Nach mehrjähriger Tätigkeit in der niedersächsischen Ministerialverwaltung und einem Aufenthalt bei Talcott Parsons in Harvard wechselte der studierte Jurist Niklas Luhmann Anfang der 1960er Jahre an die Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Dort entstand der Entwurf einer allgemeinen Theorie der Verwaltung, welche die Verwaltungswissenschaft auf ein neues Fundament stellen sollte. Er wird nun unter dem Titel Die Grenzen der Verwaltung erstmals publiziert.
In souveräner Argumentation bestimmt Luhmann darin zunächst, was er als die Aufgabe einer Verwaltungsorganisation sieht: das Erzeugen verbindlicher Entscheidungen, um sich dann der wesentlichen Herausforderung zuzuwenden, der sich ein solches soziales System gegenübersieht: dem Management seiner eigenen Grenzen. Mit wenigen systemtheoretischen Begriffen und angereichert durch die eigene praktische Erfahrung, zeigt er, wie Verwaltungen die unterschiedlichen Erwartungen ihrer Umwelten so ausbalancieren, dass ihre Grenzen stabil und ihre Strukturen funktionsfähig bleiben. Auch knapp 60 Jahre nach der Niederschrift erweist sich dies als ein höchst origineller Zugriff auf die Verwaltung - das Rückgrat der modernen Gesellschaft.
In souveräner Argumentation bestimmt Luhmann darin zunächst, was er als die Aufgabe einer Verwaltungsorganisation sieht: das Erzeugen verbindlicher Entscheidungen, um sich dann der wesentlichen Herausforderung zuzuwenden, der sich ein solches soziales System gegenübersieht: dem Management seiner eigenen Grenzen. Mit wenigen systemtheoretischen Begriffen und angereichert durch die eigene praktische Erfahrung, zeigt er, wie Verwaltungen die unterschiedlichen Erwartungen ihrer Umwelten so ausbalancieren, dass ihre Grenzen stabil und ihre Strukturen funktionsfähig bleiben. Auch knapp 60 Jahre nach der Niederschrift erweist sich dies als ein höchst origineller Zugriff auf die Verwaltung - das Rückgrat der modernen Gesellschaft.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Wolfgang Seibel erfährt Wissenswertes über den Konnex von Systemstabilität und "multirationalen" Kompromissen in der Verwaltung in diesem aus dem Nachlass publizierten Fragment von Niklas Luhmann. Luhmanns Abstraktionen lassen für Seibel die (deutsche) Verwaltungsrealität durchaus scharf durchscheinen. Dem Leser legt Seibel ans Herz, zuerst das Nachwort der Herausgeber zu lesen, um etwa die Überschneidungen des Textes mit Luhmanns "Funktionen und Folgen formaler Organisation" von 1964 oder auch seine Bezüge zu biologischen Systemen oder der Theorie sozialer Organisation bei Talcott Parson besser zu erkennen. Über die Natur "semipermeabler Grenzen zwischen Innen und Außen" in der öffentlichen Verwaltung lässt sich in dieser systemtheoretischen Behandlung des Themas einiges lernen, meint Seibel, auch wenn Luhmanns Zugriff eher konventionell ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.01.2022Elastische Gleichgewichte
Eine Nachlass-Edition präsentiert Niklas Luhmanns frühen Anlauf zu einer Theorie der Verwaltung
Manche Bücher sagen mehr aus über ihren Autor als über ihren eigentlichen Gegenstand. Der nun aus dem Nachlass veröffentlichte Band von Niklas Luhmann ist so ein Fall. Grundlage ist ein 1963/1964 entstandenes Typoskript des 1998 verstorbenen Bielefelder Soziologen. Zur Nachbearbeitung der Herausgeber gehört die Rekonstruktion eines - allerdings nur online zugänglichen - Literaturverzeichnisses und des umfangreichen Anmerkungsapparats. Nahezu dreißig Seiten umfasst das gedankenreiche Nachwort, dessen Vorablektüre zu empfehlen ist.
Beim vorliegenden Text handelt es sich um ein Fragment, das lediglich zwei von ursprünglich geplanten acht Teilen umfasst. Das dürfte den Verzicht auf eine Veröffentlichung erklären, zumal Luhmann zur selben Zeit das erste seiner frühen Hauptwerke vorlegte, "Funktionen und Folgen formaler Organisation" (1964), das deutliche Überlappungen mit dem fragmentarischen Manuskript zu den "Grenzen der Verwaltung" aufweist. Die Titelwahl selbst geht allerdings auf die Herausgeber zurück, im Original des Manuskripts, dessen vollständiges Inhaltsverzeichnis erhalten ist, lautete er unbescheiden "Allgemeine Theorie der Verwaltung". Es blieb beim Plan zu diesem Buch, Luhmanns zwei Jahre später erschienene schmale Schrift "Theorie der Verwaltungswissenschaft - Bestandsaufnahme und Entwurf" war nur noch ein schwacher Reflex des Projekts einer "Allgemeinen Theorie". Hauptgrund war, dass der Verwaltungsjurist Niklas Luhmann inzwischen noch viel anspruchsvollere Pläne hatte. Bei der "Allgemeinen Theorie" sollte es nun nicht mehr bloß um Verwaltung gehen, sondern gleich um die Gesellschaft als Ganzes.
Diese Entwicklung hatte biographische und zeitgebundene fachliche Wurzeln. Luhmann war als Oberregierungsrat im niedersächsischen Kultusministerium 1960 für ein Fulbright-Stipendium an der Harvard University beurlaubt und 1962 als Referent an das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung an der Hochschule Speyer abgeordnet worden. Was denn nun eigentlich die theoretische und methodische Basis einer fächerübergreifenden Verwaltungswissenschaft sein solle, war und blieb eine Standardfrage unter den Experten, und Luhmann brachte aus Harvard und von dem dort tonangebenden Soziologen Talcott Parsons die Antwort mit: Systemtheorie. Genau dies bildet den Duktus des nun veröffentlichten Textfragments von knapp zweihundert Seiten, ergänzt durch die Verarbeitung der damals jungen und innovativen Beiträge zur Organisationstheorie als Entscheidungstheorie durch den späteren Nobelpreisträger Herbert A. Simon und seine Partner Richard M. Cyert und James G. March.
Aus diesem übersichtlichen theoretischen Besteckkasten bediente sich Luhmann zum eigenen Vorteil und dem der nichtjuristischen Verwaltungswissenschaft. Der Titel "Die Grenzen der Verwaltung" ist gut gewählt. In den zwei fertiggestellten Teilen seines Textes charakterisierte Luhmann die Systemeigenschaft der öffentlichen Verwaltung durch deren Fähigkeit zur Bildung semipermeabler Grenzen zwischen Innen und Außen. Das waren Anleihen bei der "General Systems Theory" des Biologen Ludwig von Bertalanffy und dem mehrdimensionalen Schema von Strukturierungs- und Anpassungsleistungen sozialer Systeme, das Talcott Parsons seit den späten Dreißigerjahren entwickelt hatte.
Der später bei Luhmann - erstmals und noch indirekt in "Zweckbegriff und Systemrationalität" (1968) - prominente Begriff der Selbstreferenz (Autopoiesis) klingt hier an: Die Eigenstabilität sozialer Systeme ist nicht trivial, sondern zum einen Ergebnis des zweckfreien Mit-sich-selbst-Beschäftigens und zum anderen notwendige und oftmals prekäre Bedingung weiterer Systemleistungen und damit auch jeder zweckrationalen Effektivität. Diese Stabilität beruhe, so Luhmann, im Binnenverhältnis auf der kommunikativen Generalisierung von Erwartungshaltungen - ein Konsens darüber, was machbar, üblich, legitim ist - und auf flexiblen Antworten auf unterschiedliche und nicht selten miteinander konkurrierende Leistungsanforderungen der "Umwelt". Zu dieser zählt Luhmann das Publikum der Verwaltung - also Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auch die öffentliche Meinung -, politische Entscheidungsträger und, erstaunlicherweise, das verwaltungseigene Personal. Aber der Aufbau eines guten Betriebsklimas gehört eben genauso zu den Voraussetzungen effektiven Verwaltens wie das Vertrauen des Publikums in ordnungsgemäße Abläufe und die Stützung durch das politische Umfeld. Hier elastische Gleichgewichte herzustellen und gegebenenfalls nur bedingt legitime Kompromisse hinzunehmen sei "der eigentliche Kern des Organisationserfolgs".
Anders als die von ihm so umfangreich aufgearbeitete amerikanische Verwaltungswissenschaft spricht Luhmann allerdings nicht die Frage an, welche personellen Träger diesen Erfolg zustande bringen sollten. Der von ihm mehrfach zitierte Philip Selznick hatte immerhin schon 1957 den einschlägigen Klassiker "Leadership in Administration" vorgelegt. Doch beim Thema Leadership hätte der ambitionierte Nachwuchswissenschaftler vermintes Gelände betreten müssen. Zu Luhmanns Speyerer Mentoren zählten neben dem aus der Emigration zurückgekehrten Fritz Morstein-Marx, der das Vorwort zu "Funktionen und Folgen formaler Organisation" beisteuerte, auch vormals NS-affine Professoren - außer Arnold Gehlen namentlich sein Betreuer am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung, der Koellreutter-Schüler Carl Hermann Ule, der sich 1940 mit einer Arbeit über "Herrschaft und Führung im nationalsozialistischen Reich" habilitiert hatte.
Luhmanns systemtheoretischer Zugriff auf die "Grenzen der Verwaltung" blieb insofern konventionell. Handelnde Individuen reduzierte er im Sinne des klassischen Strukturfunktionalismus zu Rollenträgern. Die von Morstein-Marx aus naheliegenden Gründen betonten Anforderungen an die Ethik und das Verantwortungsbewusstsein der Entscheidungsträger in der Verwaltung haben ihn, der im Hannoveraner Kultusministerium Wiedergutmachungsanträge von unter der NS-Diktatur entlassenen Lehrern zu bearbeiten hatte, in theoretischer Hinsicht nicht interessiert.
Es bleibt das theoriegeschichtliche Kuriosum, dass ein seinerzeit innovativer Beitrag zur Theorie der Verwaltung von einem Autor geleistet wurde, dem der Gegenstand selbst nur als Vehikel zur Weiterentwicklung einer soziologischen Generaltheorie diente, die ohne diesen Ehrgeiz ihre Blütezeit bereits Mitte der Sechzigerjahre hinter sich gehabt hätte. Von den Ambitionen einer "General Systems Theory" blieb nichts übrig, die Systemtheorie Luhmann'scher Prägung blieb eine deutsche Angelegenheit von begrenzter internationaler Ausstrahlung. Über den Zusammenhang von Systemstabilität und multirationalen Kompromissbildungen im Staatsapparat erfährt man in "Die Grenzen der Verwaltung" gleichwohl viel Hilfreiches, weil das Werk den Blick auf die konkrete Wirklichkeit der Verwaltung gerade durch konsequente Abstraktion schärft. WOLFGANG SEIBEL
Niklas Luhmann: "Die Grenzen der Verwaltung".
Hrsg. von J. Schmidt und Ch. Gesigora, Nachwort v. A. Kieserling und J. Schmidt. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. 254 S., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Nachlass-Edition präsentiert Niklas Luhmanns frühen Anlauf zu einer Theorie der Verwaltung
Manche Bücher sagen mehr aus über ihren Autor als über ihren eigentlichen Gegenstand. Der nun aus dem Nachlass veröffentlichte Band von Niklas Luhmann ist so ein Fall. Grundlage ist ein 1963/1964 entstandenes Typoskript des 1998 verstorbenen Bielefelder Soziologen. Zur Nachbearbeitung der Herausgeber gehört die Rekonstruktion eines - allerdings nur online zugänglichen - Literaturverzeichnisses und des umfangreichen Anmerkungsapparats. Nahezu dreißig Seiten umfasst das gedankenreiche Nachwort, dessen Vorablektüre zu empfehlen ist.
Beim vorliegenden Text handelt es sich um ein Fragment, das lediglich zwei von ursprünglich geplanten acht Teilen umfasst. Das dürfte den Verzicht auf eine Veröffentlichung erklären, zumal Luhmann zur selben Zeit das erste seiner frühen Hauptwerke vorlegte, "Funktionen und Folgen formaler Organisation" (1964), das deutliche Überlappungen mit dem fragmentarischen Manuskript zu den "Grenzen der Verwaltung" aufweist. Die Titelwahl selbst geht allerdings auf die Herausgeber zurück, im Original des Manuskripts, dessen vollständiges Inhaltsverzeichnis erhalten ist, lautete er unbescheiden "Allgemeine Theorie der Verwaltung". Es blieb beim Plan zu diesem Buch, Luhmanns zwei Jahre später erschienene schmale Schrift "Theorie der Verwaltungswissenschaft - Bestandsaufnahme und Entwurf" war nur noch ein schwacher Reflex des Projekts einer "Allgemeinen Theorie". Hauptgrund war, dass der Verwaltungsjurist Niklas Luhmann inzwischen noch viel anspruchsvollere Pläne hatte. Bei der "Allgemeinen Theorie" sollte es nun nicht mehr bloß um Verwaltung gehen, sondern gleich um die Gesellschaft als Ganzes.
Diese Entwicklung hatte biographische und zeitgebundene fachliche Wurzeln. Luhmann war als Oberregierungsrat im niedersächsischen Kultusministerium 1960 für ein Fulbright-Stipendium an der Harvard University beurlaubt und 1962 als Referent an das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung an der Hochschule Speyer abgeordnet worden. Was denn nun eigentlich die theoretische und methodische Basis einer fächerübergreifenden Verwaltungswissenschaft sein solle, war und blieb eine Standardfrage unter den Experten, und Luhmann brachte aus Harvard und von dem dort tonangebenden Soziologen Talcott Parsons die Antwort mit: Systemtheorie. Genau dies bildet den Duktus des nun veröffentlichten Textfragments von knapp zweihundert Seiten, ergänzt durch die Verarbeitung der damals jungen und innovativen Beiträge zur Organisationstheorie als Entscheidungstheorie durch den späteren Nobelpreisträger Herbert A. Simon und seine Partner Richard M. Cyert und James G. March.
Aus diesem übersichtlichen theoretischen Besteckkasten bediente sich Luhmann zum eigenen Vorteil und dem der nichtjuristischen Verwaltungswissenschaft. Der Titel "Die Grenzen der Verwaltung" ist gut gewählt. In den zwei fertiggestellten Teilen seines Textes charakterisierte Luhmann die Systemeigenschaft der öffentlichen Verwaltung durch deren Fähigkeit zur Bildung semipermeabler Grenzen zwischen Innen und Außen. Das waren Anleihen bei der "General Systems Theory" des Biologen Ludwig von Bertalanffy und dem mehrdimensionalen Schema von Strukturierungs- und Anpassungsleistungen sozialer Systeme, das Talcott Parsons seit den späten Dreißigerjahren entwickelt hatte.
Der später bei Luhmann - erstmals und noch indirekt in "Zweckbegriff und Systemrationalität" (1968) - prominente Begriff der Selbstreferenz (Autopoiesis) klingt hier an: Die Eigenstabilität sozialer Systeme ist nicht trivial, sondern zum einen Ergebnis des zweckfreien Mit-sich-selbst-Beschäftigens und zum anderen notwendige und oftmals prekäre Bedingung weiterer Systemleistungen und damit auch jeder zweckrationalen Effektivität. Diese Stabilität beruhe, so Luhmann, im Binnenverhältnis auf der kommunikativen Generalisierung von Erwartungshaltungen - ein Konsens darüber, was machbar, üblich, legitim ist - und auf flexiblen Antworten auf unterschiedliche und nicht selten miteinander konkurrierende Leistungsanforderungen der "Umwelt". Zu dieser zählt Luhmann das Publikum der Verwaltung - also Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auch die öffentliche Meinung -, politische Entscheidungsträger und, erstaunlicherweise, das verwaltungseigene Personal. Aber der Aufbau eines guten Betriebsklimas gehört eben genauso zu den Voraussetzungen effektiven Verwaltens wie das Vertrauen des Publikums in ordnungsgemäße Abläufe und die Stützung durch das politische Umfeld. Hier elastische Gleichgewichte herzustellen und gegebenenfalls nur bedingt legitime Kompromisse hinzunehmen sei "der eigentliche Kern des Organisationserfolgs".
Anders als die von ihm so umfangreich aufgearbeitete amerikanische Verwaltungswissenschaft spricht Luhmann allerdings nicht die Frage an, welche personellen Träger diesen Erfolg zustande bringen sollten. Der von ihm mehrfach zitierte Philip Selznick hatte immerhin schon 1957 den einschlägigen Klassiker "Leadership in Administration" vorgelegt. Doch beim Thema Leadership hätte der ambitionierte Nachwuchswissenschaftler vermintes Gelände betreten müssen. Zu Luhmanns Speyerer Mentoren zählten neben dem aus der Emigration zurückgekehrten Fritz Morstein-Marx, der das Vorwort zu "Funktionen und Folgen formaler Organisation" beisteuerte, auch vormals NS-affine Professoren - außer Arnold Gehlen namentlich sein Betreuer am Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung, der Koellreutter-Schüler Carl Hermann Ule, der sich 1940 mit einer Arbeit über "Herrschaft und Führung im nationalsozialistischen Reich" habilitiert hatte.
Luhmanns systemtheoretischer Zugriff auf die "Grenzen der Verwaltung" blieb insofern konventionell. Handelnde Individuen reduzierte er im Sinne des klassischen Strukturfunktionalismus zu Rollenträgern. Die von Morstein-Marx aus naheliegenden Gründen betonten Anforderungen an die Ethik und das Verantwortungsbewusstsein der Entscheidungsträger in der Verwaltung haben ihn, der im Hannoveraner Kultusministerium Wiedergutmachungsanträge von unter der NS-Diktatur entlassenen Lehrern zu bearbeiten hatte, in theoretischer Hinsicht nicht interessiert.
Es bleibt das theoriegeschichtliche Kuriosum, dass ein seinerzeit innovativer Beitrag zur Theorie der Verwaltung von einem Autor geleistet wurde, dem der Gegenstand selbst nur als Vehikel zur Weiterentwicklung einer soziologischen Generaltheorie diente, die ohne diesen Ehrgeiz ihre Blütezeit bereits Mitte der Sechzigerjahre hinter sich gehabt hätte. Von den Ambitionen einer "General Systems Theory" blieb nichts übrig, die Systemtheorie Luhmann'scher Prägung blieb eine deutsche Angelegenheit von begrenzter internationaler Ausstrahlung. Über den Zusammenhang von Systemstabilität und multirationalen Kompromissbildungen im Staatsapparat erfährt man in "Die Grenzen der Verwaltung" gleichwohl viel Hilfreiches, weil das Werk den Blick auf die konkrete Wirklichkeit der Verwaltung gerade durch konsequente Abstraktion schärft. WOLFGANG SEIBEL
Niklas Luhmann: "Die Grenzen der Verwaltung".
Hrsg. von J. Schmidt und Ch. Gesigora, Nachwort v. A. Kieserling und J. Schmidt. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021. 254 S., geb., 28,- Euro.
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»Aus der Beschäftigung mit der Verwaltung ging nicht nur seine fabelhafte Organisationssoziologie ... hervor, sondern überhaupt die Entwicklung von Zentralbegriffen seiner Gesellschaftstheorie: System, Erwartungen, Struktur.« Jürgen Kaube Frankfurter Allgemeine Zeitung 20211107