen, wann er das Wort "Google" überhaupt zum ersten Mal gehört hat. Das Datum dürfte in der Regel höchstens sechs Jahre zurückliegen, bei den meisten Menschen wird die Zeitspanne kürzer sein. Aber irgendwann, beinahe unbemerkt, ist "googeln" zum Verb geworden, wurde das Wort zum Synonym für die Suche im Internet, die längst zur Alltagsbeschäftigung vieler Menschen geworden ist. Die Geschichte des Silicon-Valley-Unternehmens Google, "Die Google-Story", ist ein Teil unseres Lebens geworden. Der Washington-Post-Reporter und Pulitzerpreisträger David Vise hat sie gemeinsam mit seinem Kollegen Mark Malseed aufgeschrieben.
Die Gründer Sergey Brin und Larry Page, die Technik, die prominenten Finanziers, der Börsengang und die Kultur von Google werden von ihnen liebevoll, aber immer professionell-distanziert beschrieben. Natürlich beantwortet Vise, der hierfür zahlreiche Hintergrundgespräche in der Unternehmenszentrale, dem "Google-Plex", geführt hat, auch die Frage, wann Brin und Page das Wort Google zum ersten Mal gehört haben und wie der Name im Herbst 1997 entstanden ist. Eigentlich sollte es um das Wort Googol gehen, die Bezeichnung für die Zahl Zehn hoch einhundert. Dieses Wort war aber natürlich schon geschützt, man gab die Variation Google in die Suchmaschine ein, und nur diese falsch geschriebene Version stand noch zur Verfügung. Page meldete den Begriff noch am selben Abend zur Registrierung an und schrieb ihn an die Tafel: "Google.com". Man war zufrieden, er hatte einen wilden Internetklang wie Yahoo oder Amazon.
Wild ging es danach noch für eine Weile bei Google selbst zu - und irgendwann zwangen die Wagniskapitalgeber, die Brin und Page zwischenzeitlich mit dem nötigen Kapital versorgt hatten, die beiden Gründer zur Einstellung eines Vorstandsvorsitzenden, der etwas von Strategien, kaufmännischen Entscheidungen und Organisation verstand. Viele Kandidaten hatten die beiden schon abgelehnt, als sich endlich Eric Schmidt vorstellte, der damalige Chef des Softwarehauses Novell. Schmidt hatte eigentlich überhaupt keine Lust, bei Brin und Page vorzusprechen, aber er wollte John Doerr, einem der bekanntesten Risikokapitalgeber des Silicon Valley, einen Gefallen tun. Doerr hatte ihn zu diesem Termin gedrängt. Auch diese Begegnung schildert Vise im Buch so, als sei er selbst dabeigewesen: Schmidt hatte kaum Platz genommen, als Brin ihm schon die "Dummheit" seiner Strategie bei Google zum Vorwurf machte. Man stritt sich anderthalb Stunden. Als Schmidt hinausging, nahm er zwei Eindrücke mit: In seinen Augen war es die beste Diskussion seit langem, und ihm schien, daß er irgendeine Verknüpfung zu Google knüpfen würde.
So kam es. Um Google auf Trab zu halten, Engpässe zu vermeiden und flexibel reagieren zu können, teilten Page, Brin und Schmidt die Führungsarbeit in einer Weise auf, die weder aus ihren offiziellen Titeln noch aus der ungewöhnlichen Triumviratsstruktur an der Spitze hervorgehen sollte. Page und Brin tragen seither den Titel eins Ko-Präsidenten, Schmidt ist Vorstandsvorsitzender, aber in Wirklichkeit hat jeder einen bestimmten Funktionsbereich unter sich, während sie die Verantwortung für andere Bereiche gemeinsam tragen. Zum "Burning Man"-Fest, einer Feier zur Sommersonnenwende, einer Kultveranstaltung in der Wüste Nevadas, fahren Page und Brin aber noch allein. Auch für solche Kleinigkeiten findet Vise in seinem Buch Platz. Das ist gut - denn ohne sie würde man die wilde Google-Kultur nie verstehen.
CARSTEN KNOP.
David Vise/Mark Malseed: Die Google-Story. Murmann Verlag, Hamburg 2006, 304 Seiten, 19,90 Euro.
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