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George Stroud ist ein Borderline-Alkoholiker, Serien-Ehebrecher, leidenschaftlicher Kunstsammler und Chefredakteur des True-Crime-Magazins "Crimeways". Seine neueste Affäre ist ausgerechnet die bisexuelle Pauline, die auch noch die Geliebte seines Arbeitgebers ist, des mächtigen Verlagsunternehmers Earl Janoth. Eines Abends tötet Earl Janoth seine Geliebte im Affekt - und wird beim Verlassen der Wohnung von Stroud beobachtet; Janoth bemerkt den Zeugen, erkennt ihn aber nicht. Es beginnt eine Vertuschung - und eine dramatische Suche nach dem mysteriösen Zeugen, den man als "Mörder" zu…mehr

Produktbeschreibung
George Stroud ist ein Borderline-Alkoholiker, Serien-Ehebrecher, leidenschaftlicher Kunstsammler und Chefredakteur des True-Crime-Magazins "Crimeways". Seine neueste Affäre ist ausgerechnet die bisexuelle Pauline, die auch noch die Geliebte seines Arbeitgebers ist, des mächtigen Verlagsunternehmers Earl Janoth. Eines Abends tötet Earl Janoth seine Geliebte im Affekt - und wird beim Verlassen der Wohnung von Stroud beobachtet; Janoth bemerkt den Zeugen, erkennt ihn aber nicht. Es beginnt eine Vertuschung - und eine dramatische Suche nach dem mysteriösen Zeugen, den man als "Mörder" zu beseitigen plant. Mit der Jagd betraut Janoth die recherchegewohnten Journalisten des Hauses - unter der Leitung von George Stroud, der damit auf sich selbst angesetzt wird. Allen Bemühungen zum Trotz zieht sich die Schlinge um seinen Hals allmählich immer enger zusammen ...
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2023

Im Gehäuse der Hörigkeit
Krimis in Kürze: Siebold, Freytag, Fearing

Erst wenn auch der letzte deutsche Landkreis, die unscheinbarste Kleinstadt einen regionalen Kommissar oder schrulligen Ermittler bekommen haben, so ließe sich die alte indigene Weisheit abwandeln, wird man merken, dass daraus nicht automatisch gute Kriminalromane entstehen. Insofern ist es eine erfreuliche Abwechslung, wenn Autorinnen und Autoren sich in ihren Geschichten um mehr Weltläufigkeit, mehr Action und großkalibrige Verbrechen bemühen - aber auch keine Garantie für bessere Romane.

Henrik Siebold, bekannt durch seine Bücher um den in Hamburg ermittelnden Inspektor Takeda, steigt in "Schattenkrieger" (Aufbau, 382 S., br., 12,99 Euro) groß ein: ein Afghanistan-Veteran, der auf St. Pauli die besten Currywürste der Stadt macht und einer Spezialeinheit der CIA als gelegentlicher Auftragskiller dient, deutsche und türkische Geheimdienstler, die eigene Wege gehen, eine riesige Summe Geld aus Beständen des IS, blutige, ultrabrutale Schlägereien, rasante Verfolgungsjagden wie in Hollywoodfilmen. Das liest sich nicht schlecht, auch die längeren japanischen Rückblenden, in denen man unter anderem erfährt, wie der Veteran bei einem Zen-Meister zum Schattenkrieger wurde, nimmt man mit - aber Siebold übertreibt es dann doch mit dem Archetypen vom einsamen Wolf und der leicht abgestandenen Kiez-Romantik. So recht kann er sich auch nicht entscheiden, ob sein Held nun Rambo oder Zen-Jünger sein soll.

Auch bei Anne Freytag wird nicht klein und provinziell gedacht. Freytag, die als sogenannte All-Age-Autorin gilt, also Bücher schreibt, die sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene wenden, schildert in "Mind Gap" (dtv, 384 S., br., 14,99 Euro) eine Welt der nahen Zukunft, in der Menschen durch winzige Neurochips in ihren Körpern überwacht werden, mit denen sich auch ihr Verhalten steuern lässt. Noch befindet sich die Technologie im Teststadium, bevorzugte Probanden sind ehemalige Soldaten, bei denen nicht nur traumatische Erinnerungen gelöscht, sondern auch Querschnittslähmungen geheilt werden.

Dass die Missbrauchswilligen schon warten, versteht sich. Skrupellose Politiker, die in den inzwischen entstandenen Vereinigten Staaten von Europa Karriere machen wollen, Wissenschaftler ohne ethischen Kompass - die üblichen Verdächtigen halt, die in solchen Szenarien immer auftauchen. Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln mit Cliffhangern, die das Tempo hoch halten, und wechselt häufig die Perspektiven. Warum eine Journalistin da als Icherzählerin amtieren muss, erschließt sich nicht. Es läuft einfach zu viel an ihr vorbei. So interessant die dystopische Skizze eines Chips ist, der bewirkt, was man früher gerne mit dem euphemistischen Begriff "Gehirnwäsche" umschrieb - so wenig originell und subtil fällt Freytags Variation eines alten Motivs aus. Nur der Schluss des Buches, der ist wirklich stark.

Kaum zu glauben, dass dieser Roman noch nie ins Deutsche übersetzt wurde. "Die große Uhr" (Elsinor, 200 S., br., 20,- Euro) von Kenneth Fearing erschien 1946 und ist im angelsächsischen Raum längst ein Noir-Klassiker. Hier ist er allenfalls durch seine insgesamt drei Verfilmungen bekannt. Fearing erzählt formal innovativ. Sieben verschiedene Icherzähler treiben die Handlung voran. Der wichtigste ist George Stroud, der ein True-Crime-Magazin leitet. Nach einem One-Night-Stand mit der Geliebten seines Chefs bringt er sie nach Hause. Er sieht seinen Chef noch ins Haus gehen; dieser weiß nur, dass da ein Zeuge war. Am nächsten Tag wird die Frau tot aufgefunden.

Nun sollen die Journalisten diesen Zeugen finden. George muss also gegen sich selbst ermitteln - und dabei zugleich die Ermittlungen unterlaufen. Die wechselnden Perspektiven schüren effektvoll die Spannung, die Schlinge zieht sich immer enger um den Hals des unschuldigen, aber nicht allzu sympathischen George. Fearing, der als proletarischer Poet begann, richtet in seinem Roman auch einen kritischen Blick auf den amerikanischen Konsumismus und die Medienwelt jener Jahre. Die große Uhr dient als Metapher des kapitalistischen Getriebes. Das "stählerne Gehäuse der Hörigkeit", wie Max Weber es nannte, lässt die Individuen nicht mehr entkommen. PETER KÖRTE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Fritz Göttler ist gepackt vom Kriminalroman des amerikanischen Autors Kenneth Fearing aus dem Jahre 1946, der nun erstmals auf Deutsch erscheint. Fearing erzählt darin von George Strout, dem Chefredakteur eines True-Crime-Magazins, Alkoholiker und Frauenheld, dem genau der Mord angehängt wird, den er für sein Magazin aufklären soll. Er muss also gegen sich selbst ermitteln, so der Kritiker. Fearing vermischt die amerikanischen Genres der "sophisticated comedy" und des "Noir" bravourös, findet Göttler, und erschafft mit seinem Protagonisten einen typischen Vertreter des amerikanischen Mittelstands der Nachkriegszeit. Gerne gelesen hat der Rezensent auch Martin Comparts "lebendiges Porträt" des Autors im Nachwort.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.04.2023

Comedy noir
Kenneth Fearings Krimiklassiker
„Die große Uhr“ von 1946
Für Nächte wie diese nimmt George in New York das Lexington Plaza, hier kriegt er kurzfristig immer ein Zimmer, und als er und die junge Frau das Zimmer betreten, drei Uhr nachts, steht dort schon die kleine Reisetasche bereit, darin eine halbe Flasche Scotch, ein Morgenmantel, ein Paar Pantoffeln, eine ältere Nummer von Crimeways, drei Bände mit Erzählungen und Lyrik, Taschentücher, Pyjama, Aspirin.
Die Frau dieser Nacht ist Pauline, und es ist schon viel Alkohol geflossen. George ist verheiratet, eine Tochter, und er weiß, was für ein Risiko eine solche Nacht bedeutet, er kennt den Preis. „Mit einem Mal setzten sich allerlei Dinge in Bewegung und wirbelten an andere Orte, aber so, als seien sie dort schon immer gewesen.“
„The Big Clock“ von Kenneth Fearing erschien 1946, es war sein größter Erfolg als Autor, der Roman ist seit seinem Erscheinen präsent im angelsächsischen Raum, auf Deutsch ist er dieses Jahr erstmals erschienen. Den Film, den John Farrow 1948 drehte, gibt es auf DVD, mit Ray Milland und Charles Laughton, der deutsche Titel: „Spiel mit dem Tode“. Ein radikales Krimikonstrukt, es vereint denjenigen, der seine Spuren verwischen muss, mit dem, der diese Spuren lesen muss, in einer Person.
George Stroud ist Chefredakteur von Crimeways, einer Zeitschrift im Imperium von Earl Janoth (und die Szenen in den Redaktionen haben heute, da haufenweise Zeitschriften eingestellt werden, melancholischen Schimmer). Als er im Frühling noch einmal mit Pauline loszieht, wird er selbst Opfer seines Metiers. Pauline ist die Geliebte seines Chefs Janoth, der erschlägt sie im Affekt, und es wird versucht, den Mordverdacht auf einen Unbekannten – nämlich George – zu lenken, der vor ihrem Haus gesehen – aber: nicht erkannt! – wurde. Und George soll die Jagd auf den Unbekannten dirigieren.
Ein absurder Alptraum, der atemraubend zwei amerikanische Genres mischt, den Noir und die sophisticated comedy. Die große Uhr, das gesellschaftliche Räderwerk, ist unerbittlich und blind. Ist George „moralisch eine Null“, wie Julian Symons, der große Krimi-Theoretiker, vermerkt? George verkörpert jedenfalls genau die Stimmung des amerikanischen Mittelstands nach dem Weltkrieg, als die Dinge an andere Orte gewirbelt wurden, diese unerhörte Leichtfertigkeit, diesen tollkühnen Leichtsinn – was wahrscheinlich auch damit zusammenhängt, dass Kenneth Fearing – Martin Compart hat im Nachwort ein lebendiges Porträt von ihm gezeichnet – ein Lyriker und ein Linker war. „Die Maschine kann man nicht herausfordern“, heißt es an einer Stelle – eine Erkenntnis, die auch eine Herausforderung ist.
FRITZ GÖTTLER
Kenneth Fearing:
Die große Uhr. Aus dem Englischen von Jakob
Vandenberg. Elsinor
Verlag, Coesfeld 2022.
200 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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