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Die namenlose Heldin der Geschichte ist Zeitarbeiterin in New York. Sie arbeitet als Aushilfe in einem großen Büro, als Hochhausputzerin, als Verkehrspolizistin, auf einem Piratenschiff, als Assistentin eines Mörders und schließlich als Mutter eines einsamen Jungen, der erzogen werden möchte. Ihr Alltag ändert sich von Woche zu Woche, und auch ihr Privatleben muss Schritt halten, in dem es für jede Lebens- und Gemütslage den passenden Partner gibt, achtzehn an der Zahl. Mit jedem neuen Job, den die Protagonistin durch ihre Agentur vermittelt bekommt, wird deutlicher, wie absurd ihre…mehr

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Produktbeschreibung
Die namenlose Heldin der Geschichte ist Zeitarbeiterin in New York. Sie arbeitet als Aushilfe in einem großen Büro, als Hochhausputzerin, als Verkehrspolizistin, auf einem Piratenschiff, als Assistentin eines Mörders und schließlich als Mutter eines einsamen Jungen, der erzogen werden möchte. Ihr Alltag ändert sich von Woche zu Woche, und auch ihr Privatleben muss Schritt halten, in dem es für jede Lebens- und Gemütslage den passenden Partner gibt, achtzehn an der Zahl. Mit jedem neuen Job, den die Protagonistin durch ihre Agentur vermittelt bekommt, wird deutlicher, wie absurd ihre Anstellungen sind - ebenso wie der ewige Versuch, dem Leben über die Arbeit einen Sinn zu geben. Denn: »Nichts ist so persönlich wie unser Job.«
Autorenporträt
Hilary Leichter, geboren 1985, erhielt zahlreiche Stipendien, unter anderem von der New York Foundation for the Arts und von der Folger Shakespeare Library. Im Sommer 2022 übernahm sie die Picador-Gastprofessur für Literatur an der Universität Leipzig. Ihre Texte erschienen im ¿New Yorker¿, der ¿New York Times¿, dem ¿Harper's Magazine¿ und vielen anderen. Hilary Leichters Debütroman ¿Die Hauptsache¿ wurde hochgelobt, für zahlreiche Preise nominiert und auch im deutschsprachigen Raum viel beachtet. Leichter unterrichtet Literarisches Schreiben an der Columbia University und lebt in Brooklyn. 
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.02.2021

Auch das mörderisch wilde Seeräuberleben ist nur ein Job
Grotesk wie die moderne Lohnsklaverei: Hilary Leichters Roman "Die Hauptsache" über eine Zeitarbeiterin, die eine Anleitung zur Rebellion gut gebrauchen könnte

Sie arbeiten überall, als Hochhausfensterputzer, Ersatz für Schaufensterpuppen im Kaufhaus und Assistentinnen bei Gewaltverbrechen. Wo genau, ist letztlich gar nicht wichtig. Wichtig ist, beschäftigt zu sein. Wer keine Beschäftigung hat in dieser Welt, in der alles Arbeit ist und Arbeit alles, existiert nicht. Sinnen und Streben der Menschen ist auf ein Ziel allein gerichtet: die Entfristung.

Die namenlose Zeitarbeiterin, die uns in "Die Hauptsache" begegnet, ist jung und hat doch schon vieles hinter sich. Ihre Mutter brachte sie zu ihrem ersten Job und ließ sie allein, wie es in dieser Gesellschaft für heranwachsende Aushilfen üblich ist. Ihre erste Aufgabe war, zu vorgegebenen Zeitpunkten die Türen eines Hauses zu öffnen oder zu schließen. Warum, erfuhr sie nie. Später versuchte sie sich als menschliche Ampel, Schuhschrank-Ordnerin oder Knüppel-zwischen-die-Beine-Werferin, ohne zu wissen, was es bedeutet, anständig bezahlt zu werden - und ohne je ins Zweifeln zu kommen. So stieg sie auf zur persönlichen Assistentin des Vorstandsvorsitzenden einer großen Firma. Kurze To-do-Listen, kurze Zeiträume, kurze Röcke.

Es ist eine Welt voller Regeln und Leitsprüche und Plattitüden. Auf einen von ihnen, "Nichts ist persönlicher als dein Job", gründet die namenlose Aushilfe ihren Lebenssinn. Sie folgt den Broschüren und Flugblättern voller Optimierungsempfehlungen, sie ist wirklich bemüht. Trotzdem wird sie nicht entfristet. Alle paar Wochen holt sie sich bei ihrer Jobvermittlerin die Auskunft über ihre nächste Stelle ab und erfährt: Wer sich eine Entfristung verdienen will, muss seine Komfortzone ab und zu verlassen.

Aber das Schlimme, viel schlimmer als der Selbstbetrug, der zum Alltag gehört, ist das ewige Ungeschehenmachen der Aufgaben, das Gefühl, nichts zu erreichen und nichts zu verändern. Es stellt die Existenz in Frage.

Die neue Stelle also: Arbeit auf See. Auch auf dem Piratenschiff gibt es Vertraulichkeitserklärungen und einen ersten Offizier des Personalmanagements, einen Teambuilding-Filmabend bei Neumond, eine feste Ordnung. Sie vertritt eine Frau namens Darla. Alle erwarten, dass sie Darla ersetzt. Sie sagen, Darla hätte Kaffee gekocht und nie nach Gehalt gefragt. Also schrubbt sie ergeben das Deck und heftet Logbucheintragungen ab. Später soll sie einer Gefangenen den Arm abschlagen. Und gerade, als sie alle Piratenherzen gewonnen hat und alle Aufgaben verinnerlicht, als sie sich in ihre Vorgängerin verwandelt hat, tritt die echte Darla über die Reling und holt sich ihren Job zurück. "Nimm's nicht persönlich", sagen die Seeleute, die sie mit einem Rettungsring ins Wasser schmeißen. "Ist nur ein Job."

Als Hilary Leichters Roman "Temporary" vor einem Jahr auf Englisch erschien, mutmaßte die "New York Times", das Zeitalter der Liebesromane wäre nun endgültig vorbei, die Vorstellung von Romantik als Mittel der Selbstfindung widerspräche zu sehr dem Verständnis, das müsse man schon allein, also ohne Anbetung, schaffen. All die übertriebenen Erwartungen, all die Desillusionierung und der peinliche Selbstbetrug würden jetzt also in Romane über Lohnarbeit eingehen.

Nun erscheint Leichters Roman unter dem Titel "Die Hauptsache" auf Deutsch, bleibt aber ein Spiegel der absurden Arbeitswelten der Amerikaner, ihrer existentiellen Nöte, der scheinbaren Normalität Dutzender Jobs auf einmal. Es ist allerdings auch die einprägsamste literarische Auseinandersetzung mit einer immer skurrilere Züge annehmenden Sinnsuche im Arbeitsleben, die es seit Beginn des Homeoffice-Zeitalters zu lesen gab. Die Autorin spielt mit der Überzeugung, Identität und Beruf seien eins, mit der Gefühlsarbeit von Unternehmen und den dunkelsten Seiten der Leistungsgesellschaft. Das Beste an ihrem Debüt aber ist, wie erfindungsreich sie all das, was im Berufsalltag als gegeben betrachtet wird, die Absurdität mancher Verpflichtungen und die Ernsthaftigkeit, mit der man ihnen folgt, zur Groteske verzerrt und als Dystopie serviert. Aktionäre stimmen bei ihr grundsätzlich nur über die Frage ab, wie und ob über zukünftige Abstimmungen abgestimmt werden sollte. Und in ihrer kurzen Arbeitsphase als menschliche Seepocke im Kampf gegen die Küstenerosion erklärt der Heldin ein bereits am Fels festgewachsener Kollege, so schlecht sei der Job nicht. Nicht schlechter, als an irgendeinem Schreibtisch Wurzeln zu schlagen.

Es gibt dann doch Beziehungsgeflechte in der Geschichte über die Zukunft des Arbeitslebens: Die namenlose Aushilfe hat gleich einen ganzen Schwarm von Freunden, und jeder von ihnen ist mit einer besonderen Rolle betraut. Sie empfängt Versicherungsvertreter, Gourmets, Lebenscoaches, ihren großen und ihren philosophischen Freund. Als sie auf See geht, machen es sich alle Männer gemeinsam in ihrer Wohnung gemütlich, um Fußball zu schauen und sich Beistand zu leisten: "Solang du weg bist, passen wir gut aufeinander auf."

Glücklicherweise begegnet die Protagonistin selbst neuen Gefährten, einer jungen Frau auf dem Piratenschiff, einem Mörder, dessen Assistentin sie wird. Zu den Menschen, die sie umgeben, fasst sie schnell Vertrauen, sie passt sich ihnen an, studiert ihre Gewohnheiten. Männer nähern sich ihr, streichen ihr über den Nacken und pressen sie an sich, loben ihr Potential. Ein Junge sucht Ersatz für seine verschwundene Mutter: Wie sehr sie sich ihm bei dieser anspruchsvollen Aufgabe emotional nähern darf, bestimmt als Auftraggeber das Kind. Ein Hunger nach Anerkennung, der subtil durch die Erzählerinnenstimme geistert, die Körperlichkeit der Begegnungen, der Schein von Intimität, sie machen das Verstörende an diesem Roman aus. Einmal beschreibt sich die Aushilfe als wilde Leere, die gefüllt wird. "Was wir miteinander haben, ist nicht von Dauer", eben "temporary", wusste sie eigentlich von Anfang an. Und leidet dennoch unter jedem Verlust. Die Qualität einer Beziehung ist hier gar nicht gefragt. Nur das Leistungspensum.

Aber je weiter sich die namenlose Aushilfe der Suche nach Beständigkeit unterwirft, desto mehr geht schief. Je mehr sinnlose Arbeit ihr abverlangt wird, desto mehr sehnt sie sich nach den wenigen Momenten ihrer Kindheit, in der sie sie selbst sein durfte, als Menschen ihr Leben füllten. Man möchte sie schützen, schütteln, ihr eine Anleitung zur Rebellion einflüstern. Aber welche? "Und dann waren da wieder die Hausarbeit und die Pflichten, die Arbeit zu leben."

Hilary Leichter unterrichtet literarisches Schreiben an der Columbia University in New York, wo sie auch studiert hat. Sie weiß, wie man eine Geschichte bei aller Sozialkritik leicht klingen lässt. Ihr distanzierter, scharfsinniger Ton, die Sprachspiele klingen unangestrengt, auch dank gewissenhafter Übersetzung, ihre Kreativität scheint grenzenlos. Needless to say, dass auch das Ende ihrer Beziehungsgeschichte mit dem Arbeitsleben noch Überraschungen bereithält.

ELENA WITZECK

Hilary Leichter: "Die Hauptsache". Roman.

Aus dem Englischen von Gregor Runge. Arche Verlag, Zürich 2021. 224 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Elena Witzeck taucht ein in die Trostlosigkeit der Lohnarbeit in den USA. Hilary Leichter erzählt davon anhand einer Frau mit vielen Jobs und wenig Liebe und Lebenssinn. Das liest sich laut Witzeck wie eine Groteske, wie eine Dystopie, aber "einprägsam" und obwohl scharfsinnig sozialkritisch dank der erzählerischen Könnerschaft der Autorin doch auch leicht und unangestrengt. Wenn so das Ende der Romantik in der Literatur aussieht, so scheint es, kann Witzeck damit leben.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Hilary Leichter verbindet das Merkwürdige und Existenzielle so, dass es gleichzeitig grauenvoll und hochkomisch ist. Dieses Buch sollten alle lesen, die arbeiten!« The Washington Post