Mit dem Empfinden aufrichtiger Dankbarkeit, aber auch leiser Besorgnis komme ich der Aufforderung nach, in einem theologischen Kreise als Philologe über ein religionsgeschichtliches Thema zu sprechen. Denn so dankbar jeder Philologe, wenn er die Hauptprobleme des Urchristentums seiner Betrachtung mit unterwerfen muß, es wohl stets empfindet, daß alle seine Arbeit von dem Boden ausgeht, den die protestantische liberale Theologie uns erkämpft hat, und daß sie ohne ihre Vorarbeit und Mithilfe undenkbar wäre, so notwendig muß er sich leider wohl immernoch gleich im Eingange gegen eine Vorstellung verteidigen, die in Wort und Schrift von hervorragenden Theologen und Philologen genährt wird, die Vorstellung, daß er als Unberechtigter, gewissermaßen als Einbrecher, in ein fremdes Gebiet dringt, wenn er Fragen streift, die von dem Theologen auch behandelt werden und behandelt werden müssen. [...] Von einigen nicht unbekannten, aber vielleicht nicht genügend betonten Grundanschauungen hellenistischer Religionen wollte ich berichten, und zwar von gemeinsamen Grundanschauungen, nicht von dem Sonderbesitz der einzelnen. Ich bezeichne dabei mit dem Worte 'Hellenistisch' Religionsformen, in denen orientalische und griechische Elemente sich mischen, mag das Griechentum auch nur darin bestehen, daß ihm die Sprache und Begriffe oder die philosophische Deutung und Rechtfertigung entnommen sind, und mögen andrerseits auch Vorstellungen und Stimmungen, die jetzt aus dem Orient herüberdringen, sich in einer weit zurückliegenden Epoche des Griechentums schon nachweisen lassen [Auszug aus dem Buch] - Reproduktion auf Grundlage der dritten Auflage, Wiesbaden 1956.