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Diese Erinnerungen an seine Lausbubenzeit hat Valentin, der sich selbst Humorist, Komiker und Stückeschreiber nannte, in seinen letzten Lebensjahren aufgeschrieben. Sie zeigen sein Gespür für jene Komik, die sich haarscharf an der Trennlinie zur Tragik bewegt und immer mit der Tücke des Objekts rechnet.

Produktbeschreibung
Diese Erinnerungen an seine Lausbubenzeit hat Valentin, der sich selbst Humorist, Komiker und Stückeschreiber nannte, in seinen letzten Lebensjahren aufgeschrieben. Sie zeigen sein Gespür für jene Komik, die sich haarscharf an der Trennlinie zur Tragik bewegt und immer mit der Tücke des Objekts rechnet.
Autorenporträt
Karl Valentin (d. i. Valentin Ludwig Fey), 4. 6. 1882 München - 9. 2. 1948 Planegg bei München. Der Sohn eines Möbelspediteurs, in dessen Haus hochdt. gesprochen wurde, machte eine Schreinerlehre und besuchte gleichzeitig eine Varietéschule. Nach dem Tod des Vaters (1902) übernahm er den Betrieb, musste ihn aber 1906 mit Verlust verkaufen. Danach ging er mit einem selbstgebauten großen Orchestrion als Volkssänger auf Tournee (Halle, Leipzig). Erfolg hatte er erst, als er 1907 mit dem Stegreifmonolog 'Das Aquarium' den Text in den Mittelpunkt seiner Darbietungen stellte. Er erhielt ein Engagement an der Volkssängerbühne des Frankfurter Hofs in München; hier lernte er 1911 Liesl Karlstadt (d. i. Elisabeth Wellano) kennen, mit der er bis 1939 regelmäßig auftrat. Von 1922 an bestritt er Nachtvorstellungen in den Münchner Kammerspielen mit eigenem Programm; Gastspiele gab er v. a. in Berlin und Wien. 1934 steckte er sein Vermögen in ein Anti-Museum, das Panoptikum, das bald wegen Erfolglosigkeit schließen musste. 1939 eröffnete er mit einer neuen Partnerin ein Kellerlokal, das er jedoch 1940 auf Druck der Nationalsozialisten wieder schließen musste. Er trat bis Kriegsende nicht mehr auf, danach nur noch selten. V. schrieb mehr als 500 Texte - Monologe, Dialoge, Szenen, Couplets -, die er allerdings bei den Aufführungen ständig veränderte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.08.2008

Gewesenes Kind
Karl Valentin: „Jugendstreiche des Knaben Karl”
Dass „der Fremde nur in der Fremde” fremd ist, der streng empirische Gedankengang kann – falls man ihn erweitert – als Lebens- und Kunstmotto des Karl Valentins durchgehen: Der fremde Mann fremdelte überall, immer. Und nur er konnte auf die Idee kommen, das schmale Vorwort zu „Meine Jugendstreiche” nach Art eines Behördenbriefs zu beschließen: „Hochachtungsvollst, Karl Valentin, Komiker, gewesenes Kind”.
Seine Jugenderinnerungen schrieb Valentin in der Not nieder, in seinem Privatexil während des Zweiten Weltkriegs. Damals hatte sich der Komiker – Kabarettist, Autor, begnadete Dialektiker – wegen Bombengefahr in sein Haus in Planegg bei München zurückgezogen, wo er Monologe, Sketches, Couplets verfasste, und eben das kleine Erinnerungsbuch. Münchner des Jahrgangs 1882, stammte Valentin aus einem Handwerkerhaus, die künstlerische Begabung war nahe an der Praxis angesiedelt. Eine Schreinerlehre beendete er mit der Gesellenprüfung, so konnte er die meisten seiner Bühnenrequisiten selbst fertigen. Und genauso fabrizierte er, mit bajuwarischer Dickköpfigkeit, seine Texte und Auftritte.
„Ach was gäbe ich dafür, wenn nur für einen Sonntagnachmittag meine Jugendzeit und der alte Zirkus Bavaria auf der Theresienwiese wieder käme!” Der Tonfall der Erinnerungen ist ehrlich, geradeheraus, ernst, und der Rückblick auf frühere Zeiten klingt nostalgisch, manchmal bitter. Humor will kaum gelingen. Valentin erinnert sich mit Lust an den Alltag der Kindheit, an Spiele, Genüsse, Schandtaten; redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne viel literarischen Ehrgeiz. Und da er ein gutes Gedächtnis hatte, gehen die Schilderungen einzelner Streiche und ihre Umstände oft so stark ins Detail, dass hier ein Alltagskaleidoskop Münchens um 1900 entstand.
„In der Schule war mir das Liebste die Pause, nicht etwa wegen des Frühstücks, sondern wegen der Gaudi”. Immer wieder die Schule, das Elternhaus, die Nachbarn, die vielen Kinder, die vielen Haustiere. Sie alle wollen geneckt und verschreckt werden von Münchens knorrigem Till Eulenspiegel. Valentins frühe Geschichten machen klar, dass Kindheit und Jugend – und die sprudeln frei aus ihm heraus – der eigentliche Quell all seiner Erdichtungen und Erfindungen geblieben waren. Mit Methode und Genialität bastelte er einfach endlos weiter an seinen Jugendstreichen, perfektionierte die Logik des ganz normalen Defizits in der Erwachsenenwelt, trieb sie in den Wahnsinn unerwachsener Kinderlogik. Völlig zu Recht stellte Bert Brecht ihn auf die Stufe neben Charlie (Chaplin).
„Über all den Erinnerungen, lieber Leser, habe ich mich unversehens so verplaudert, dass ich aus meinen ‘Jugendstreichen’ eigentlich schon längst in meine Lebenserinnerungen hineingeraten bin. Wievieles wäre da noch zu berichten!” Karl Valentin, dem Melancholiker, bleibt ganz am Ende nur eine Frage: „Ob ich noch einmal dazu komme, sie aufzuschreiben?”. WOLFGANG SCHREIBER
Karl Valentin Foto: Scherl / SZ Photo
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