Ein Ritt durch die düstere Berliner Schattenwelt: realistisch und absurd, vielschichtig, rührend und rasend spannend
Saad und seine kleine Tochter Leila leben unterm Radar in Berlin. Saad verdient sein Geld als Wächter in einem Charlottenburger Parkhaus, aus gutem Grund in der Nachtschicht.
In diesem Parkhaus steht auch der Luxusschlitten des Staatssekretärs Brasch, der mit dem Waffenhändler Müller und undurchsichtigen Saudis fiese Geschäfte macht. Als Brasch betrunken und zugekokst einen Verkehrsunfall baut und man zu seiner Überraschung eine Leiche in seinem Kofferraum findet, ist das ein Fall für die junge Kriminalkommissarin Nihal Khigarian.
Die hatte Saad schon ein paar Tage vorher zufällig kennengelernt, als sie ihm und Leila bei einer Schlägerei mit wüsten Pöblern geholfen hat. Leila ist sofort zu Nihal hingezogen, und auch Nihal und Saad ahnen, dass da mehr sein wird als eine flüchtige Bekanntschaft. Dabei muss Saad doch unbedingt unsichtbar bleiben, denn er weiß, dass gnadenlose Typen aus seinem früheren Leben hinter ihm her sind.
Und tatsächlich haben es die beiden bald mit Killern zu tun, mit Waffendealern, aufgebrachten Saudis, Drogenmafiosi, ein paar Toten - und noch ein paar mehr ... und einem epischen Showdown in der Hasch-Plantage auf dem Dach des Parkhauses, an dessen Ende es heißt: »Macht ihr so was öfter?«
Saad und seine kleine Tochter Leila leben unterm Radar in Berlin. Saad verdient sein Geld als Wächter in einem Charlottenburger Parkhaus, aus gutem Grund in der Nachtschicht.
In diesem Parkhaus steht auch der Luxusschlitten des Staatssekretärs Brasch, der mit dem Waffenhändler Müller und undurchsichtigen Saudis fiese Geschäfte macht. Als Brasch betrunken und zugekokst einen Verkehrsunfall baut und man zu seiner Überraschung eine Leiche in seinem Kofferraum findet, ist das ein Fall für die junge Kriminalkommissarin Nihal Khigarian.
Die hatte Saad schon ein paar Tage vorher zufällig kennengelernt, als sie ihm und Leila bei einer Schlägerei mit wüsten Pöblern geholfen hat. Leila ist sofort zu Nihal hingezogen, und auch Nihal und Saad ahnen, dass da mehr sein wird als eine flüchtige Bekanntschaft. Dabei muss Saad doch unbedingt unsichtbar bleiben, denn er weiß, dass gnadenlose Typen aus seinem früheren Leben hinter ihm her sind.
Und tatsächlich haben es die beiden bald mit Killern zu tun, mit Waffendealern, aufgebrachten Saudis, Drogenmafiosi, ein paar Toten - und noch ein paar mehr ... und einem epischen Showdown in der Hasch-Plantage auf dem Dach des Parkhauses, an dessen Ende es heißt: »Macht ihr so was öfter?«
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.05.2023Hanf auf dem Dach
Krimis in Kürze: Jérôme Leroy und Kim Koplin
"Geschichte ist die Summe all dessen, was sie uns nicht erzählen", sagt in Don DeLillos Roman "Sieben Sekunden" einer, der die Wahrheit für ein verschwörerisches Geheimwissen hält. Der Satz wäre auch kein schlechtes Motto für die Kriminalromane von Jérôme Leroy, die von den Intrigen und Finten, den Täuschungsmanövern und Liquidierungen einer französischen Innenpolitik handeln, die manchmal nur einen Wimpernschlag von der Realität entfernt erscheint.
"Die letzten Tage der Raubtiere" (Edition Nautilus, 400 S., br., 24,- Euro) schreibt fort, was Leroy in "Der Block" und "Der Schutzengel" (F.A.Z. vom 4. Mai 2020) begonnen hat. Es ist das Panorama eines Landes, in dem der "patriotische Block", unschwer als fiktionales Pendant des Front National erkennbar, immer stärker wird und in dem alte Allianzen zerfallen. Es regiert eine Präsidentin, die wir im ersten Kapitel im Bett kennenlernen, während sie mit ihrem fünfundzwanzig Jahre jüngeren Ehemann schläft - eine kleine Rolleninversion des Ehepaars Macron.
Die Präsidentin, die als Linke begonnen hat und nun, in der Pandemie, ein bürgerliches, leicht autoritäres Bündnis anführt, ist amtsmüde. Aber sie ist nur eine Figur in einem größeren Tableau. Der Innenminister, ein ehemaliger Fallschirmjäger, der es noch mal wissen will, wartet nur, dass sie strauchelt, und hilft auch gerne nach; der grüne Umweltminister ist zu skrupulös und hat zudem eine Tochter, deren Freund dem alten Innenminister-Haudegen als Ghostwriter für dessen Memoiren dienen soll.
Leroy entwickelt dieses Geflecht sehr subtil, er lässt dazu paramilitärische Akteure und Geheimdienstler mit undurchsichtigen Missionen auftreten. Natürlich geht es in diesem Spiel um die Macht und ihren Preis. Sie kostet Geld und Leben. Auf der Bühne der Öffentlichkeit ist davon nicht viel zu sehen. Was Wirkung zeitigt, bleibt im Halbschatten. Das ist auf eine Weise inszeniert, die filigran und elegant wirkt, die nie auf billige Enthüllungseffekte und Verschwörungsgeraune setzen muss. Man kann davon ausgehen, dass dieser kluge und reflektierte Roman allen, die mit den Feinheiten und Personalien der französischen Innenpolitik besser vertraut sind als der normale deutsche Leser, einen noch reicheren Subtext bietet.
Kim Koplin heißt nicht so. Der Name ist ein Pseudonym, und nicht zum ersten Mal fragt man sich, weil der Verlag immerhin verrät, es handle sich um die Autorin mehrerer erfolgreicher Bücher, aus welchen Motiven eine Person anonym bleiben möchte, wenn sie doch schreibend in die Öffentlichkeit drängt. Angst vorm Seriositätsverlust? Es gibt jedenfalls keinen Grund, sich zu verstecken, denn "Die Guten und die Toten" (Suhrkamp, 255 S., br., 16,- Euro) ist ein Roman, der weiß, was er tut, gerade weil einige seiner Figuren kein Interesse daran haben, dass jemand erfährt, was sie tun. Die Erzählung wechselt mit jedem Kapitel die Perspektive.
So funktioniert das Buch wie ein Mosaik: Die Wege der Figuren kreuzen sich, Stein für Stein setzt sich ein Bild zusammen, das am Ende komplett vor einem liegt. Da ist Nihal, die junge Polizistin und ambitionierte Boxerin mit aserbaidschanischen Wurzeln und Problemen mit der Affektkontrolle. Sie trifft auf einen schnöseligen, koksenden Staatssekretär, der mit einem Waffenhändler und dessen saudi-arabischen Geschäftspartnern paktiert. Und lernt Saad mit seiner fünfjährigen Tochter kennen, der vorgibt, ein syrischer Flüchtling zu sein. Zum bunten Cast gehören unter anderem auch noch eine junge Investigativjournalistin und ein gerissener Kleingauner mit Migrationshintergrund, der auf einem Parkhausdach in Charlottenburg eine stattliche Hanfplantage angelegt hat.
Die multiperspektivische Erzählweise und Koplins lässiger Ton, dem manchmal allerdings ein paar schiefe Bilder unterlaufen, sorgen für ein gutes Tempo. Im Gegensatz zum umständlich protokollhaften Durchschnittskrimi hat Koplin auch begriffen, dass die eine oder andere Ellipse einer Erzählung nie schaden und biederer Realismus langweilen kann. Außerdem besitzt sie einen ausgeprägten Sinn für tiefschwarzen Humor, der sich nicht erst zeigt, wenn es auf dem Parkhausdach zu einem Finale mit Kettensäge, Schusswaffen und Liebeserklärungen kommt. PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Jérôme Leroy und Kim Koplin
"Geschichte ist die Summe all dessen, was sie uns nicht erzählen", sagt in Don DeLillos Roman "Sieben Sekunden" einer, der die Wahrheit für ein verschwörerisches Geheimwissen hält. Der Satz wäre auch kein schlechtes Motto für die Kriminalromane von Jérôme Leroy, die von den Intrigen und Finten, den Täuschungsmanövern und Liquidierungen einer französischen Innenpolitik handeln, die manchmal nur einen Wimpernschlag von der Realität entfernt erscheint.
"Die letzten Tage der Raubtiere" (Edition Nautilus, 400 S., br., 24,- Euro) schreibt fort, was Leroy in "Der Block" und "Der Schutzengel" (F.A.Z. vom 4. Mai 2020) begonnen hat. Es ist das Panorama eines Landes, in dem der "patriotische Block", unschwer als fiktionales Pendant des Front National erkennbar, immer stärker wird und in dem alte Allianzen zerfallen. Es regiert eine Präsidentin, die wir im ersten Kapitel im Bett kennenlernen, während sie mit ihrem fünfundzwanzig Jahre jüngeren Ehemann schläft - eine kleine Rolleninversion des Ehepaars Macron.
Die Präsidentin, die als Linke begonnen hat und nun, in der Pandemie, ein bürgerliches, leicht autoritäres Bündnis anführt, ist amtsmüde. Aber sie ist nur eine Figur in einem größeren Tableau. Der Innenminister, ein ehemaliger Fallschirmjäger, der es noch mal wissen will, wartet nur, dass sie strauchelt, und hilft auch gerne nach; der grüne Umweltminister ist zu skrupulös und hat zudem eine Tochter, deren Freund dem alten Innenminister-Haudegen als Ghostwriter für dessen Memoiren dienen soll.
Leroy entwickelt dieses Geflecht sehr subtil, er lässt dazu paramilitärische Akteure und Geheimdienstler mit undurchsichtigen Missionen auftreten. Natürlich geht es in diesem Spiel um die Macht und ihren Preis. Sie kostet Geld und Leben. Auf der Bühne der Öffentlichkeit ist davon nicht viel zu sehen. Was Wirkung zeitigt, bleibt im Halbschatten. Das ist auf eine Weise inszeniert, die filigran und elegant wirkt, die nie auf billige Enthüllungseffekte und Verschwörungsgeraune setzen muss. Man kann davon ausgehen, dass dieser kluge und reflektierte Roman allen, die mit den Feinheiten und Personalien der französischen Innenpolitik besser vertraut sind als der normale deutsche Leser, einen noch reicheren Subtext bietet.
Kim Koplin heißt nicht so. Der Name ist ein Pseudonym, und nicht zum ersten Mal fragt man sich, weil der Verlag immerhin verrät, es handle sich um die Autorin mehrerer erfolgreicher Bücher, aus welchen Motiven eine Person anonym bleiben möchte, wenn sie doch schreibend in die Öffentlichkeit drängt. Angst vorm Seriositätsverlust? Es gibt jedenfalls keinen Grund, sich zu verstecken, denn "Die Guten und die Toten" (Suhrkamp, 255 S., br., 16,- Euro) ist ein Roman, der weiß, was er tut, gerade weil einige seiner Figuren kein Interesse daran haben, dass jemand erfährt, was sie tun. Die Erzählung wechselt mit jedem Kapitel die Perspektive.
So funktioniert das Buch wie ein Mosaik: Die Wege der Figuren kreuzen sich, Stein für Stein setzt sich ein Bild zusammen, das am Ende komplett vor einem liegt. Da ist Nihal, die junge Polizistin und ambitionierte Boxerin mit aserbaidschanischen Wurzeln und Problemen mit der Affektkontrolle. Sie trifft auf einen schnöseligen, koksenden Staatssekretär, der mit einem Waffenhändler und dessen saudi-arabischen Geschäftspartnern paktiert. Und lernt Saad mit seiner fünfjährigen Tochter kennen, der vorgibt, ein syrischer Flüchtling zu sein. Zum bunten Cast gehören unter anderem auch noch eine junge Investigativjournalistin und ein gerissener Kleingauner mit Migrationshintergrund, der auf einem Parkhausdach in Charlottenburg eine stattliche Hanfplantage angelegt hat.
Die multiperspektivische Erzählweise und Koplins lässiger Ton, dem manchmal allerdings ein paar schiefe Bilder unterlaufen, sorgen für ein gutes Tempo. Im Gegensatz zum umständlich protokollhaften Durchschnittskrimi hat Koplin auch begriffen, dass die eine oder andere Ellipse einer Erzählung nie schaden und biederer Realismus langweilen kann. Außerdem besitzt sie einen ausgeprägten Sinn für tiefschwarzen Humor, der sich nicht erst zeigt, wenn es auf dem Parkhausdach zu einem Finale mit Kettensäge, Schusswaffen und Liebeserklärungen kommt. PETER KÖRTE
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Berlin? Als Krimi-Tatort abgenutzt, findet Rezensentin Katharina Granzin - trotzdem ist die Ausgangssituation in Kim Koplins Roman originell, denn die Handlung ist im gutbürgerlichen Charlottenburg angesiedelt. Saad ist Pförtner eines Parkhauses, in dem sich einige illegale Geschäfte abspielen, die ihn aber nicht interessieren, solange man ihn und seine Tochter in Ruhe lässt, lesen wir. Die andere Hauptfigur, Polizeikommissarin Nihal, steht im Konflikt mit ihrer Familie, da sie ihren Bruder nach einer Straftat verhaften muss. Zufällig begegnen sich beide Figuren und erkunden die "Bandbreite und Widersprüchlichkeit" der Berliner Gesellschaft, verlieben sich - und lösen natürlich einen Kriminalfall. Diese "romantische Thrillerkomödie" kann die Kritikerin nur nachdrücklich empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»[Ein] toll geschriebener Berlin-Thriller mit Noir-Elementen ...« Katharina Granzin taz. die tageszeitung 20230731