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Egotrip, Zwangsindividualismus, Einzelkämpferdasein... Gefangen in der Falle der Individualität, so beschreibt 'man' sich, so lebt und erlebt 'man' heute. Lebensformen, die en vogue sind, aber ausgedient haben, weil man sich aufreibt, nicht vorwärtskommt, von einem Ziel zum nächsten hetzt. Und der Weg aus dieser Sackgasse? Nicht die eigenen Ideen verkümmern lassen oder verabschieden. Gleichgesinnte und Hochmotivierte suchen. "Krevtive Felder" bilden, gemeinsam etwas ganz anderes wagen - gerade in Bereichen, in denen sich angeblich nichts mehr ändert wie Schulen, Hochschulen, soziale…mehr

Produktbeschreibung
Egotrip, Zwangsindividualismus, Einzelkämpferdasein... Gefangen in der Falle der Individualität, so beschreibt 'man' sich, so lebt und erlebt 'man' heute. Lebensformen, die en vogue sind, aber ausgedient haben, weil man sich aufreibt, nicht vorwärtskommt, von einem Ziel zum nächsten hetzt. Und der Weg aus dieser Sackgasse? Nicht die eigenen Ideen verkümmern lassen oder verabschieden. Gleichgesinnte und Hochmotivierte suchen. "Krevtive Felder" bilden, gemeinsam etwas ganz anderes wagen - gerade in Bereichen, in denen sich angeblich nichts mehr ändert wie Schulen, Hochschulen, soziale Einrichtungen... Es gibt schlagende Beispiele, daß dies gelingen kann: Die Comedian Harmonists, John Lennon und Paul Mc Cartney bildeten Gruppen, die sich gegenseitig förderten und zu Hochleistungen herausforderten. Sie begleiteten einander kompetent, kritisch und konstruktiv. Ihr Lebensweg zeigt, daß sich alle Fähigkeiten eines Menschen erst entfalten müssen, dann aber seine Umgebung verändern können.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.08.1999

Die Kinder haben so unrecht nicht
Wer eine schöne Stimme hat, muß Zuspruch hören: Olaf-Axel Burow und John Selby lehren Kreativität durch Gruppenarbeit

Was der Mensch in seinem Leben erreichen möchte, sind herausragende Ergebnisse. Egotrip, Zwangsindividualisierung oder Einzelkämpferdasein sind verbreitete Begleiterscheinungen beim Streben nach Spitzenleistungen. Da erleidet mancher seinen Zusammenbruch vor dem Durchbruch, erlebt ein Fiasko statt Fortune. Olaf-Axel Burow zeigt einen anderen Weg zum Erfolg, den jeder beschreiten kann. Sein Leitbild ist der Erfolg der Comedian Harmonists, einer Gruppe von guten, aber nicht herausragenden Musikern, die sich erst in ihrem gemeinsamen Wirken zu einem legendären Ensemble steigern konnten.

Kreative sind nach der Definition Burows Menschen, die frühzeitig ihre Berufung erkennen, diese formulieren und ihr auch gegen große Widerstände folgen. "Laß sie nur bellen und knurren. Das war im Mittelalter genauso." Die phantasielosen Einreden prosaischer Geschöpfe prallen am Panzer ihres Selbstbewußtseins ab. Und durch diese ritterliche Standfestigkeit gelingt es ihnen, ein Feld von Unterstützern um sich zu scharen. Erst in diesem "Kreativen Feld" gelingen die großen Durchbrüche, die anderen versagt bleiben. In einer Welt, die keine eindeutigen, verbindlichen Maßstäbe mehr bieten kann, findet nur derjenige Sicherheit, der seiner inneren Stimme, seiner Berufung folgt. Angesichts des ständig wachsenden Wissens und immer komplexer werdender Aufgaben ist der Einzelne auf die Unterstützung und die Fähigkeiten anderer angewiesen.

Gemeinsam ist den Kreativen, dass sie zeitlebens über Zugang zu ihren frühen Kindheitserlebnissen verfügten und sich eine gewisse Kindlichkeit bewahrt haben. Alle scheinen eine ungefähr zehnjährige "Einarbeitungszeit" zu brauchen, bis sie in der Lage sind, kreative Durchbrüche zu erzielen. Während Genies wie Einstein, Gandhi oder Picasso für das Erreichen ihrer Ziele bedenkenlos soziale Beziehungen opferten, können vergleichsweise durchschnittlich begabte Individuen, die sich zu einem "Kreativen Feld" zusammenschließen, ebenfalls überragende kreative Leistungen vollbringen, und zwar gerade dadurch, daß sie soziale Beziehungen aufbauen.

Nur wer seine Berufung kennt und sie glaubwürdig lebt, lehrt Burow, wird andere Menschen anziehen, die ebenfalls auf der Suche nach Selbstähnlichkeit sind. Die eigene Vision soll zum Anziehungspunkt im gesellschaftlichen Feld werden und sich dann, wenn man seine Jünger um sich geschart hat, als selbsterfüllende Prophezeiung bewähren. Denn nun werden die gewonnenen Mitstreiter ihrerseits den Feldherrn bei der Umsetzung der Vision bestärken.

Wer das Feld abmisst, muss die Fähigkeit haben, anderen Menschen genügend Raum für deren persönliche Entfaltung zu lassen. Das Zulassen von Eigensinn wird zur Voraussetzung von Gemeinsinn. Kindliche Neugier und die Fähigkeit zum Staunen werden Burow zufolge vom Bildungssystem unterdrückt. Die Schule messe den Lernerfolg hauptsächlich an der korrekten Beantwortung von Fragen, deren Antwort man im Lösungsheft nachschlagen kann. Der Schüler lernt somit nur solche Aufgaben zu lösen, deren Lösung bereits existiert. Er wird damit zum berechenbaren Staatsbürger erzogen. Das ist es ja: In der Schule wird jede Phantasie abgetötet.

Schon Maria Montessori hat herausgefunden, dass es beim kindlichen Spielen und Lernen das Phänomen des völlig selbstvergessenen Aufgehens im Gegenstand der Tätigkeit gibt. Aber es muß heute ja englisch sein, weshalb Burow lieber vom "Lernen im Flow" spricht. Dieser Zustand einer geradezu mystischen Entrückung soll gekennzeichnet sein durch klar definierte Ziele in jeder Phase des Prozesses, unmittelbares Feedback für das eigene Handeln, Gleichgewicht zwischen Aufgaben und Fähigkeiten, Einheit von Handeln und Bewusstheit, Ausschluss von Ablenkungen, Fehlen von Versagensängsten, Selbstvergessenheit, Aufhebung des Zeitgefühls und dadurch, dass die Aktivität autotelisch wird. Das hört sich an, als ob es großen Spaß macht.

Wir können also sofort beginnen, unsere Berufung zu finden, authentisch zu leben und die Personen um uns zu versammeln, mit denen wir endlich unsere ungenutzten kreativen Potentiale freisetzen können. Wie wir allerdings mit den Menschen umgehen sollen, mit denen wir bereits in Beruf, Familie oder Freizeit zu tun haben und ob wir mit diesen überhaupt unsere Potentiale entwickeln können, wird uns Burow erst im zweiten Teil seiner Ausführungen mitteilen.

Wer nicht bis zum Erscheinen von Burows zweitem Band warten will, um endlich in den Zustand des Flow zu gelangen, findet einige Anregungen in John Selbys Werk über spirituelle Techniken am Arbeitsplatz. Selby ist Psychologe, Unternehmensberater und steht dem Zen-Buddhismus nahe. Für ihn ist Spiritualität die Aufmerksamkeit für die "unendliche, allmächtige, allwissende, bedingungslos liebende, höchste Intelligenz des Universums", jenseits sämtlicher abergläubischer Vorstellungen. Sich am Arbeitsplatz für spirituelle Eingebungen zu öffnen, um seinen vollen persönlichen menschlichen Anteil an einer universellen kreativen Macht zu empfangen, das ist es, was er uns vermitteln will.

In meditativen Übungen wird das Denken beruhigt, das Loslassen von Sorgen und Ängsten geübt und der Zugang zur spirituellen Dimension gesucht. Die Übungen beschäftigen sich mit dem bewußten Atmen, der Konzentration auf den eigenen Herzschlag und mit der Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum. Schließlich soll sich der Meditierende seines "spirituellen Herzens" bewußt werden und mit dem Herzen wahrnehmen, wie Saint-Exupérys "Kleiner Prinz".

Der Rezensent hat die Anweisungen Selbys beherzigt und musste feststellen, dass er damit tatsächlich Zugang zu etwas wie einer intuitiven Ebene erlangen konnte. Was Selby jedoch nicht hinreichend deutlich macht, ist, dass man von den vielen kleinen Ärgernissen des Alltags schnell wieder von der intuitiven Ebene auf den Boden der schnöden materiellen Existenz heruntergeholt wird. Man braucht sehr viel Beharrungsvermögen, um im Zustand spiritueller Aufnahmebereitschaft zu verbleiben. Dabei scheint dies durchaus lohnend, denn jede Kommunikation, die mit dem offenen spirituellen Herzen geführt wird, ist erfreulich. Kann der offene Zustand nicht erhalten werden, stellt sich ein Gefühl des Bedauerns ein.

Was immer man von solchen Übungen zur spirituellen Öffnung halten mag, deutlich wird auf jeden Fall, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, in welcher Atmosphäre der Umgang mit seinen Mitmenschen stattfindet. Die Fähigkeit, ein angenehmes Klima - durch Atemtechnik oder was auch immer - schaffen zu können, entscheidet darüber, ob es uns gelingt, Sympathisanten für unsere Anliegen zu finden.

HARTMUT HÄNSEL

Olaf-Axel Burow: "Die Individualisierungsfalle". Kreativität gibt es nur im Plural. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1999. 163 S., 7 Abb., geb., 32,- DM.

John Selby: "Arbeiten ohne auszubrennen". Spirituelle Techniken für den Berufsalltag. Aus dem Amerikanischen von Karin Petersen. Kösel-Verlag, München 1999. 304 S., geb., 39,90 DM.

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