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Produktdetails
  • Verlag: Paulinus Verlag GmbH
  • 2. Aufl.
  • Seitenzahl: 248
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 371g
  • ISBN-13: 9783790213546
  • Artikelnr.: 24730267
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.1997

Wohlstandsmehrung als Form menschlicher Selbstbestimmung
Das Verbindende zwischen dem demokratischen Kapitalismus und der katholischen Sozialethik

Michael Novak: Die katholische Ethik und der Geist des Kapitalismus. Paulinus Verlag, Trier 1996, 248 Seiten, 32 DM.

Die Prämissen des Autors sind klar: Der Mensch ist geschaffen als Ebenbild Gottes. Aus dieser christlichen Grundwahrheit folgt der in der Natur des Menschen liegende Wesenszug, Dinge (er)schaffen, kreativ und damit auch unternehmerisch tätig sein zu können. Doch hierin besteht auch die Essenz des Kapitalismus. Das lange Zeit gepflegte Klischee, der Kapitalismus sei mit der christlichen und vor allem der katholischen Ethik unvereinbar, löst sich damit auf.

Dem amerikanischen Religionsphilosophen, Theologen und Sozialwissenschaftler Michael Novak, der 1994 mit dem Templeton-Preis ausgezeichnet worden ist, gebührt Dank dafür, den vermeintlichen Antagonismus in seinem Buch "Die katholische Ethik und der Geist des Kapitalismus" entlarvt zu haben. Dieser Titel, bemerkt Novak, sei absichtlich fast identisch mit dem bekannten Werk Max Webers. Weber habe auf die kulturelle Dimension des Kapitalismus schon hingewiesen, ihn aber fälschlicherweise auf die protestantische Ethik reduziert. Was Weber übersehen habe, sei einerseits die Tatsache, daß in den Anfängen des Kapitalismus eben katholische Städte wie Lüttich oder Turin geblüht hätten. Andererseits habe Weber den Kapitalzuwachs als Selbstzweck und nicht als Mittel betrachtet, was selbst calvinistische Theologen für unvereinbar mit protestantischer Ethik hielten.

Novak versteht "soziale Gerechtigkeit" im Sinne von Friedrich von Hayek als Tugend und lehnt ihre Interpretation als gesellschaftliches Ordnungsprinzip durch Oswald von Nell-Breuning ab. "Die meisten Linken benutzen den Begriff soziale Gerechtigkeit (unklugerweise) mit der Absicht, für die Allokation von Gütern und Positionen an ausgewählte Gruppen die Macht des Staates einzusetzen. Dabei sollten sie aus der Geschichte gelernt haben, daß es keinen direkteren Weg gibt, um den Antagonismus zwischen Gruppen zu verschärfen. ( . . . ) Wahre soziale Gerechtigkeit setzt auf Erfahrung gründende allgemeine Regeln und Verfahrensweisen voraus, die erstens für alle (ohne Ansehen der Person) gelten und zweitens wirtschaftliches Wachstum bewirken, von dessen Segnungen niemand ausgeschlossen ist."

Novak sieht sich in seinem Verständnis durch Papst Johannes Paul II. bestätigt, der die reichen Gesellschaften aufruft, den armen Ländern zu helfen, so daß dort die Grundlagen für eine Wohlstandsmehrung durch Eigeninitiative geschaffen werden. Diese, meint Novak, sei eine Form der Selbstbestimmung des Menschen. Deren politische Form sei der Wunsch nach Selbstbestimmung, der in religiös verwurzelten Völkern stärker verbreitet sei als in säkularen Gesellschaften.

Politische Selbstbestimmung und Demokratie, wirtschaftliche Selbstbestimmung und Kapitalismus sowie humanistische und kulturelle Selbstbestimmung und Religionsfreiheit sind die drei Säulen, auf denen Novaks Konzept des demokratischen Kapitalismus aufbaut und die seine Stabilität bewirken. Jede Säule stehe für einen Bereich der gesellschaftlichen Wirklichkeit, und die Interdependenz zwischen den Bereichen führe dazu, daß eine Krise in einem der Bereiche mit Hilfe der beiden anderen Bereiche zu einer Umstrukturierung des Gesamtsystems genutzt werden könne.

Osteuropa und Lateinamerika, für die das Buch besonders geschrieben ist, sind nach Meinung des Autors dabei, ihre Gesellschaftssysteme auf diese Grundlage zu stellen. Aber Novak sagt auch, daß "der Kapitalismus kein System neutraler ökonomischer Techniken (ist), die - ohne moralische Relevanz - auf Effizienz gerichtet sind. In der Praxis setzt er gewisse moralische und kulturelle Haltungen, Erfordernisse und Forderungen voraus. Kulturen, die diese Erfordernisse nicht erbringen, können nicht erwarten, von den Früchten des Kapitalismus zu essen."

Es ist Michael Novak in bemerkenswerter Weise gelungen, die vielfältigen Verbindungen zwischen der christlichen Ethik - vor allem der katholischen Sozialethik - und dem Kapitalismus als wirtschaftlichem Ordnungsprinzip aufzuzeigen. Daß dieses schon 1993 in den Vereinigten Staaten erschienene Buch nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt, kann angesichts des Zustands der deutschen "sozialen" Marktwirtschaft nur begrüßt werden. Verkrustete Strukturen, die in hoher Arbeitslosigkeit, zunehmend unbezahlbarem Sozialstaat und einer Nehmen-statt-geben-Mentalität ihren Ausdruck finden, machen deutlich, daß sich nicht nur in Osteuropa, sondern auch hier einiges ändern muß, um dem demokratischen Kapitalismus wieder näher zu kommen. Warum sollte nicht die katholische Kirche dazu den Anstoß geben? STEFAN ROLLE

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