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Die größten Sänger unseres Jahrhunderts werden in dieser Ausgabe vorgestellt. Der Text geht auf Jürgen Kestings Standardwerk "die großen Sänger" zurück. Das Panorama, das Kesting entwirft, reicht von Caruso und der alten Schule des Belcanto über die Ära der Callas bis zu Caballe und Baker, Fischer-Dieskau und Domingo, Pavarotti und Prey. Kesting schildert nicht nur Biographisches, sondern vermittelt formulierte Stimmanalysen. Er beschreibt die großen Schulen des Gesangs, die Veränderungen des Singens im 20. Jahrhundert. Und er erzählt Erheiterndes: von Skandalen und Intrigen, von…mehr

Produktbeschreibung
Die größten Sänger unseres Jahrhunderts werden in dieser Ausgabe vorgestellt. Der Text geht auf Jürgen Kestings Standardwerk "die großen Sänger" zurück. Das Panorama, das Kesting entwirft, reicht von Caruso und der alten Schule des Belcanto über die Ära der Callas bis zu Caballe und Baker, Fischer-Dieskau und Domingo, Pavarotti und Prey. Kesting schildert nicht nur Biographisches, sondern vermittelt formulierte Stimmanalysen. Er beschreibt die großen Schulen des Gesangs, die Veränderungen des Singens im 20. Jahrhundert. Und er erzählt Erheiterndes: von Skandalen und Intrigen, von Primdonnenlaunen und Dirigentenallüren, von Klatsch, Verleumdungen und Protektion.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.2008

Wissen, Glut, Genauigkeit

Jürgen Kesting hat sein neues Sängerlexikon vollendet. Ein Glückwunsch

Werke von Freunden, mit denen man im Leben mehr als ein Glas Wein getrunken hat, werden nicht kritisiert. Dies ist der Brauch und nötig und richtig. Weder zupft man in aller Öffentlichkeit an den Büchern herum, noch klopft man ihnen auf den Rücken. Denn auch wenn so eine Freundesbuchrezension Silbe für Silbe nichts weiter enthielte als die lauterste und objektive Wahrheit und wenn sie mit feurigen Buchstaben und goldener Tinte geschrieben wäre, würden sich doch auf jeden Fall immer Leute finden, die im Objektiven nur Subjektives sehen, Gold zu Stroh spinnen und unterm Feuer in der Asche stochern. Lassen wir das also.

Jürgen Kesting, Germanist, Anglizist und Musikschriftsteller, leidenschaftlicher und kenntnisreicher Sängerkritiker, zuweilen von neidischen Mitmenschen hämisch genannt: der "Stimmenpapst" (obgleich ihm wahrlich nichts Papsthaft-Endgültiges anhaftet), ist ein regelmäßiger Autor dieser Zeitung. Überhaupt hat er schon für alle namhaften Zeitungen und Zeitschriften, von "Opernwelt" bis "Fonoforum", Texte geliefert, und wo dies ausnahmsweise mal nicht zutrifft, hat dann ein namhaftes Mitglied dieses bedauerlich kestingfreien Blattes, heiße es Brug oder Fischer, seinerseits ein konkurrierendes Buch über Sängerstimmen geschrieben, weshalb sie als Kesting-Rezensenten ebenfalls ausfallen. So wird also nun Kestings Opus summum kaum besprochen werden, von dem er in den letzten Jahren doch so besessen war und aus dem zwangsläufig ständig Nebenprodukte auf unsere Phonoseite hinüberwucherten (wobei die redigierten Texte im Einzelfall sich auch wieder zurückrankten ins Buch), dergestalt, dass die F.A.Z.-Leser als wahrscheinlich einzige Zeitungsleser der Welt in den Genuss kamen, Eindringliches zu erfahren, etwa über den begnadeten dänischen Lied- und Oratorientenor Axel Schiøtz, dessen "Schöne Müllerin" aus dem Jahr 1939 Kesting über die von Dietrich Fischer-Dieskau stellt, weil Schiøtz, wo Dieskau "vier Akzente in einer Phrase setzt und die Linie unruhig werden lässt, sich mit nur zwei Betonungen begnügt"; oder aber über den ungleich vielseitigeren, doch ausstrahlungsarmen lyrischen Tenor Josef Traxel aus Stuttgart, der "als Belmonte so klingt, als könne Osmin ihn gefahrlos in den Harem lassen".

An diesen Zitaten ist abzulesen, dass Kesting in seinem neuen Buch, das mehr als tausend Sänger auf 2547 Seiten abhandelt, wieder die ihm eigene lupenscharfe Genauigkeit walten lässt und auch seiner Lust an kleinen Scherzen gern nachgibt. Nun gut. Es hilft ja nichts. Jetzt werden Kestings "Große Sänger" leider unrezensiert in den Bücherregalen der Redaktionen stehen bleiben müssen. Niemand zu finden, der kompetent, aber nicht auch befangen wäre, sachkundig, aber nicht unter Gefälligkeitsverdacht. Schade, schade. Wie sollen die Leser nun davon erfahren?

Andererseits, keine Sorge: Dieses Lexikon kann gar kein Staubfänger werden. Nicht nur wir hier im Kontor brauchen es täglich bei der Arbeit. Einer der vier kiloschweren Bände wird immer in Benutzung sein, so, wie es auch mit dem längst vergriffenen Vorgänger der Fall war, der dreibändigen Ausgabe "Die großen Sänger" von 1986, die zuletzt nur noch als stark gekürztes einbändiges Handbuch erhältlich gewesen ist, aus dem Blickwinkel einer Gegenwart verfasst, in der noch der schmale, schrill flackernde Countertenor Jochen Kowalski der große Star an der Komischen Oper Berlin war, die intonationsgefährdete Koloratursopranistin Lucia Aliberti als Nachfolgerin der Callas galt und der glatte Bariton Thomas Hampson als große Hoffnung des Liedgesangs in Salzburg. Seither haben starke Erdrutsche das Sängergewerbe erschüttert. Die historische Aufführungspraxis brachte eine junge Garde von falsettierenden Altus-Sängern und Countertenören hervor - Andreas Scholl, David Daniels oder Philippe Jaroussky -, die ihre Stimme nicht nur vollständig unter Kontrolle haben, sondern auch ein erstaunliches Volumen erzielen. Andererseits haben sich die Mezzosopranistinnen (Vesselina Kasarova, Joyce DiDonato oder Magdalena Kozená) auf ihre historischen Hosenrollen besonnen und machen, zumal in Barockopern, den Altus-Sängern Konkurrenz. Der Stern Cecilia Bartolis stieg auf. Fischer-Dieskau, der von Kesting als heiliger Sankt Pointus des deutschen Liedgesanges schonungslos abgewatscht worden war, dankte ab. Und die Wagnertenorkrise spitzte sich so dramatisch zu, dass sogar Kesting auf die Idee kam, sich René Kollo, den er doch einst heftig kritisiert hatte, wieder zurückzuwünschen. Es war, kurzum, höchste Zeit, das alte Handbuch upzudaten.

Eine kleine Scharte dieses alten, strukturbedingt, ist nun auch am neuen Lexikon zu bemerken. Kesting fällt seine Urteile über die Sänger fast ausschließlich nach Schallplatten, selten oder nie nach Aufführungen. Platten liefern nur Dosenmusik. Wie stark die Reproduzierbarkeit der Musik im letzten Jahrhundert das Hören verändert hat, auch das Musizieren überformte und das Singen veränderte, weiß natürlich keiner besser als Kesting selbst. Er hat diesem Problem einen der vielen klugen, dem Lexikon implantierten Essays gewidmet, aufgehängt am Phänomen Karajan.

Doch gerade weil in jüngster Zeit aus den Backlisten viele unveröffentlichte Schätze (etwa der Kleiber- und der Kempe-"Ring") ans Licht gestiegen sind, führen Kestings akribisch durchgehörte "Konservenkritiken" manchmal dazu, dass die lebenden Sänger von den toten erschlagen werden. In seiner Detailgenauigkeit ist Kesting unübertroffen. Doch legt er allezeit - unbedingt ein Vorzug jedes Lexikons - die eignen Geschmackskriterien offen. Ist also parteilich, urteilsfroh, auch manchmal ungerecht.

Die Schärfe seines Urteils über Fischer-Dieskau zum Beispiel hat er zwar halb zurückgenommen, doch dafür kommt diesmal Bayreuths strahlende Isolde Nina Stemme schlecht weg. Und Kesting hat Lieblinge, nicht nur unter den Toten (Callas), auch unter den Lebenden (Bartoli), denen er jeden Manierismus verzeiht, wohingegen andere schonungslos seziert werden (Natalie Dessay, Christine Schäfer). Wieder andere fehlen (etwa der Counter Max Emanuel Cencic). Ganz lückenlos kann so ein Handbuch sowieso niemals sein; hat aber in seiner Zuverlässigkeit, Vielfalt und Glut der Darstellung nicht seinesgleichen. Ein Jahrhundertbuch. Glückwunsch.

ELEONORE BÜNING

Heute um 11 Uhr liest Jürgen Kesting in der Deutschen Oper Berlin aus seinem Buch "Die großen Sänger". Hoffmann und Campe, vier Bände, Subskriptionspreis 268 Euro (später 328 Euro)

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