Die bösen Geister der Großen Depression der dreißiger Jahre sind wieder erwacht. Kann sich im kommenden Jahrhundert eine Weltwirtschaftskrise mit vergleichbar katastrophalen Folgen wie jene im Anschluss an den Crash an der New Yorker Aktienbörse vom 25. Oktober 1929 wiederholen? Paul Krugman führt uns die Ereignisse vor Augen, die zu den heutigen Wirtschaftskrisen rund um den Erdball geführt haben. Wie kam es zu dem Ausbruch der Deflation in Japan, dem einstigen Wirtschaftswunderland? Wie kam es zu den Dominoeffekten des Währungsverfalls in Thailand, Hongkong und Malaysia, wie zu den Demonstrationen freigesetzter Fabrikarbeiter in Südkorea? Was ist in Russland passiert, warum griffen die Finanzturbulenzen in Europa vom Herbst 1998 auf das so weit entfernte Brasilien über? Gerät auch der gerade erwachte Riese China ins Wanken? Paul Krugman wirft Zweifel an dem Glauben auf, Politiker und ihre Wirtschaftsberater seien heute in ihrer selbstgefälligen Zufriedenheit immun dagegen, das Falsche zu tun. Es scheint, als hätten sie keine Lehren aus der Geschichte gezogen. Er fordert kurzfristig wirksame Eingriffe in die Wirtschaft. Freier Welthandel und unser aller Wohlstand lassen sich sichern, ein Übergreifen der asiatischen Krankheit auf Europa und die USA ist vermeidbar. Doch das erfordert, über die berechtigten Bemühungen um eine wettbewerbliche Ordnung der Märkte hinauszugehen. In der heutigen extrem labilen Situation helfen nur politische Maßnahmen, die mit liebgewordenen Dogmen radikal brechen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.1999Paul Krugman: Die große Rezession. Was zu tun ist, damit die Weltwirtschaft nicht kippt. Mit einem Nachwort von Irwin L. Collier. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1999. 237 Seiten, 49,80 DM.
Alles habe sie falsch gemacht, die neue Bundesregierung, sagt der amerikanische Ökonom Paul Krugman. Jedenfalls dann, wenn man das Kabinett Gerhard Schröders am Ziel des Abbaus der Arbeitslosigkeit misst. Deutschland brauche mehr Inflation, und die Zinsen müssten gesenkt werden, damit die Menschen wieder mehr Geld ausgäben, meint Krugman. Ein Fehler sei es deshalb gewesen, Oskar Lafontaine nach Saarbrücken ziehen zu lassen und stattdessen mit Hans Eichel eine Sparpolitik einzuschlagen, die zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen werde. Falsch sei aber auch gewesen, die zaghafte Reform der Arbeitsmärkte der alten Regierung (zum Beispiel beim Kündigungsschutz) wieder zurückzunehmen. Noch mehr Inflation als Deutschland brauche Japan, schreibt Krugman, sofern nicht auf Dauer die Weltwirtschaft aus den Fugen geraten solle. Krugman ist ein gut schreibender Provokateur. Auch wer widerspricht, liest ihn mit Gewinn.
(ank.)
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Alles habe sie falsch gemacht, die neue Bundesregierung, sagt der amerikanische Ökonom Paul Krugman. Jedenfalls dann, wenn man das Kabinett Gerhard Schröders am Ziel des Abbaus der Arbeitslosigkeit misst. Deutschland brauche mehr Inflation, und die Zinsen müssten gesenkt werden, damit die Menschen wieder mehr Geld ausgäben, meint Krugman. Ein Fehler sei es deshalb gewesen, Oskar Lafontaine nach Saarbrücken ziehen zu lassen und stattdessen mit Hans Eichel eine Sparpolitik einzuschlagen, die zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit führen werde. Falsch sei aber auch gewesen, die zaghafte Reform der Arbeitsmärkte der alten Regierung (zum Beispiel beim Kündigungsschutz) wieder zurückzunehmen. Noch mehr Inflation als Deutschland brauche Japan, schreibt Krugman, sofern nicht auf Dauer die Weltwirtschaft aus den Fugen geraten solle. Krugman ist ein gut schreibender Provokateur. Auch wer widerspricht, liest ihn mit Gewinn.
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