Was hielten die frühen Christen von der (Vor-)Geschichte? Die Antwort auf diese Frage hat das geschichtliche Selbstverständnis des Christentums Jahrhunderte lang bestimmt. Clemens Alexandrinus (147/48 - um 215 n. Chr.) war der erste christliche Schriftsteller, der das Problem der Vorgeschichte methodisch und zugleich wegweisend erforschte. Er bemühte sich nicht nur um die Chronologie, sondern fragte nach dem Sinn der Dinge, nach dem Gott-Mensch-Verhältnis in der Historie. Seine Antworten münden in mehrere Hauptideen: Die Geschichte sei eher von Individuen als von "Massen" bestimmt; das Christentum sei die Urreligion, die Gott im historischen Christentum wieder durchgesetzt habe; dem Volk Israel habe er dabei eine überraschend kleine Rolle anvertraut. Clemens hielt die "geschehene Geschichte" für eine (teil-) platonische Spiegelung der wahren, extramundanen Wirklichkeit, die man als "Metageschichte" bezeichnen könnte. Sein Geschichtsverständnis orientierte sich am Ereignis der Menschwerdung Christi, dem Eindringen dieser "Metageschichte" in die Geschichte, das die Spannungen der Vergangenheit löste und die "Logik der Historie" enthüllte.