Bevor der berühmte serbische Architekt, Schriftsteller und ehemalige Bürgermeister von Belgrad, Bogdan Bogdanovic, vor Slobodan Milosevic und seiner Gefolgschaft ins Exil fliehen musste, schrieb er über Jahre Botschaften und Briefe an sich selbst. Diese Papiere steckte er in eine mit dunkelgrüner Tapete beklebte Waschmittelschachtel, die sich nicht öffnen ließ. Damit sollten seine Gedanken dem Zugriff der Selbstzensur entzogen werden. Jetzt lüftet Bogdan Bogdanovic das Geheimnis um "Die grüne Schachtel". Und mit ihm, dem heiteren Melancholiker, stellt man verwundert fest, dass er einer von Gewalt und Verfolgung geprägten Zeit "lyrische Aufzeichnungen über Vögel, Katzen und streunende Hunde, Beiläufiges über absurde Einzelheiten des Alltagslebens und haufenweise Notizen über Träume" entgegengesetzt hat.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Der Serbe Bogdan Bogdanovic hat in seinem jetzt schon 84-jährigen Leben viele Berufe ausgeübt, wie Markus Clauer ausführt. Neben seinem erlernten als Architekt den des Professors der Belgrader Universität. In den Achtziger war er Bürgermeister von Belgrad, später wurde er zum Gründer einer "Dorfschule für Philosophie der Architektur" und zuletzt kam er 1993 als Exilant nach Wien, wohin ihn auch die grüne Schachtel begleitet hat. Möglicherweise hat ihn sein Leben im Exil erst zum Autor gemacht, jedenfalls taucht in seinen 1997 erschienenen Memoiren die grüne Schachtel als Gestalt gewordene Black Box auf, in der sich Notizen und Traumberichte befinden, die während seiner Zeit als Dissident unter Milosevic entstanden sind. Jetzt hat Bogdanovic die grüne Schachtel endlich aufgemacht und ausgewertet. Herausgekommen sind Nachtstücke düsteren Inhalts, die auch den Versuch darstellen, im Nachhinein die Gegenwelt der Träume zu kartographieren und entziffern, in der sich der politisch Verfolgte einzig sicher fühlen konnte. Der Rezensent findet das zwar charmant, klug und auch ein wenig geschwätzig, die "mystischen Entdeckungen" will er ihm aber nicht abnehmen. Viel lieber sieht er es als einen "späten Sieg der Fantasie gegen den Machtmenschen Milosevic" an.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Ein aufmerksames Buch für hellhörige Leser über den späten Sieg der Fantasie gegen den Machtmenschen Milosevic und das meistens heilsame Verschwimmen der Grenzen." Markus Clauer, Die Zeit, 22.03.07