Mit Die Innenwelt des Denkens, das nun erstmals in deutscher Übersetzung vorliegt, findet das große kultursemiotische Werk von Jurij M. Lotman Abschluß und Höhepunkt zugleich. Insbesondere sein berühmtes semiotisches Raummodell, aber auch seine Überlegungen zu Text und Bedeutung, zur Dynamik kultureller Entwicklungen, zu Zufall und Ereignis sowie zum kulturellen Gedächtnis verdichten sich in diesem essayistisch geschriebenen Buch zu einer universellen Theorie der Kultur. Sie wirft ein neues Licht auf die Funktionsweisen der menschlichen Gesellschaft und erscheint im Kontext der aktuellen kulturtheoretischen Debatten geradezu visionär.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.06.2010Struktur der Explosion
Das Konstanzer Exzellenzcluster "Kulturelle Grundlagen von Integration" hat die Übersetzung zweier Werke des russischen Literaturforschers Jurij M. Lotman finanziert, der von 1922 bis 1992 lebte. Sinnvoller dürften geisteswissenschaftliche Drittmittel selten eingesetzt worden sein. Lotman, von dem auf Deutsch Bücher über den russischen Adel, über die Ästhetik des Kinos sowie sein Klassiker über "Die Struktur literarischer Texte" vorliegen, ist ein unerschöpflicher Quell an Ideen und Beobachtungen. In "Kultur und Explosion", seinem letzten Werk, handelt er davon, wie in Texten, Traditionen und Kulturen sich Unvorhergesehenes ereignet. Da folgen Kapitel über den Narren und den Wahnsinnigen in der Literatur auf solche über die Fähigkeit von Kindern, den Dingen Eigennamen zu geben, geht es vom Eindringen des Französischen in die russische Sprache des 18. Jahrhunderts über Frauen, die auf der Bühne Männerkleider tragen, und die Figur des "Textes im Text", bis zur Kinosprache Charlie Chaplins. In jedem dieser kleinen Abschnitte steckt Stoff für ein ganzes Seminar. "Die Innenwelt des Denkens" wiederum versammelt so gut wie alle ästhetischen Fragestellungen, die man überhaupt haben kann, zu einem Entwurf philosophischer Kulturforschung. (Jurij M. Lotman: "Die Innenwelt des Denkens" und "Kultur und Explosion", Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, 416 und 259 S., kt., 15,- und 13,- [Euro].) kau
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Konstanzer Exzellenzcluster "Kulturelle Grundlagen von Integration" hat die Übersetzung zweier Werke des russischen Literaturforschers Jurij M. Lotman finanziert, der von 1922 bis 1992 lebte. Sinnvoller dürften geisteswissenschaftliche Drittmittel selten eingesetzt worden sein. Lotman, von dem auf Deutsch Bücher über den russischen Adel, über die Ästhetik des Kinos sowie sein Klassiker über "Die Struktur literarischer Texte" vorliegen, ist ein unerschöpflicher Quell an Ideen und Beobachtungen. In "Kultur und Explosion", seinem letzten Werk, handelt er davon, wie in Texten, Traditionen und Kulturen sich Unvorhergesehenes ereignet. Da folgen Kapitel über den Narren und den Wahnsinnigen in der Literatur auf solche über die Fähigkeit von Kindern, den Dingen Eigennamen zu geben, geht es vom Eindringen des Französischen in die russische Sprache des 18. Jahrhunderts über Frauen, die auf der Bühne Männerkleider tragen, und die Figur des "Textes im Text", bis zur Kinosprache Charlie Chaplins. In jedem dieser kleinen Abschnitte steckt Stoff für ein ganzes Seminar. "Die Innenwelt des Denkens" wiederum versammelt so gut wie alle ästhetischen Fragestellungen, die man überhaupt haben kann, zu einem Entwurf philosophischer Kulturforschung. (Jurij M. Lotman: "Die Innenwelt des Denkens" und "Kultur und Explosion", Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, 416 und 259 S., kt., 15,- und 13,- [Euro].) kau
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»Lotman ... ist ein unerschöpflicher Quell an Ideen und Beobachtungen.« Frankfurter Allgemeine Zeitung 20100614