"Ich bin wieder angekommen in meinem Sommerdomizil. Die herrenlose Katze hat sich zum Fressen eingefunden, die Palmen sind um einen unsichtbaren Zentimeter gewachsen, da sind die Bücher wieder, die ich vergessen habe, und ich nehme Platz gegenüber der weiß verputzten Natursteinmauer, die mich schon seit fast zwanzig Jahren mit ihrer Leere erregt."
Jedes Jahr im Juli landet Cees Nooteboom auf seiner Insel Menorca und bringt von dort und anderen Teilen Spaniens Geschichten mit, denen wir in seinen Romanen, seinen Feuilletons, Reportagen und Gedichten wiederbegegnen. In "Die Insel, das Land" erzählt der große Autor von Don Miguel, dem 87 Jahre alten Postboten, von einem Mädchen namens "Schnee" und einem anderen, das "Liebe" heißt, von Blumen, der Sonne und dem Meer, erinnert sich an die unvergeßliche Stimme einer spanischen Nachrichtensprecherin, thematisiert aber auch Gefahren, die dem Lande drohen: von Fanatikern und unfähigen Politikern, vom Tourismus, der die Küsten zerstört, und v on sozialen Veränderungen, die das Gleichgewicht der Gesellschaft Spaniens gefährden. Nooteboom schildert uns ein Land, in dem "die Zeit aus Sand" ist und dessen Menschen er mit Zuneigung betrachtet, wissend, daß er nur ein Passant ist, einer aber, der von sich sagen kann: "Ich liebe Spanien."
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Jedes Jahr im Juli landet Cees Nooteboom auf seiner Insel Menorca und bringt von dort und anderen Teilen Spaniens Geschichten mit, denen wir in seinen Romanen, seinen Feuilletons, Reportagen und Gedichten wiederbegegnen. In "Die Insel, das Land" erzählt der große Autor von Don Miguel, dem 87 Jahre alten Postboten, von einem Mädchen namens "Schnee" und einem anderen, das "Liebe" heißt, von Blumen, der Sonne und dem Meer, erinnert sich an die unvergeßliche Stimme einer spanischen Nachrichtensprecherin, thematisiert aber auch Gefahren, die dem Lande drohen: von Fanatikern und unfähigen Politikern, vom Tourismus, der die Küsten zerstört, und v on sozialen Veränderungen, die das Gleichgewicht der Gesellschaft Spaniens gefährden. Nooteboom schildert uns ein Land, in dem "die Zeit aus Sand" ist und dessen Menschen er mit Zuneigung betrachtet, wissend, daß er nur ein Passant ist, einer aber, der von sich sagen kann: "Ich liebe Spanien."
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.2003Die Botschaft des Postboten
Wo die Hirten Schilfrohr tragen: Cees Nooteboom bereist Spanien
"Der Umweg nach Santiago", eine Reise in die weite Landschaft, die lange Geschichte und die hektische Gegenwart Spaniens, war, 1992 in Deutschland erschienen, zu einem der größten Erfolge des niederländischen Erzählers und Lyrikers Cees Nooteboom geworden. Zehn Jahre später ist jetzt wieder ein - allerdings kleineres - Spanien-Buch von Nooteboom mit essayistischen Impressionen und einem langen journalistischen Bericht - eine Bestandsaufnahme, Gott sei Dank ohne Statistiken und Ziffern - über die vergangenen fünfundzwanzig Jahre in deutscher Übersetzung erschienen. "Die Insel, das Land" heißt das Bändchen. Die Insel: das ist Menorca, eine der Balearen, wo Nooteboom seit vielen Jahren ein Haus in einem Bauerndorf hat; das Land ist Spanien.
Mit Spanien, seiner Literatur und Kunst, seiner Geschichte und seiner Politik innerhalb Europas hat sich Nooteboom fast so viel beschäftigt wie mit Deutschland. In beiden Ländern hat er lange gelebt. Nach seinem Wohnsitz befragt, pflegt er zu sagen, Amsterdam, Berlin und Menorca. Auf die Insel Menorca kommt Nooteboom nach neun Monaten Abwesenheit zurück. Auf der Insel, wo ihn wie jedes Jahr als erste die herrenlose Katze begrüßt, meditiert er über die Lebensweisheiten seiner bäuerlichen Nachbarn, die Menorca nie im Leben verlassen haben, über den menschlichen Körper als Szenario, über noch mit Dreschflegeln arbeitende Bauern in Galicien, die Namen der Fische und Blumen in verschiedenen Sprachen und die Schwierigkeiten, beim Kampf gegen einen brutalen Terrorismus die Grundrechte des demokratischen Staates zu beachten.
Angeregt zum Nachdenken und den daraus sich ergebenden präzisen Aphorismen gleichkommenden Formulierungen wird Nooteboom von beiläufig wirkenden Äußerungen der so wortkargen Menschen seines Dorfes, wie dem fast neunzigjährigen, im Buch abgebildeten Postboten Miguel, von den nordspanischen Hirten in Mänteln aus geflochtenem Schilf und, vor allem, von der aufmerksamen Lektüre der spanischen Zeitungen.
Aus manchen eher unscheinbaren Zeitungsmeldungen und veröffentlichten Fotos interpretiert der niederländische Schriftsteller die schnelle kulturelle und politische Entwicklung des Landes in den vergangenen Jahrzehnten. Eine "saftige Ohrfeige" wünscht er seinem erfolgreichen und angesehenen spanischen Kollegen Juan Marsé, als er dessen herablassend machistisches und sexistisches Porträt der Tennisspielerin Martina Navratilova in der Madrider Zeitung "El País" liest. Der letzte und längste, im Frühjahr 2001 seinerseits für "El País" geschriebene Beitrag "Der grenzenlose Kontinent" ist eine einfühlsame Reportage, in der Nooteboom die ihm gestellte Frage, was sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren in Spanien geändert habe, beantwortet.
Cees Nooteboom hat lange genug als politischer Journalist und Korrespondent für niederländische Medien gearbeitet, sich seit vielen Jahren mit Spanien beschäftigt, dabei viel Wissen angehäuft; so entgeht er den häufigen Irrtümern in großangelegten politischen Reportagen mancher Schriftsteller. Er weiß die Gesprächspartner, auch die zufälligen, richtig einzuordnen. Die Besuche romanischer Nonnenklöster und mittelalterlicher Städtchen wirken keineswegs fremd zwischen den - vorwiegend positiven - Bewertungen der Politiker der spanischen Transition wie Suárez, González, Carrillo oder Fraga.
Die Irrtümer und Fehler des Bändchens finden sich vor allem in den Anmerkungen, für die weniger der Autor als der Lektor oder die Übersetzerin verantwortlich sein mögen. Die erprobte Übersetzerin Helga van Beuningen kennt sich anscheinend in spanischen Dingen nicht aus. Auf ihr Konto jedenfalls geht wohl die Verwechslung von Schwert und Degen beim Stierkampf. Daß der Torero den Stier mit dem Schwert tötet, ist eine geradezu barbarische Vorstellung. Über dem abgebildeten, sich verweigernden Stierkämpfer steht: "Curro Romano heißt der Mann." Eben nicht: Curro Romero heißt er, wie jeder in Spanien weiß. Falsch geschrieben ist die hochadlige Familie der Alba, falsch - in den Anmerkungen - sind die Artikel bei fast allen Namen der spanischen Parteien ("Partido" ist männlich). Überflüssig, ebenfalls in den Fußnoten, die Mutternamen der spanischen Politiker (Solares bei Carrillo, González bei Suárez). Die Fußnote über Frau Pujol, mit einigen, wenn auch keineswegs den wichtigsten Anmerkungen über ihren Mann, den langjährigen Ministerpräsidenten von Katalonien, erklärt nicht, worin ihr von Nooteboom erwähnter tiefer Fall besteht: nämlich in einer herabsetzenden Bemerkung über die von woanders nach Katalonien gekommenen Menschen. Für Katalonien steht in der Erklärung der Abkürzung einer Partei ein falsches Wort: Catalunya, nicht Catalonja, muß es heißen. Ein wenig mehr Sorgfalt hätte man diesem berühmten Autor, dessen Gesamtwerk bei Suhrkamp erscheint, doch wohl zukommen lassen können.
WALTER HAUBRICH.
Cees Nooteboom: "Die Insel, das Land". Geschichten über Spanien. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 120 S., geb., 16,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wo die Hirten Schilfrohr tragen: Cees Nooteboom bereist Spanien
"Der Umweg nach Santiago", eine Reise in die weite Landschaft, die lange Geschichte und die hektische Gegenwart Spaniens, war, 1992 in Deutschland erschienen, zu einem der größten Erfolge des niederländischen Erzählers und Lyrikers Cees Nooteboom geworden. Zehn Jahre später ist jetzt wieder ein - allerdings kleineres - Spanien-Buch von Nooteboom mit essayistischen Impressionen und einem langen journalistischen Bericht - eine Bestandsaufnahme, Gott sei Dank ohne Statistiken und Ziffern - über die vergangenen fünfundzwanzig Jahre in deutscher Übersetzung erschienen. "Die Insel, das Land" heißt das Bändchen. Die Insel: das ist Menorca, eine der Balearen, wo Nooteboom seit vielen Jahren ein Haus in einem Bauerndorf hat; das Land ist Spanien.
Mit Spanien, seiner Literatur und Kunst, seiner Geschichte und seiner Politik innerhalb Europas hat sich Nooteboom fast so viel beschäftigt wie mit Deutschland. In beiden Ländern hat er lange gelebt. Nach seinem Wohnsitz befragt, pflegt er zu sagen, Amsterdam, Berlin und Menorca. Auf die Insel Menorca kommt Nooteboom nach neun Monaten Abwesenheit zurück. Auf der Insel, wo ihn wie jedes Jahr als erste die herrenlose Katze begrüßt, meditiert er über die Lebensweisheiten seiner bäuerlichen Nachbarn, die Menorca nie im Leben verlassen haben, über den menschlichen Körper als Szenario, über noch mit Dreschflegeln arbeitende Bauern in Galicien, die Namen der Fische und Blumen in verschiedenen Sprachen und die Schwierigkeiten, beim Kampf gegen einen brutalen Terrorismus die Grundrechte des demokratischen Staates zu beachten.
Angeregt zum Nachdenken und den daraus sich ergebenden präzisen Aphorismen gleichkommenden Formulierungen wird Nooteboom von beiläufig wirkenden Äußerungen der so wortkargen Menschen seines Dorfes, wie dem fast neunzigjährigen, im Buch abgebildeten Postboten Miguel, von den nordspanischen Hirten in Mänteln aus geflochtenem Schilf und, vor allem, von der aufmerksamen Lektüre der spanischen Zeitungen.
Aus manchen eher unscheinbaren Zeitungsmeldungen und veröffentlichten Fotos interpretiert der niederländische Schriftsteller die schnelle kulturelle und politische Entwicklung des Landes in den vergangenen Jahrzehnten. Eine "saftige Ohrfeige" wünscht er seinem erfolgreichen und angesehenen spanischen Kollegen Juan Marsé, als er dessen herablassend machistisches und sexistisches Porträt der Tennisspielerin Martina Navratilova in der Madrider Zeitung "El País" liest. Der letzte und längste, im Frühjahr 2001 seinerseits für "El País" geschriebene Beitrag "Der grenzenlose Kontinent" ist eine einfühlsame Reportage, in der Nooteboom die ihm gestellte Frage, was sich in den letzten fünfundzwanzig Jahren in Spanien geändert habe, beantwortet.
Cees Nooteboom hat lange genug als politischer Journalist und Korrespondent für niederländische Medien gearbeitet, sich seit vielen Jahren mit Spanien beschäftigt, dabei viel Wissen angehäuft; so entgeht er den häufigen Irrtümern in großangelegten politischen Reportagen mancher Schriftsteller. Er weiß die Gesprächspartner, auch die zufälligen, richtig einzuordnen. Die Besuche romanischer Nonnenklöster und mittelalterlicher Städtchen wirken keineswegs fremd zwischen den - vorwiegend positiven - Bewertungen der Politiker der spanischen Transition wie Suárez, González, Carrillo oder Fraga.
Die Irrtümer und Fehler des Bändchens finden sich vor allem in den Anmerkungen, für die weniger der Autor als der Lektor oder die Übersetzerin verantwortlich sein mögen. Die erprobte Übersetzerin Helga van Beuningen kennt sich anscheinend in spanischen Dingen nicht aus. Auf ihr Konto jedenfalls geht wohl die Verwechslung von Schwert und Degen beim Stierkampf. Daß der Torero den Stier mit dem Schwert tötet, ist eine geradezu barbarische Vorstellung. Über dem abgebildeten, sich verweigernden Stierkämpfer steht: "Curro Romano heißt der Mann." Eben nicht: Curro Romero heißt er, wie jeder in Spanien weiß. Falsch geschrieben ist die hochadlige Familie der Alba, falsch - in den Anmerkungen - sind die Artikel bei fast allen Namen der spanischen Parteien ("Partido" ist männlich). Überflüssig, ebenfalls in den Fußnoten, die Mutternamen der spanischen Politiker (Solares bei Carrillo, González bei Suárez). Die Fußnote über Frau Pujol, mit einigen, wenn auch keineswegs den wichtigsten Anmerkungen über ihren Mann, den langjährigen Ministerpräsidenten von Katalonien, erklärt nicht, worin ihr von Nooteboom erwähnter tiefer Fall besteht: nämlich in einer herabsetzenden Bemerkung über die von woanders nach Katalonien gekommenen Menschen. Für Katalonien steht in der Erklärung der Abkürzung einer Partei ein falsches Wort: Catalunya, nicht Catalonja, muß es heißen. Ein wenig mehr Sorgfalt hätte man diesem berühmten Autor, dessen Gesamtwerk bei Suhrkamp erscheint, doch wohl zukommen lassen können.
WALTER HAUBRICH.
Cees Nooteboom: "Die Insel, das Land". Geschichten über Spanien. Aus dem Niederländischen von Helga van Beuningen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 120 S., geb., 16,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Cees Noteboom kennt sich gut aus in und mit Spanien, weiß Walter Haubrich, da der Autor dort ein Haus besitze und auch längere Zeit dort gelebt habe: auf Menorca, womit auch die Insel aus dem Titel näher bezeichnet wäre. Der Band enthält laut Haubrich kleinere essayistische Impressionen, die sich aus der Lektüre spanischer Tageszeitungen, Beobachtung seiner menorquinisch-bäuerlichen Umgebung, Landes-, Geschichts- und Sprachbetrachtungen zusammensetzen. Noteboom ist ein genauer Beobachter und ein guter Kenner des Landes, lobt Haubrich, der auch den politischen Werdegang des Landes und seiner Politiker fundiert kommentieren könne. Noteboom arbeitet eben auch als Journalist - der längste Beitrag des Bandes ist eine Reportage für El Pais, worin Noteboom die Veränderungen in Spanien in den vergangenen 25 Jahren beschreibt. Leider haben sich in den Anmerkungen viele Fehler eingeschlichen, bedauert Haubrich, der sie eher dem Lektorat als der bewährten Übersetzerin zuschreibt, die sich offensichtlich mit Spanien weniger gut auskennt als mit dem Holländischen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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