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Das Beispiel Bayern zeigt, welche Bedeutung Katholiken als gesellschaftlicher und politischer Kraft im Spannungsfeld von Kirche, Gesellschaft und Politik während der Adenauerära zukam: auf breiter Archivbasis ein differenziertes Bild des Verbandskatholizismus.

Produktbeschreibung
Das Beispiel Bayern zeigt, welche Bedeutung Katholiken als gesellschaftlicher und politischer Kraft im Spannungsfeld von Kirche, Gesellschaft und Politik während der Adenauerära zukam: auf breiter Archivbasis ein differenziertes Bild des Verbandskatholizismus.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2001

Arbeiten und Beten
Keine Konkurrenz für die CSU: Das katholische "Werkvolk"

Dietmar Grypa: Die katholische Arbeiterbewegung in Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1963). Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2000. 594 Seiten, 158,- Mark.

Die katholische Arbeiterbewegung, bis zur Weimarer Zeit eine wichtige Säule des deutschen Katholizismus, war von den Nationalsozialisten verboten worden, doch schon im Herbst 1945 begann der Wiederaufbau. Papst Pius XII. trieb ihn voran, um ein Gegengewicht gegen die weltanschauliche Neutralität der Einheitsgewerkschaft und die konfessionelle Indifferenz der politischen Parteien zu schaffen und die Katholiken "in den Fragen der christlichen und sozialen Weltanschauung" zu schulen. In den Nachkriegsjahren wuchsen die Mitgliederzahlen des "katholischen Werkvolks", wie die Arbeitervereine in Süddeutschland nach langen Auseinandersetzungen seit 1947 hießen, aber ihre Bedeutung blieb gering. Dietmar Grypa untersucht diese Entwicklung. In nicht weniger als 24 Archiven hat er Materialien ausgewertet, zusätzlich Zeitzeugen befragt. Er hat wohl alle Informationen aufgespürt, die über den Süddeutschen Verband verfügbar sind, und dessen Geschichte detailliert und zuverlässig rekonstruiert.

Die katholische Arbeiterbewegung in Deutschland war schon vor dem Zweiten Weltkrieg regional gespalten, erst 1971 wurde ein Bundesverband gegründet. Der Ostdeutsche Verband konnte nach 1945 nicht wieder entstehen, der Westdeutsche Verband war der größte, der Süddeutsche Verband hatte 1948 rund 25 000 Vollmitglieder, 1963 etwa 45 000. Er hatte seinen Sitz in München und umfaßte die Diözesanverbände der acht bayerischen Diözesen sowie einzelne Vereine der Diözesen Freiburg und Rottenburg. Die mitgliederstärksten Verbände waren Regensburg, Würzburg und München. Der Verfasser schildert akribisch die Struktur und Entwicklung der Organisation und die Zusammensetzung der Mitglieder. Er stellt die Bildungs- und Schulungsarbeit dar, charakterisiert die Publikationen, die Veranstaltungen und die Diskussionen über die wichtigen Themen der Verbandsarbeit, über die Arbeitszeit- und die Wohnungsfrage, die Familienförderung, Eigentumsbildung, die Arbeit der Christlichen Arbeiterjugend, die Frauenerwerbsarbeit, die betrieblichen und sozialen Aktivitäten.

Als "Außenbeziehungen" schildert er das Verhältnis zur kirchlichen Hierarchie - einschließlich der Finanzbeiträge durch die kirchlichen Behörden -, die Beteiligung an den Wahlen zu den Gremien der Sozialversicherung, das Verhältnis zu den Gewerkschaften und politischen Parteien. Von besonderem Interesse sind die Gewerkschaftskrise ab 1953, die zur Wiedergründung der Christlichen Gewerkschaften 1955 führte, und das nachhaltige Engagement des "Werkvolks" beim Aufbau der CSU.

Die katholische Arbeiterbewegung war nach 1945 nicht ohne politische, insbesondere gesellschaftspolitische Bedeutung. Doch diese blieb alles in allem regional und in der Sache eng begrenzt. Als Ursachen hebt der Verfasser hervor, daß ein vergleichbares politisches Umfeld wie vor 1933 fehlte. Auch in der CSU erlangte das "Werkvolk" nicht die erhoffte Bedeutung, es sah sich bei der Kandidatenaufstellung unterrepräsentiert und erhielt durch die "Christlich-Soziale Arbeitnehmerschaft" Konkurrenz, zu der sich die Arbeitnehmer der CSU 1953 zusammenschlossen.

Auch der Streit über die Wiedergründung der Christlichen Gewerkschaften Mitte der fünfziger Jahre, die vor allem der Westdeutsche Verband förderte, schwächte das "Werkvolk". Es gab Positionen im DGB auf, ohne über die neue Richtungsgewerkschaft vergleichbaren Einfluß zu erlangen. Es verlor an Gewicht in den Betrieben und bei den Betriebsratswahlen, wo die Christlichen Gewerkschaften mehr Kandidaten durchbrachten. Zur Schwäche trug auch bei, daß es nicht gelang, den Wohlfahrtsverband der Christlichen Arbeiterhilfe wieder zu errichten, weil die Bischöfe entschieden, daß die Caritas der alleinige Träger der kirchlichen Wohlfahrtsarbeit sein sollte.

Hauptsächlich, so läßt die Darstellung erkennen, trugen wohl zwei Faktoren dazu bei, daß der Süddeutsche Verband nur begrenzt Einfluß erlangte: Zum einen konnte er sich in dem Kräftebündel zwischen Katholizismus und Kirche sowie den mächtigen Gewerkschaften und Parteien nicht entfalten. Er war dezidiert eine Laienbewegung, doch er wurde auf allen Ebenen stets entscheidend von Klerikern geprägt. Bischöfliche Weisungen entschieden über den organisatorischen Aufbau, der Verbandspräses und die Diözesanpräsides waren die wichtigsten Entscheidungsträger, aktive Laien gab es kaum, aber viele widerstreitende Kräfte. Zum andern hätte sich das Ziel, die Gesellschaft "wieder zu verchristlichen", angesichts der fortschreitenden Säkularisierung nach dem Zweiten Weltkrieg wohl auch dann sehr schwer - selbst nur ein Stück weit - realisieren lassen, wenn die Akteure der katholischen Arbeiterbewegung stärker an einem Strang gezogen hätten.

GÜNTHER SCHULZ

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Günther Schulz stellt ein Buch zur Zeitgeschichte vor, das er als solide geschrieben und gründlich recherchiert einstuft. Zu weiteren inhaltlichen Kommentaren lässt sich der Rezensent nicht hinreißen, der wesentliche Fakten und Thesen des Buches referiert. Die katholische Arbeiterbewegung war in Deutschland schon immer regional gespalten, das blieb sie zunächst auch nach dem 2. Weltkrieg. Der Autor untersucht, so Schulz, warum der süddeutsche Verband des "katholischen Werkvolks" nicht wieder zu echter politischer Geltung gelangen konnte. Das lag zum einen daran, vermutet Schulz, dass das "Werkvolk" eine Laienbewegung war, die von Klerikern dominiert wurde. Außerdem führte die Gründung der Christlichen Gewerkschaften Mitte der 50er Jahre zu einer Schwächung der Positionen - auch innerhalb des DGB. Als letztes Argument führt Schulz an, dass die weiter fortschreitende Säkularisierung im 20. Jahrhundert in jedem Fall dem "Werkvolk" die Basis entzogen hätte - sogar in Bayern, wo es 1963 45.000 Vollmitglieder zählte.

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