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Beruflich läuft es gar nicht mal schlecht für Mark Renton. Als Manager erfolgreicher DJs reist er um die Welt. Die Kohle stimmt. Warum fühlt es sich trotzdem nicht richtig an? Eine Zufallsbegegnung mit seinem einstigen Weggefährten Franco Begbie reißt ihn aus seinem Trott. Verdammt noch mal, das Leben hat doch mehr zu bieten! Bald findet sich Mark in einer Welt wieder, die er längst hinter sich geglaubt hatte: in den dreckigen Straßen einer verachtenswerten schottischen Kleinstadt ...

Produktbeschreibung
Beruflich läuft es gar nicht mal schlecht für Mark Renton. Als Manager erfolgreicher DJs reist er um die Welt. Die Kohle stimmt. Warum fühlt es sich trotzdem nicht richtig an? Eine Zufallsbegegnung mit seinem einstigen Weggefährten Franco Begbie reißt ihn aus seinem Trott. Verdammt noch mal, das Leben hat doch mehr zu bieten! Bald findet sich Mark in einer Welt wieder, die er längst hinter sich geglaubt hatte: in den dreckigen Straßen einer verachtenswerten schottischen Kleinstadt ...
Autorenporträt
Irvine Welsh, geboren 1957 in Leith bei Edinburgh, schreibt Romane und Kurzgeschichten und gilt als einer der wichtigsten Autoren der Underground-Literatur. Sein Debütroman Trainspotting und die gleichnamige Verfilmung mit Ewan McGregor machten ihn international bekannt. Viele weitere Romane folgten.
Rezensionen
»Von Whiskey und Schafwolle abgesehen, hat Schottland auch andere Exportartikel, die man nicht hoch genug schätzen kann: die Romane von Irvine Welsh.« Susanne Zobl, News

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2020

Ich führe einen Krieg gegen mich selbst!
Drogen, Gewalt, Organhandel und die Suche nach großen Gefühlen: Das letzte Buch der "Trainspotting"-Reihe von Irvine Welsh

In seinem Roman "Trainspotting" schuf der schottische Schriftsteller Irvine Welsh Anfang der neunziger Jahre mit dem heroinabhängigen Mark Renton und seiner kaputten Clique aus dem Arbeitermilieu in Edinburgh charismatische Verlierergestalten, die als Stellvertreter für eine ganze Generation von hoffnungslosen, desorientierten, überforderten jungen Männern wahrgenommen wurden. Ihr Leben war geprägt von Deindustrialisierung und Perspektivlosigkeit, von Drogen, Gewalt, Sex, Tod - und Fußball. Das war harter, roher und stets auch tragisch-komischer Stoff, der von Danny Boyle im gleichnamigen Film in die Kinos gebracht wurde. Die Geschichte "seiner" Jungs sponn Welsh danach weiter, jetzt erscheint der letzte Teil der Reihe auf Deutsch: "Die Hosen der Toten". Die Hauptfiguren sind jetzt um die 50, Mark Renton ist mittlerweile international erfolgreicher DJ-Manager, der kriminelle Psychopath Franco Begbie anerkannter Künstler in den U.S.A., "Sick Boy" betreibt einen Escort Service, "Spud" bettelt auf der Straße. Renton will bei seinen Kumpeln alte Schulden begleichen, aber das ist schwerer als gedacht. Es geht, auch befeuert durch reichlich Koks und MDMA, um Wiedergutmachung und Rache, um schnellen Sex und die Suche nach größeren Gefühlen, um illegalen Organhandel und die Frage, ob man sich wirklich jemals ändern kann. Welsh jagt seine Protagonisten von einer aberwitzigen Situation in die nächste, das ist nicht immer zwingend, aber oft ans Slapstickhafte grenzend absurd lustig, manchmal brutal, und er lässt sie in einem stets groben, teilweise frauenverachtenden und immer wieder nicht nur latent homophoben Straßenslang reden, der aus der Zeit dadurch völlig gefallen wirkt. Oder vielleicht auch einfach extrem realistisch.

In den 90ern standen die vier für eine ganze Generation. Mit 50 fluchen sie permanent, denken dauernd an Drogen und beurteilen Frauen meist nur nach ihrer sexuellen Verwendbarkeit. Stehen sie damit immer noch für eine Generation?

Die Hauptfiguren sind typisch für eine bestimmte Entwicklung, sie kommen aus einer einst eng verbundenen, vormals industriell geprägten Community, die mit den Folgen des Wandels hin zu einer sehr individuellen Kultur heftig zu kämpfen hat. Alle befinden sich in einer existentiellen Krise, nicht nur in materieller Hinsicht.

Aus einer modernen Perspektive leben Mark Renton, Franco Begbie, Spud and Sickboy auf einem alten Planeten: Sie wirken homophob, haben noch nie was von Feminismus gehört und reden sehr vulgär daher.

Ja, aber das gilt nur für Situationen, in denen sie unter sich sind, und da ist es mehr wie ein eigener Code, da haben solche Sprüche ihre eigene Bedeutung. Das heißt nicht, dass sie mit anderen auch so reden. Wenn ein paar Kerle in den Pub gehen, dauert es ja meist nicht lange und sie fallen in ihren eigenen Slang. Das kennt jeder, wir reden privat anders als in Businesskreisen. Wir passen unsere Sprache unserer Umgebung an.

Wie viel Freude haben Ihnen die Schimpforgien gemacht?

Das war ein großer Spaß, sich wieder in die Gedanken- und Sprachwelt dieser Charaktere hineinzudenken. Man versucht, ihrem Wesen gerecht zu werden und sich dem nicht zu sehr in den Weg zu stellen. In meinem Leben bin ich sehr viel mehr PC, oder sagen wir eher: emphatischer und sensibler als die meisten meiner Figuren im Buch.

Sie haben einmal gesagt: "Wenn man älter wird, wird es schwieriger, ein Bastard zu sein."

Als junger Mensch ist man viel öfter wütend und verurteilt Sachen schneller, später lernt man, wertzuschätzen, was man hat, und drängt nicht immer sofort zum nächsten Ding. Aber wenn man so wird und mehr Empathie empfindet, ist es schwerer, egoistisch und rücksichtslos zu handeln.

Spüren Sie das als Autor auch? Im Buch merkt davon nichts . . .

Bei der Arbeit muss ich natürlich gegen diese Entwicklungen ankämpfen, gegen die Beschränkungen, die man von der Gesellschaft auferlegt bekommt, man muss gegen seine eigenen, inneren Grenzen kämpfen, ich führe permanent Krieg gegen mich selbst, ich reiße mir wirklich meine verdammten Eingeweide raus, wenn ich schreibe.

Man bekommt den Eindruck, dass sich diese Männer nicht wirklich weiterentwickelt haben nach all den Jahren . . .

Aber sie haben sich doch verändert. Der Psychopath Franco Begbie etwa mag immer noch ein Psychopath sein, aber einer, der seine Impulse unter Kontrolle hat und so in der Welt zurechtkommt. Mark Renton ist ein besserer Mensch geworden, der eher in der Lage ist, mit anderen mitzufühlen, selbst Sick Boy hat einen anderen Blick auf das Leben entwickelt.

Das Alter spielt eine große Rolle. Mark Renton, der DJ-Manager, sagt: "Aber ich bin ein alter Sack und seh ziemlich albern aus, wenn ich in nem Club voller Kids rumhänge." Schafft es hier eine ganze Generation nicht, in Würde zu altern?

Wir beobachten eine interessante Entwicklung. In den Clubs tanzen heute Leute über 45, manchmal sogar über 50 oder 60 Jahre. Und die ganz Jungen auch. Die Unterschiede verwischen. Junge Menschen werden heute sehr schnell erwachsen, weil sie sehr früh Konsumenten werden, und die Alten bleiben jung, weil sie Konsumenten bleiben. Es wird alles durch Geld und den Markt bestimmt, wir erfahren nicht mehr wirklich unterschiedliche Dinge. Menschen zwischen 20 und 60 oder sogar 80 machen und konsumieren im Prinzip dasselbe, das hat es so vorher noch nie gegeben. Das ist deprimierend und traurig, da geht uns viel verloren.

Aber es gibt mindestens einen gravierenden Unterschied: "Es gibt kaum was Schlimmeres als nen Schnaps- oder Ecstasy-Kater mit über fünfzig. Man fühlt sich einfach nur dumm und schwach", sagt Sick Boy an einer Stelle. Weniger Spaß im Alter, dafür mehr Horrortrips. Ist das Ihre Erfahrung?

Auf jeden Fall. Es ist lustig, ich fühlte mich der Figur Renton in "Trainspotting" sehr verbunden, im Nachfolgebuch "Porno" eher nicht. Jetzt habe ich mich ihm wieder angenähert.

Im Buch spielt Berlin eine Rolle und wird als ein Ort beschrieben, wo die dreckigsten Geschäfte abgewickelt werden und in kaputten Gebäuden Amateure nach Anleitung durch Youtube-Video-Clips dem armen Spud eine Niere entfernen und illegaler Organhandel betrieben wird. Das ist Ihr Blick auf Berlin?

(lacht) Wenn man an Berlin denkt, denkt man immer: Da geht wirklich alles.

Die Männer kennen sich seit Jahrzehnten, aber wo es geht, bilden sie untereinander Allianzen, um den anderen eins auszuwischen. Echte Männerfreundschaft sieht anders aus.

Junge Männer denken oft, sie werden ein Leben lang Brüder sein. Das ist meist nicht so. Unsere vier bilden heute eher so etwas wie eine Familie: Man ist miteinander verbunden und kann die anderen nicht loswerden. Nur in Momenten wie dem Fußball-Pokalgewinn überwiegen die Gemeinsamkeiten.

Auf der Suche nach Glück und neuen Erkenntnissen kommt die Droge DMT ins Spiel, die als eine der härtesten psychedelischen Drogen der Welt gilt. Da tauchen Lego-Gnome und Acid-House-Gartenzwerge vor den Augen auf und werden höhere Mächte erfahrbar. Klingt sehr irre - und ist extrem plastisch beschrieben. Haben Sie das Zeug mal ausprobiert?

Natürlich.

Sie haben all diese seltsamen Wesen und Dinge gesehen, die im Buch beschrieben und zusätzlich als Comiczeichnungen dargestellt werden?

Ja, so war das in etwa.

Wie hat diese Erfahrung Ihr Leben verändert?

Davor war ich ein Atheist und mir nicht sicher, ob es nach unserer physischen Existenz noch etwas anderes geben kann. Das hat sich dadurch geändert. Ich kann das nur empfehlen, jeder sollte das mal probieren!

Ist "Die Hosen der Toten" wirklich das Ende der Trainspotting-Saga?

Ich glaube schon, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass sich die Charaktere in der Konstellation wieder treffen. Es kann aber durchaus sein, dass einzelne Figuren noch einmal auftauchen.

Interview Rainer Schmidt

Irvine Welsh: "Die Hosen der Toten". Aus dem Englischen von Stephan Glietsch, Heyne Hardcore, 480 Seiten, 22 Euro

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