Paul W. Thurner untersucht, wie es zu konstitutionellen Entscheidungen, d.h. Entscheidungen über das zukünftige Design einer Organisation und zur Verteilung der jeweiligen Kompetenzen auf deren Teilnehmer kommt. Theoretischer Ausgangspunkt seiner Untersuchung ist die neue Institutionenökonomie und die Organisationssoziologie. Als Anwendungsbeispiel dient ein Bereich internationaler Verhandlungen und deren Vorbereitungen, konkret: die Regierungskonferenz 1996. Diese mündete bekanntlich in den Vertrag von Amsterdam. Der Autor analysiert die Auswirkungen der regierungsinternen formalen und informellen Organisationsstrukturen im Hinblick auf Qualität, Quantität und die Dynamik von signalisierten Verhandlungspositionen sowie die letztendliche Verhandlungsperformanz bzw. Durchsetzungskraft der Mitgliedstaaten der damaligen EU-15. Zur Rekonstruktion der informellen Regierungsorganisationen ermittelt er informelle Kommunikations- und Koordinationskanäle der Ministerialbürokratie. Hierbeiwerden auch sogenannte transgouvernementale, also die Organisationsgrenzen durchstoßende Netzwerke berücksichtigt. Unter Verwendung der Terminologie und der Techniken der quantitativen Netzwerkanalyse werden die in der Literatur häufig nur begrifflich diskutierten entscheidungsrelevanten Merkmale von Organisationen operationalisiert und deren relative Auswirkungen mittels diverser statistischer Verfahren quantitativ bestimmt. Erstmals gelingt es damit, Graham Allisons Modell III der Außenpolitikformulierung in einem empirisch-operationalem Modell anzuwenden,