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Die westliche Moderne kennzeichnet bis heute ein langer, widersprüchlicher Prozess um die Statuierung der Menschenrechte. Es waren die schrecklichen Erfahrungen mit den Totalitarismen des letzten Jahrhunderts, die schließlich den Diskurs darüber in eine weitest gefasste, abstrakte »Erklärung« goss. Abgeleitet allein aus seinem elementaren, nackten Menschsein sollte die Würde des Einzelnen durch Rechte mit unbedingtem, universellem Geltungsanspruch garantiert werden. Diese verabsolutierende Sakralisierung der Menschenrechte forcierte zum einen die zunehmende Verdrängung des Politischen durch…mehr

Produktbeschreibung
Die westliche Moderne kennzeichnet bis heute ein langer, widersprüchlicher Prozess um die Statuierung der Menschenrechte. Es waren die schrecklichen Erfahrungen mit den Totalitarismen des letzten Jahrhunderts, die schließlich den Diskurs darüber in eine weitest gefasste, abstrakte »Erklärung« goss. Abgeleitet allein aus seinem elementaren, nackten Menschsein sollte die Würde des Einzelnen durch Rechte mit unbedingtem, universellem Geltungsanspruch garantiert werden. Diese verabsolutierende Sakralisierung der Menschenrechte forcierte zum einen die zunehmende Verdrängung des Politischen durch eine sich universell verstehende Moral in den westlichen Gesellschaften, was - wie sich heute gut sehen lässt - zu einem im tiefer gehenden Konflikt zwischen dem Einzelnen und dem Staat, der Gemeinschaft als ethischem, kulturellem Gebilde, führte. Zum anderen verschärfte sie, nach außen getragen, als eine neue Form imperialistischen Anspruchs den ideologischen Konflikt zwischen den Kulturen. Wobei der Westen, der auf der gleichzeitigen Entwicklung von Wissenschaft und Kapitalismus gründet, sich stets auf sein ausgeprägtes liberales Demokratieverständnis beruft und vor allem globale Ökonomisierung meint. Letztlich zielen beide Ausrichtungen mit der Ideologisierung der Menschenrechte auf ein supranationales Konstrukt als eine Art »Welteinheitsstaat« ab. Der Philosoph Rudolf Brandner hat in einem ersten großen Abschnitt seines souverän vorgetragenen Essays die Widersprüche des Menschenrechtsdiskurses in all ihren geschichtlichen und kulturellen Verästelungen großräumig dargelegt. In einem zweiten Teil geht er stets anschaulich auf die ethischen, rechtlichen und politischen Implikationen ein. Der ethische Gehalt der Menschenrechte wird dabei nie in Frage gestellt - sehr wohl aber wird ihre ideologische Rechtfertigung, die tiefe Einsichten in die geschichtliche Verfasstheit moderner Gesellschaften und ihres Freiheitsverständnisses gewährt, scharf in den Blick genommen.
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Autorenporträt
RUDOLF BRANDNER (Jg. 1955), Philosoph. Studium der Philosophie, Psychologie und Indologie in Freiburg, Paris-Sorbonne und Heidelberg. Promotion (1988) zur Grundlegung wesenslogischen Seinsverständnisses (Aristoteles), Habilitationsarbeit (1993) zur Geschichtlichkeit menschlichen Seinsverständnisses (Heidegger). 1985 - 1999 neben umfassender Lehrtätigkeit im deutschsprachigen Bereich zahlreiche Gastpro¬fessuren in Frankreich, Italien und Indien. Seit 2000 Rückzug von aller akademischen Lehrtätigkeit in die philosophische Grundlagenforschung. Einige Hauptveröffentlichungen: "Untersuchungen zu Grundlegung und Ausbildung menschlichen Weltverhältnisses" (2 Bde.): Band I: "Was ist Religion?" (Würzburg 2002); Band II: "Aletheia und Moksha. Zur Differenz griechischen und indischen Denkens" (Würzburg 2004); "Ereignis 'Mensch'. Die Phänomenologie des Menschseins" (Würzburg 2014).