Alexander Orlow, ein russischer Oligarch und von allen »Der General« genannt, hat ein neues Leben in Berlin begonnen. Doch die Erinnerungen an seinen Einsatz im Ersten Tschetschenienkrieg lassen ihn nicht los. Die dunkelste ist jene an die grausamste aller Nächte, nach der von der jungen Tschetschenin Nura nichts blieb als eine große ungesühnte Schuld. Der Zeitpunkt der Abrechnung ist gekommen. Nino Haratischwili spürt in ihrem neuen Roman den Abgründen nach, die sich zwischen den Trümmern des zerfallenden Sowjetreichs aufgetan haben. »Die Katze und der General« ist ein spannungsgeladener, psychologisch tiefenscharfer Schuld-und-Sühne-Roman über den Krieg in den Ländern und in den Köpfen, über die Sehnsucht nach Frieden und Erlösung. Wie in einem Zauberwürfel drehen sich die Schicksale der Figuren ineinander, um eine verborgene Achse aus Liebe und Schuld. Sie alle sind Teil eines tödlichen Spiels, in dem sie mit der Wucht einer klassischen Tragödie aufeinanderprallen.
»Was'Die Katze und der General' leistet, ist ein gnadenlos exakter Blick auf Russland in der Umbruchzeit der neunziger Jahre, als die kommunistische Entindividualisierung umschlug in eine Raubtiergesellschaft, die noch auf den alten Strukturen basierte und dadurch umso grässlichere Hierarchien schuf: Fast alle wurden dabei zu Niemanden. (...) eindrucksvoll.« Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Ich verschlinge das Buch, kann nicht aufhören, lebe mit den Figuren, bange mit ihnen, will nur lesen und nichts anderes machen. Großartig! Und darüberhinaus ist dieser Roman auch noch klug aufgebaut. Nino Haratischwili ist eine begnadete Erzählerin.« Heide Soltau, NDR Info
»Was'Die Katze und der General' leistet, ist ein gnadenlos exakter Blick auf Russland in der Umbruchzeit der neunziger Jahre, als die kommunistische Entindividualisierung umschlug in eine Raubtiergesellschaft, die noch auf den alten Strukturen basierte und dadurch umso grässlichere Hierarchien schuf: Fast alle wurden dabei zu Niemanden. (...) eindrucksvoll.« Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Ich verschlinge das Buch, kann nicht aufhören, lebe mit den Figuren, bange mit ihnen, will nur lesen und nichts anderes machen. Großartig! Und darüberhinaus ist dieser Roman auch noch klug aufgebaut. Nino Haratischwili ist eine begnadete Erzählerin.« Heide Soltau, NDR Info
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.09.2018Vom Opfer zum Täter?
Premiere: Haratischwilis neuer Roman in Frankfurt
Dass die angenehm unprätentiöse, fast ein wenig unscheinbar wirkende Frau vorne auf dem Podium ein Superstar der Gegenwartsliteratur ist, merkt man vor allem am ausverkauften Saal im Literaturhaus Frankfurt. Für ihr voluminöses Romanwunderwerk "Das achte Leben (für Brilka)" von 2014, in dem sie einen mit allen Wassern der literarischen Moderne gewaschenen, grausam wahrhaftigen Gang durch das blutige 20. Jahrhundert unternahm, hat sie zahlreiche Preise gewonnen. Kein Zweifel, die 1983 im georgischen Tiflis geborene und seit 2003 in Deutschland lebende Nino Haratischwili zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Romanautorinnen.
Dabei arbeitet Haratischwili, die in Hamburg Regie studiert hat und schon als Jugendliche erste Stücke geschrieben hatte, vor allem für das Theater, und ihr Verleger Joachim Unseld, der es sich nicht nehmen ließ, seine Autorin zu Beginn der Buchpremiere zu preisen, korrigierte auch eine Angabe in einem Artikel dieser Zeitung: Nicht 15, schon insgesamt 20 Theaterstücke habe Nino Haratischwili bisher verfasst. Derzeit inszeniert sie am Hessischen Landestheater Marburg ihr Jugendstück "Radio Universe", das am 22. September Premiere hat. Für diese erste Lesung aus dem Roman habe sie ihre "beschauliche Theaterwelt" nur kurz verlassen, so Unseld.
Die gewachsene Bedeutung Nino Haratischwilis lässt sich auch daran ablesen, dass ihr neuer in der vergangenen Woche erschienener Roman "Die Katze und der General" schon vielfach besprochen wurde. Das teils eher durchwachsene Echo lässt sich zweifellos unter anderem auf die hohen Erwartungen zurückführen, Nino Haratischwili indes wirkt nicht wie eine Autorin, die sich davon unter Druck setzen und in ihrem Schaffen irritieren ließe. Der neue Roman wurde durch ein Buch der 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja über den russischen Tschetschenien-Krieg ausgelöst.
Im Gespräch mit der HR-Kulturredakteurin Anna Engel erzählte Haratischwili von ihren Reisen nach Tschetschenien, von den traumatisierten Menschen dort und dem Mantel des Schweigens, der über den zwei Kriegen und den ungeheuren Verbrechen, die von einer entfesselten Soldateska begangen wurden, liege. Ein solches nicht gesühntes Kriegsverbrechen, die Vergewaltigung und die Ermordung eines 17 Jahre alten Mädchens, bildet einen der drei Erzählstränge im neuen Roman. Was hat die Tat mit einem der Männer, dem zum Kriegsdienst gezwungenen, später nur noch "der General" genannten Alexander Orlow, gemacht? Dessen Leben zwischen Schuldgefühl und zynischem Machtmissbrauch als skrupelloser Oligarch hat Haratischwili offenbar besonders interessiert. Die entscheidende Frage war: "Wie lebt man damit weiter, wie wird man vom Opfer zum Täter?"
Trotz der genauen Kenntnis der Verhältnisse in Tschetschenien geht es dem Roman aber vordringlich um das Thema Krieg und Gewalt. "Der Roman könnte auch in anderen Krisen- oder Kriegsgebieten spielen", erklärte Nino Haratischwili, nämlich überall dort, wo "komplett rechtsfreie Räume" entstehen. Sie habe versucht, das möglichst nicht moralisierend darzustellen und sich einen "fremden Blick" zu bewahren. Angesichts der vorgelesenen Passagen, in denen die schwer zu ertragende Grausamkeit der Handlung zumindest erahnbar war, stellte Anna Engel die nachvollziehbare Frage, wie man das tägliche Arbeiten an einem solchen Stoff ertrage. Die professionelle automatische Distanz, ihr "Berufsschutz", wie sie es nennt, verhindere, dass sie sich ganz dem Stoff ausliefert, so die Autorin. Aber eine Haltung hat sie doch. Ihrer Liebe zur russischen Kultur und Literatur zum Trotz: "Ich kann keinen versöhnlichen Blick auf die russische Gegenwart haben, es kann aus georgischer Sicht keinen entspannten Umgang mit Russland geben."
MATTHIAS BISCHOFF
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Premiere: Haratischwilis neuer Roman in Frankfurt
Dass die angenehm unprätentiöse, fast ein wenig unscheinbar wirkende Frau vorne auf dem Podium ein Superstar der Gegenwartsliteratur ist, merkt man vor allem am ausverkauften Saal im Literaturhaus Frankfurt. Für ihr voluminöses Romanwunderwerk "Das achte Leben (für Brilka)" von 2014, in dem sie einen mit allen Wassern der literarischen Moderne gewaschenen, grausam wahrhaftigen Gang durch das blutige 20. Jahrhundert unternahm, hat sie zahlreiche Preise gewonnen. Kein Zweifel, die 1983 im georgischen Tiflis geborene und seit 2003 in Deutschland lebende Nino Haratischwili zählt zu den wichtigsten deutschsprachigen Romanautorinnen.
Dabei arbeitet Haratischwili, die in Hamburg Regie studiert hat und schon als Jugendliche erste Stücke geschrieben hatte, vor allem für das Theater, und ihr Verleger Joachim Unseld, der es sich nicht nehmen ließ, seine Autorin zu Beginn der Buchpremiere zu preisen, korrigierte auch eine Angabe in einem Artikel dieser Zeitung: Nicht 15, schon insgesamt 20 Theaterstücke habe Nino Haratischwili bisher verfasst. Derzeit inszeniert sie am Hessischen Landestheater Marburg ihr Jugendstück "Radio Universe", das am 22. September Premiere hat. Für diese erste Lesung aus dem Roman habe sie ihre "beschauliche Theaterwelt" nur kurz verlassen, so Unseld.
Die gewachsene Bedeutung Nino Haratischwilis lässt sich auch daran ablesen, dass ihr neuer in der vergangenen Woche erschienener Roman "Die Katze und der General" schon vielfach besprochen wurde. Das teils eher durchwachsene Echo lässt sich zweifellos unter anderem auf die hohen Erwartungen zurückführen, Nino Haratischwili indes wirkt nicht wie eine Autorin, die sich davon unter Druck setzen und in ihrem Schaffen irritieren ließe. Der neue Roman wurde durch ein Buch der 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja über den russischen Tschetschenien-Krieg ausgelöst.
Im Gespräch mit der HR-Kulturredakteurin Anna Engel erzählte Haratischwili von ihren Reisen nach Tschetschenien, von den traumatisierten Menschen dort und dem Mantel des Schweigens, der über den zwei Kriegen und den ungeheuren Verbrechen, die von einer entfesselten Soldateska begangen wurden, liege. Ein solches nicht gesühntes Kriegsverbrechen, die Vergewaltigung und die Ermordung eines 17 Jahre alten Mädchens, bildet einen der drei Erzählstränge im neuen Roman. Was hat die Tat mit einem der Männer, dem zum Kriegsdienst gezwungenen, später nur noch "der General" genannten Alexander Orlow, gemacht? Dessen Leben zwischen Schuldgefühl und zynischem Machtmissbrauch als skrupelloser Oligarch hat Haratischwili offenbar besonders interessiert. Die entscheidende Frage war: "Wie lebt man damit weiter, wie wird man vom Opfer zum Täter?"
Trotz der genauen Kenntnis der Verhältnisse in Tschetschenien geht es dem Roman aber vordringlich um das Thema Krieg und Gewalt. "Der Roman könnte auch in anderen Krisen- oder Kriegsgebieten spielen", erklärte Nino Haratischwili, nämlich überall dort, wo "komplett rechtsfreie Räume" entstehen. Sie habe versucht, das möglichst nicht moralisierend darzustellen und sich einen "fremden Blick" zu bewahren. Angesichts der vorgelesenen Passagen, in denen die schwer zu ertragende Grausamkeit der Handlung zumindest erahnbar war, stellte Anna Engel die nachvollziehbare Frage, wie man das tägliche Arbeiten an einem solchen Stoff ertrage. Die professionelle automatische Distanz, ihr "Berufsschutz", wie sie es nennt, verhindere, dass sie sich ganz dem Stoff ausliefert, so die Autorin. Aber eine Haltung hat sie doch. Ihrer Liebe zur russischen Kultur und Literatur zum Trotz: "Ich kann keinen versöhnlichen Blick auf die russische Gegenwart haben, es kann aus georgischer Sicht keinen entspannten Umgang mit Russland geben."
MATTHIAS BISCHOFF
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Jochen Hieber hätte nichts dagegen, schaffte es der neue Roman von Nino Haratischwili auf die Bestsellerlisten. Für große Literatur hält er den Text aber nicht. Zu wenig wuchtig das Geschehen, zu aufgesetzt und unglaubwürdig die Figurenpsychologie, meint er. Wie Haratischwili das Leben und Sterben ihrer zu Beginn der Handlung im Jahr 1994 17-jährigen Heldin zwischen Nordkaukasus und Berlin erzählt, zeugt für Hieber gleichwohl auch vom Talent der Autorin. Gelesen als "Gesellschafts-Thriller über ein Kriegsverbrechen", erklärt Hieber, funktioniert das Buch gut bis leidlich. Am besten noch in den Kapiteln mit einem allwissenden Erzähler, so der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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