Einmal mehr schafft Alice Munro das, was nur die wenigsten Autoren vermögen: Uns Figuren zu schenken, die so lebendig sind, dass wir für einen Moment ganz in ihr Leben tauchen. Da ist Janet, die ihren alten Vater ins Krankenhaus bringen muss und unverhofft Trost in einem Planetarium findet. Ein junges Mädchen, das auf einer Truthahnfarm anheuert. Und eine Frau, die dem überheblichen Gerede ihres Mannes begegnet, indem sie ihm eine Schüssel Zitronenbaiser an den Kopf wirft. Sie alle blicken zurück und blicken nach vorn, stolz und manchmal zweifelnd - und wie Munro behutsam davon erzählt, ist einzigartig.
Mit 'Die Jupitermonde' erscheint der letzte, noch fehlende Band in der Autorenedition Munro bei Fischer Taschenbuch - neu übersetzt von Heidi Zerning.
»Geschichten voller Zauber!« Publishers Weekly
Mit 'Die Jupitermonde' erscheint der letzte, noch fehlende Band in der Autorenedition Munro bei Fischer Taschenbuch - neu übersetzt von Heidi Zerning.
»Geschichten voller Zauber!« Publishers Weekly
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2016NEUE TASCHENBÜCHER
Alice Munro verstaut die Liebe
in Bücherregalen
Das Leben ist eine permanente Nachsaison bei Alice Munro. Fahrten übers Land, Exkursionen, kleine Hotels. Die Cousinen der Mutter, die zu Besuch kommen ins Elternhaus nach Dalgleish, im Huron County in Western Ontario, sie bilden die Verbindung zur großen Welt und zur Vergangenheit; darauf dann ein Besuch bei den Verwandten des Vaters, es geht in die Berge hinauf, über den Maitland River, auf die Farm, die von den Frauen immer noch bewirtschaftet wird. In einer anderen Geschichte eine Frau, die auf eine Insel fährt vor der Südküste von New Brunswick, in eine kleine Pension, die nur eine Meile entfernt ist vom Sommerhaus der großen Erzählerin Willa Cather. Alice Munros Frauen arbeiten in Bibliotheken oder als Lehrerinnen, die Männer in ihren Leben sind in unsentimentalen Erinnerungen gut verstaut. „Auf Kays Bücherregalen kann man die Geschichte ihrer Liebesaffären lesen.“ Wenn eine Liebe wieder abkühlt, wird Kay munter und geradeheraus, analytisch. Liebe ist ihr nichts als Eigenliebe, „nichts weiter als der Wunsch, sich selbst gespiegelt zu sehen“. Zum Beispiel in der Tochter von Victor Hugo, die besessen einem Geliebten nach Halifax folgte. Zwischen Winter 1977 und Herbst 1981 sind die Geschichten dieses Bandes geschrieben, als letzte „Bardon Bus“, die Geschichte mit Kay. 1975 hatte François Truffaut einen Film über Hugos Tochter gemacht, „Die Geschichte der Adèle H.“.
1982 ist der Band „Die Jupitermonde“ erschienen, 1986 auf Deutsch. Nun liegt auch er in einer kompakten Neuübersetzung von Heidi Zerning vor. Wenn die Romane der Moderne Kontinuität bröckeln lassen, fügen die Erzählungen der Nobelpreisträgerin Alice Munro sich zu einer magischen Topografie. Jede von ihnen weiß, wo sie hingehört. „Das ist eigentlich merkwürdig“, schreibt Alice Munro in der Einleitung: „Ich mache sie mit so viel Einsatz und Hingabe und geheimen Schmerzen, und dann schlängele ich mich aus ihnen heraus und lasse sie zurück, damit sie aushärten und ihren Platz finden.“
FRITZ GÖTTLER
Alice Munro: Die Jupitermonde. Erzählungen. Aus dem Englischen von Heidi Zerning. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016. 318 Seiten, 10,99 Euro.
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Alice Munro verstaut die Liebe
in Bücherregalen
Das Leben ist eine permanente Nachsaison bei Alice Munro. Fahrten übers Land, Exkursionen, kleine Hotels. Die Cousinen der Mutter, die zu Besuch kommen ins Elternhaus nach Dalgleish, im Huron County in Western Ontario, sie bilden die Verbindung zur großen Welt und zur Vergangenheit; darauf dann ein Besuch bei den Verwandten des Vaters, es geht in die Berge hinauf, über den Maitland River, auf die Farm, die von den Frauen immer noch bewirtschaftet wird. In einer anderen Geschichte eine Frau, die auf eine Insel fährt vor der Südküste von New Brunswick, in eine kleine Pension, die nur eine Meile entfernt ist vom Sommerhaus der großen Erzählerin Willa Cather. Alice Munros Frauen arbeiten in Bibliotheken oder als Lehrerinnen, die Männer in ihren Leben sind in unsentimentalen Erinnerungen gut verstaut. „Auf Kays Bücherregalen kann man die Geschichte ihrer Liebesaffären lesen.“ Wenn eine Liebe wieder abkühlt, wird Kay munter und geradeheraus, analytisch. Liebe ist ihr nichts als Eigenliebe, „nichts weiter als der Wunsch, sich selbst gespiegelt zu sehen“. Zum Beispiel in der Tochter von Victor Hugo, die besessen einem Geliebten nach Halifax folgte. Zwischen Winter 1977 und Herbst 1981 sind die Geschichten dieses Bandes geschrieben, als letzte „Bardon Bus“, die Geschichte mit Kay. 1975 hatte François Truffaut einen Film über Hugos Tochter gemacht, „Die Geschichte der Adèle H.“.
1982 ist der Band „Die Jupitermonde“ erschienen, 1986 auf Deutsch. Nun liegt auch er in einer kompakten Neuübersetzung von Heidi Zerning vor. Wenn die Romane der Moderne Kontinuität bröckeln lassen, fügen die Erzählungen der Nobelpreisträgerin Alice Munro sich zu einer magischen Topografie. Jede von ihnen weiß, wo sie hingehört. „Das ist eigentlich merkwürdig“, schreibt Alice Munro in der Einleitung: „Ich mache sie mit so viel Einsatz und Hingabe und geheimen Schmerzen, und dann schlängele ich mich aus ihnen heraus und lasse sie zurück, damit sie aushärten und ihren Platz finden.“
FRITZ GÖTTLER
Alice Munro: Die Jupitermonde. Erzählungen. Aus dem Englischen von Heidi Zerning. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016. 318 Seiten, 10,99 Euro.
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Eine kompakte Neuübersetzung [...] Wenn die Romane der Moderne Kontinuität bröckeln lassen, fügen die Erzählungen der Nobelpreisträgerin sich zu einer magischen Topografie. Fritz Göttler Süddeutsche Zeitung 20160810