"Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin." Thomas Brasch
"Ihre kleinen Geschichten aus der DDR das ist nicht das eigentlich Interessante. Das eigentlich Interessante steht hier und ist genau zwölf Zeilen lang."
Diese Worte sagte ein New Yorker Literaturagent zu Thomas Brasch, nachdem dieser 1976 die DDR verlassen hatte. Der Agent riet ihm, aus den zwölf Zeilen seiner Biografie auf dem Umschlag eines schmalen Erzählbandes einen Roman von 800 Seiten zu machen. Tatsächlich bot das Leben von Thomas Brasch einen ungeheuerlichen Stoff: ein jüdisches Kind, 1945 in England geboren, wohin seine Eltern vor den Nazis emigriert waren; die Rückkehr nach Ostdeutschland, wo der Vater in Stalins Reich zum stellvertretenden Kulturminister aufsteigt, besessen von der Idee, Rache zu nehmen und ein neues Deutschland zu errichten. Ein Sohn, der aufbegehrt, der die alten Männer im Politbüro verspottet und zu Zwangsarbeit in die Sümpfe nahe der polnischen Grenze verbannt wird, die der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg einst "meine Preußische Wüste" nannte. Ein Sohn, der dann, als er 1968 mit seiner Freundin Sanda Weigl, auch sie Kind von Eltern, die Hitler-Deutschland verlassen mussten, gegen den Einmarsch der Sowjetunion in die CSSR protestiert, vom -eigenen Vater ins Gefängnis gebracht wird. Ein Liebespaar wird zerrissen.
Bis dem Rebellen und seiner Freundin ausgerechnet Erich Honecker das Tor in den Westen öffnet. 200.000 Dollar für diesen Roman! Das war das Angebot des New Yorker Literaturagenten an den Dichter. Doch Brasch hat das Buch nie geschrieben, sondern verlor sich in einem gigantischen, über zehntausendseitigen Manuskript über einen Mädchenmörder, verlor sich in Alkohol und Drogen.
Jetzt, zehn Jahre nach dem Tod von Thomas Brasch, hat sein Freund und Weggefährte Klaus Pohl diesen Roman geschrieben.
"Ihre kleinen Geschichten aus der DDR das ist nicht das eigentlich Interessante. Das eigentlich Interessante steht hier und ist genau zwölf Zeilen lang."
Diese Worte sagte ein New Yorker Literaturagent zu Thomas Brasch, nachdem dieser 1976 die DDR verlassen hatte. Der Agent riet ihm, aus den zwölf Zeilen seiner Biografie auf dem Umschlag eines schmalen Erzählbandes einen Roman von 800 Seiten zu machen. Tatsächlich bot das Leben von Thomas Brasch einen ungeheuerlichen Stoff: ein jüdisches Kind, 1945 in England geboren, wohin seine Eltern vor den Nazis emigriert waren; die Rückkehr nach Ostdeutschland, wo der Vater in Stalins Reich zum stellvertretenden Kulturminister aufsteigt, besessen von der Idee, Rache zu nehmen und ein neues Deutschland zu errichten. Ein Sohn, der aufbegehrt, der die alten Männer im Politbüro verspottet und zu Zwangsarbeit in die Sümpfe nahe der polnischen Grenze verbannt wird, die der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg einst "meine Preußische Wüste" nannte. Ein Sohn, der dann, als er 1968 mit seiner Freundin Sanda Weigl, auch sie Kind von Eltern, die Hitler-Deutschland verlassen mussten, gegen den Einmarsch der Sowjetunion in die CSSR protestiert, vom -eigenen Vater ins Gefängnis gebracht wird. Ein Liebespaar wird zerrissen.
Bis dem Rebellen und seiner Freundin ausgerechnet Erich Honecker das Tor in den Westen öffnet. 200.000 Dollar für diesen Roman! Das war das Angebot des New Yorker Literaturagenten an den Dichter. Doch Brasch hat das Buch nie geschrieben, sondern verlor sich in einem gigantischen, über zehntausendseitigen Manuskript über einen Mädchenmörder, verlor sich in Alkohol und Drogen.
Jetzt, zehn Jahre nach dem Tod von Thomas Brasch, hat sein Freund und Weggefährte Klaus Pohl diesen Roman geschrieben.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Einmal noch gründlich lektorieren und Rezensent Helmut Böttiger könnte sich über ein richtig gutes Buch freuen (und die Filmindustrie über ein gutes Drehbuch). So aber, mit seinem schlaglichtartig behandelten, pathosgeladenen Stoff und den vielen schludrigen Sätzen hat er so seine Mühe mit Klaus Pohls Versuch, der Kunstfigur Thomas Brasch ein weiteres Genre zu öffnen, den Brasch-Roman aufzuschreiben. Dabei bringt Pohl gute Voraussetzungen mit, wie Böttiger einräumt. Als Wegbegleiter und Kollege des Dichters Brasch weiß er, worüber er schreibt, wenn er das Theater- und Künstlermilieu des Ostens mit viel Gefühl für Stimmungen dokumentiert. Eines allerdings muss der Leser laut Böttiger wissen: Das Buch ist nicht dasjenige, das Brasch nie geschrieben hat. Es ist höchstens das, welches er nie hat schreiben wollen, weil ihm seine Eindimensionalität abging. Pohl aber, so Böttiger, beherrscht gerade dies: Die pralle, emotionsgeladene Draufsicht auf die Verhältnisse. Allein die fiktiven Namen der Figuren, so scheint es ihm, ermöglichen es dem Autor auszuschmücken, zu verschieben, wegzulassen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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