»Erhellend, großartig geschrieben, ein Buch, das uns hilft, das Verhältnis zwischen islamischer Welt und Moderne zu verstehen.«
Yuval Noah Harari, Autor von »Eine kurze Geschichte der Menschheit«
Die islamische Aufklärung hat längst stattgefunden. In einer fulminanten Erzählung demontiert Christopher de Bellaigue die oft selbstgefällige westliche Sicht auf die arabische Welt. Auch in Ägypten, im Iran und der Türkei gab es nach 1800 eine breite Bewegung für Freiheit, Gleichheit und Demokratie und für einen weltlichen Staat, für Frauenrechte und Gewerkschaften, freie Presse und die Abschaffung der Sklaverei. In atemberaubender Geschwindigkeit modernisierten sich die arabischen Gesellschaften. Doch die Gegenaufklärung folgte auf dem Fuß, mit autokratischen Regimen und fundamentalistischem Terror. De Bellaigue schildert den Kampf zwischen Glaube und Vernunft und um eine neue muslimische Identität. Eine reiche, überraschende Geschichte, eine radikal neue Sicht auf den modernen Islam.
»Eine ausgesprochen originelle und informative Studie über die Zusammenstöße zwischen dem Islam und der Moderne in Istanbul, Kairo und Teheran während der letzten zweihundert Jahre.« Orhan Pamuk
»Christopher de Bellaigue gehört seit Langem schon zu den einfallsreichsten und anregendsten Interpreten einiger von Angst und Vorurteil verstellter Realitäten. In 'Die islamische Aufklärung' seziert er den selbstgefälligen Gegensatz zwischen Islam und Moderne und enthüllt dabei eine faszinierende Welt: eine Welt, in der Menschen sich unter dem Druck der Geschichte ständig verändern, improvisieren und sich anpassen. Es ist genau das richtige Buch für unsere in Unordnung geratene Welt: aktuell und erhellend.«
Pankaj Mishra
»Zur rechten Zeit, tiefsinnig und provokativ.«
Peter Frankopan
Yuval Noah Harari, Autor von »Eine kurze Geschichte der Menschheit«
Die islamische Aufklärung hat längst stattgefunden. In einer fulminanten Erzählung demontiert Christopher de Bellaigue die oft selbstgefällige westliche Sicht auf die arabische Welt. Auch in Ägypten, im Iran und der Türkei gab es nach 1800 eine breite Bewegung für Freiheit, Gleichheit und Demokratie und für einen weltlichen Staat, für Frauenrechte und Gewerkschaften, freie Presse und die Abschaffung der Sklaverei. In atemberaubender Geschwindigkeit modernisierten sich die arabischen Gesellschaften. Doch die Gegenaufklärung folgte auf dem Fuß, mit autokratischen Regimen und fundamentalistischem Terror. De Bellaigue schildert den Kampf zwischen Glaube und Vernunft und um eine neue muslimische Identität. Eine reiche, überraschende Geschichte, eine radikal neue Sicht auf den modernen Islam.
»Eine ausgesprochen originelle und informative Studie über die Zusammenstöße zwischen dem Islam und der Moderne in Istanbul, Kairo und Teheran während der letzten zweihundert Jahre.« Orhan Pamuk
»Christopher de Bellaigue gehört seit Langem schon zu den einfallsreichsten und anregendsten Interpreten einiger von Angst und Vorurteil verstellter Realitäten. In 'Die islamische Aufklärung' seziert er den selbstgefälligen Gegensatz zwischen Islam und Moderne und enthüllt dabei eine faszinierende Welt: eine Welt, in der Menschen sich unter dem Druck der Geschichte ständig verändern, improvisieren und sich anpassen. Es ist genau das richtige Buch für unsere in Unordnung geratene Welt: aktuell und erhellend.«
Pankaj Mishra
»Zur rechten Zeit, tiefsinnig und provokativ.«
Peter Frankopan
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2018Der Koran wusste nichts vom Telegraphen
Christopher de Bellaigue korrigiert einige westliche Einschätzungen der arabischen Welt
In seinem neuen Buch erzählt Christopher de Bellaigue die Geschichte der enormen Modernisierungsleistungen und -rückschläge, die der Nahe und Mittlere Osten seit seiner Einbindung in die von europäischen Großmächten beherrschte Welt um die Wende zum neunzehnten Jahrhundert erlebt hat. Er tut es anhand ausgewählter Repräsentanten der Eliten Ägyptens, Irans und des spätosmanischen Reiches sowie der aus ihm entwachsenen Türkei. Im Zentrum seiner Darstellung stehen die drei Metropolen Istanbul, Kairo und Teheran, in denen seit dem letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts in zunächst unterschiedlichem Tempo nach europäischem, später auch amerikanischem Vorbild militärische, technische, natur- und geisteswissenschaftliche Bildungsinstitutionen geschaffen und Projekte der Urbanisierung und Industrialisierung wie auch der Liberalisierung und Demokratisierung entworfen und teils auch verwirklicht wurden.
Sinnbildhaft für die Verdichtung von Neuerungen ist für de Bellaigue die fast gleichzeitige Einführung des 1844 perfektionierten Schreibtelegraphen mit der bereits vier Jahrhunderte zuvor erfundenen Typendrucktechnik (vorangegangene Etablierungsversuche waren nur von kurzer Dauer gewesen). Je nach politischem und gesellschaftlichem Umfeld wurden fortschrittliche Ideen oft mittels islamischer Konzepte zum Ausdruck gebracht oder auch durch neue religiöse Ausdifferenzierungen. So kennzeichnet der Autor die für Frauenrechte und soziale Gleichheit werbende Babi-Bewegung beziehungsweise das Bahaitum als einen "Katalysator des Fortschritts in Iran". Zugleich zeigt er auf, dass diese Bewegungen in Amir Kabir, diesem als Motor der Modernisierung von Iran geltenden Politikers, ihren mächtigsten Gegner hatten - es mithin kein einheitliches Konzept von Modernisierung gab.
Weshalb und in welcher Weise die bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs zunehmende Ausrichtung an Europa in militanten Nationalismus wie später auch politischen Islamismus umschlug, zeichnet de Bellaigue im letzten Kapitel nach, das er mit "Gegenaufklärung" überschreibt. Ihm gelingt es dabei, weitgehend ausgewogen zu bleiben und keine pauschalen Schuldzuweisungen vorzunehmen. Überzogen wirkt allerdings seine Empathie für Sayyid Qutbs Kritik an der westlichen Zivilisation als dekadenter, materialistischer Welt, die keiner echten Spiritualität mehr fähig sei. Längerfristig scheint de Bellaigue die "islamische Aufklärung" von Erfolg beschieden zu sehen.
Kenner bekommen mit dieser Monographie einige einsichtsvolle Vergleiche zwischen den Ländern und Städten geboten, aber keine neuen Fakten oder Thesen. De Bellaigue stützt sich primär auf englische, teilweise auch französischsprachige Standardwerke sowie auf Schriften einiger nahöstlicher Intellektueller, die er - von den arabischen abgesehen - im Original konsultiert hat. Bei der Gewichtung der Ereignisse und der Auswahl der porträtierten Protagonisten hilfreich waren ihm sicher auch seine Kenntnis von Iran und der Türkei aus seiner Tätigkeit als Korrespondent für englische Zeitungen.
De Bellaigue schreibt an gegen die weitverbreitete Vorstellung einer Resistenz von Muslimen und islamischen Gesellschaften gegenüber Freiheit, Toleranz, Säkularisierung und positive Rechtsordnung. Der Titel "Die islamische Aufklärung" ist dafür gut gewählt, aber dem mit ihm verknüpften analytischen und kulturhistorischen Anspruch wird De Bellaigue nicht gerecht. Als "islamische Aufklärung" deklariert er die Harmonisierung von Islam und den genannten "modernen" Werten und exemplifiziert sie insbesondere am Beispiel einiger muslimischer Intellektueller, die eine solche Harmonisierung aus dem Koran ableiteten. Überzeugend sind solche Versuche für De Bellaigue allerdings nicht.
Seine Porträts aufgeklärter Muslime lassen Tiefenschärfe vermissen, und leider bleiben einige entscheidende Schriften unberücksichtigt. Ahmed Midhat etwa tritt bloß als einflussreicher, maßvoll liberaler Romancier in Erscheinung, seine mehrbändige islamapologetische Auseinandersetzung mit William Drapers Weltbesteller "History of the Conflict between Religion and Science" bleibt außen vor. Der fiktive Briefwechsel zwischen einem persischen und einem indischen Prinzen wiederum, den der in Tiflis ansässige Aufklärer Mirza Fath-Ali Akhundzadeh 1865 verfasste, wird nur mit Blick auf Akhundzadehs dezidierter Ablehnung der Sklaverei erwähnt. Das ist schade, weil dieser Autor wohl als der erste muslimisch sozialisierte Kritiker in der nahöstlichen Moderne gelten kann, der den Islam einer prinzipiellen Religionskritik unterzogen hat.
De Bellaigue gelingt es, die Präsenz der mit der europäischen Aufklärung assoziierten Werte in der nahöstlichen Moderne einer breiteren Leserschaft zu vermitteln. Ein Verweis auf den Forschungsstand zu "Aufklärung im Islam" hätte dem Buch aber gutgetan. Der von ihm als Hauptcharakteristikum der europäischen Aufklärung apostrophierte Antiklerikalismus findet sich bei zahlreichen vormodernen Autoren, nicht zuletzt bei Hafis, dem über die Jahrhunderte hinweg beliebtesten persischen Poeten. Ihr vermutlich mindestens so prominentes Kennzeichen, die offenbarungsunabhängige Vernunftorientierung, pflegten schon einige muslimische Philosophen - etwa al-Farabi, Ibn Sina, Ibn Tufail und Averroës - wie auch europäische und weitere außereuropäische Denker, die alle als Aufklärer avant la lettre genannt werden könnten. De Bellaigue verweist immerhin in einem einleitenden Sprint durch die islamische Geistesgeschichte auf die erhebliche Offenheit und die wissenschaftlichen Leistungen in der islamischen "Vormoderne". Vieles bleibt dabei aber unscharf, und einiges an seiner Darstellung ist inzwischen überholt.
Diese Schwächen schmälern die Bedeutung des Buches als Überblicksdarstellung für ein breiteres Publikum nur unwesentlich. Es ist dank seiner Mischung aus Information, literarischer Inszenierung und pointierter Reflexion eine kurzweilige Lektüre. Allen, die an der Modernisierung des Nahen und Mittleren Ostens zweifeln, ist es sehr zu empfehlen.
ANKE VON KÜGELGEN
Christopher de Bellaigue: "Die islamische Aufklärung". Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft 1798 bis heute.
Aus dem Englischen von
Michael Bischoff. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018. 544 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Christopher de Bellaigue korrigiert einige westliche Einschätzungen der arabischen Welt
In seinem neuen Buch erzählt Christopher de Bellaigue die Geschichte der enormen Modernisierungsleistungen und -rückschläge, die der Nahe und Mittlere Osten seit seiner Einbindung in die von europäischen Großmächten beherrschte Welt um die Wende zum neunzehnten Jahrhundert erlebt hat. Er tut es anhand ausgewählter Repräsentanten der Eliten Ägyptens, Irans und des spätosmanischen Reiches sowie der aus ihm entwachsenen Türkei. Im Zentrum seiner Darstellung stehen die drei Metropolen Istanbul, Kairo und Teheran, in denen seit dem letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts in zunächst unterschiedlichem Tempo nach europäischem, später auch amerikanischem Vorbild militärische, technische, natur- und geisteswissenschaftliche Bildungsinstitutionen geschaffen und Projekte der Urbanisierung und Industrialisierung wie auch der Liberalisierung und Demokratisierung entworfen und teils auch verwirklicht wurden.
Sinnbildhaft für die Verdichtung von Neuerungen ist für de Bellaigue die fast gleichzeitige Einführung des 1844 perfektionierten Schreibtelegraphen mit der bereits vier Jahrhunderte zuvor erfundenen Typendrucktechnik (vorangegangene Etablierungsversuche waren nur von kurzer Dauer gewesen). Je nach politischem und gesellschaftlichem Umfeld wurden fortschrittliche Ideen oft mittels islamischer Konzepte zum Ausdruck gebracht oder auch durch neue religiöse Ausdifferenzierungen. So kennzeichnet der Autor die für Frauenrechte und soziale Gleichheit werbende Babi-Bewegung beziehungsweise das Bahaitum als einen "Katalysator des Fortschritts in Iran". Zugleich zeigt er auf, dass diese Bewegungen in Amir Kabir, diesem als Motor der Modernisierung von Iran geltenden Politikers, ihren mächtigsten Gegner hatten - es mithin kein einheitliches Konzept von Modernisierung gab.
Weshalb und in welcher Weise die bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs zunehmende Ausrichtung an Europa in militanten Nationalismus wie später auch politischen Islamismus umschlug, zeichnet de Bellaigue im letzten Kapitel nach, das er mit "Gegenaufklärung" überschreibt. Ihm gelingt es dabei, weitgehend ausgewogen zu bleiben und keine pauschalen Schuldzuweisungen vorzunehmen. Überzogen wirkt allerdings seine Empathie für Sayyid Qutbs Kritik an der westlichen Zivilisation als dekadenter, materialistischer Welt, die keiner echten Spiritualität mehr fähig sei. Längerfristig scheint de Bellaigue die "islamische Aufklärung" von Erfolg beschieden zu sehen.
Kenner bekommen mit dieser Monographie einige einsichtsvolle Vergleiche zwischen den Ländern und Städten geboten, aber keine neuen Fakten oder Thesen. De Bellaigue stützt sich primär auf englische, teilweise auch französischsprachige Standardwerke sowie auf Schriften einiger nahöstlicher Intellektueller, die er - von den arabischen abgesehen - im Original konsultiert hat. Bei der Gewichtung der Ereignisse und der Auswahl der porträtierten Protagonisten hilfreich waren ihm sicher auch seine Kenntnis von Iran und der Türkei aus seiner Tätigkeit als Korrespondent für englische Zeitungen.
De Bellaigue schreibt an gegen die weitverbreitete Vorstellung einer Resistenz von Muslimen und islamischen Gesellschaften gegenüber Freiheit, Toleranz, Säkularisierung und positive Rechtsordnung. Der Titel "Die islamische Aufklärung" ist dafür gut gewählt, aber dem mit ihm verknüpften analytischen und kulturhistorischen Anspruch wird De Bellaigue nicht gerecht. Als "islamische Aufklärung" deklariert er die Harmonisierung von Islam und den genannten "modernen" Werten und exemplifiziert sie insbesondere am Beispiel einiger muslimischer Intellektueller, die eine solche Harmonisierung aus dem Koran ableiteten. Überzeugend sind solche Versuche für De Bellaigue allerdings nicht.
Seine Porträts aufgeklärter Muslime lassen Tiefenschärfe vermissen, und leider bleiben einige entscheidende Schriften unberücksichtigt. Ahmed Midhat etwa tritt bloß als einflussreicher, maßvoll liberaler Romancier in Erscheinung, seine mehrbändige islamapologetische Auseinandersetzung mit William Drapers Weltbesteller "History of the Conflict between Religion and Science" bleibt außen vor. Der fiktive Briefwechsel zwischen einem persischen und einem indischen Prinzen wiederum, den der in Tiflis ansässige Aufklärer Mirza Fath-Ali Akhundzadeh 1865 verfasste, wird nur mit Blick auf Akhundzadehs dezidierter Ablehnung der Sklaverei erwähnt. Das ist schade, weil dieser Autor wohl als der erste muslimisch sozialisierte Kritiker in der nahöstlichen Moderne gelten kann, der den Islam einer prinzipiellen Religionskritik unterzogen hat.
De Bellaigue gelingt es, die Präsenz der mit der europäischen Aufklärung assoziierten Werte in der nahöstlichen Moderne einer breiteren Leserschaft zu vermitteln. Ein Verweis auf den Forschungsstand zu "Aufklärung im Islam" hätte dem Buch aber gutgetan. Der von ihm als Hauptcharakteristikum der europäischen Aufklärung apostrophierte Antiklerikalismus findet sich bei zahlreichen vormodernen Autoren, nicht zuletzt bei Hafis, dem über die Jahrhunderte hinweg beliebtesten persischen Poeten. Ihr vermutlich mindestens so prominentes Kennzeichen, die offenbarungsunabhängige Vernunftorientierung, pflegten schon einige muslimische Philosophen - etwa al-Farabi, Ibn Sina, Ibn Tufail und Averroës - wie auch europäische und weitere außereuropäische Denker, die alle als Aufklärer avant la lettre genannt werden könnten. De Bellaigue verweist immerhin in einem einleitenden Sprint durch die islamische Geistesgeschichte auf die erhebliche Offenheit und die wissenschaftlichen Leistungen in der islamischen "Vormoderne". Vieles bleibt dabei aber unscharf, und einiges an seiner Darstellung ist inzwischen überholt.
Diese Schwächen schmälern die Bedeutung des Buches als Überblicksdarstellung für ein breiteres Publikum nur unwesentlich. Es ist dank seiner Mischung aus Information, literarischer Inszenierung und pointierter Reflexion eine kurzweilige Lektüre. Allen, die an der Modernisierung des Nahen und Mittleren Ostens zweifeln, ist es sehr zu empfehlen.
ANKE VON KÜGELGEN
Christopher de Bellaigue: "Die islamische Aufklärung". Der Konflikt zwischen Glaube und Vernunft 1798 bis heute.
Aus dem Englischen von
Michael Bischoff. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2018. 544 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Diesem wissenschaftlich fundierten und perfekt geschriebenen Buch wünscht man viele Leser. Aschot Manutscharjan Das Parlament 20180702