Georg Jellinek zog 1895 aus der Rechtsentwicklung der amerikanischen Kolonialzeit den bahnbrechenden Schluss, dass die Grundrechte nicht ökonomischen oder politischen, sondern religiösen Ursprungs sind: nicht das Werk der Revolution, sondern der Reformation. Seit ihrer Publikation wird diese Deutung nicht nur in der Staatsrechtslehre kontrovers diskutiert. Annabelle Meier unterzieht die These einer eingehenden Analyse und Revision: Sie legt auf breiter Quellengrundlage dar, wie die Gewissensfreiheit bereits in der amerikanischen Kolonialzeit zur Anerkennung kam und verknüpft diesen realhistorischen Befund mit den grundrechtstheoretischen Implikationen der "Jellinek-These". Das Ergebnis eröffnet neue Perspektiven für die transatlantische Verfassungsgeschichte: Wenngleich sich die Annahme eines "Ur-Grundrechts" als zu weitgehend erweist, ist die Struktur moderner Grundrechte ohne die Rechtsentwicklung der amerikanischen Kolonialzeit nicht zu verstehen; damit bleibt Jellineks Deutung von unmittelbarer verfassungstheoretischer Relevanz.