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Produktdetails
  • Verlag: Metropolis
  • ISBN-13: 9783895186691
  • Artikelnr.: 23502757
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.2008

Abgekühlte Klimapolitik
Ein Umweltökonom sucht den vernünftigen Mittelweg

Gibt es nur die Wahl zwischen Hysterie und Ignoranz? Kann man nur wählen zwischen Untergangspropheten oder jenen Klima-Skeptikern, die die Erderwärmung entweder für unproblematisch halten oder den menschlichen Einfluss bestreiten? In der Klimapolitik ist es sehr schwer, einen Mittelweg zu finden, weil man so viele schrille Töne hört. Auch dieses Buch kann nicht auf das Wort "Katastrophe" verzichten. Doch der Titel stammt garantiert vom Verlagsmarketing und nicht vom Autor. Denn Joachim Weimann dramatisiert nicht, sondern argumentiert. Er sucht einen rational begründeten Klimaschutz, und er beschreibt diesen selbst in den umweltökonomisch anspruchsvolleren Passagen des Buches derart leicht und verständlich, wie es viele Wirtschaftsprofessoren leider nicht mehr können.

Der Ökonom, der an der Universität Magdeburg lehrt, hält sich an den bewährten Grundsatz, als Erstes seine Prämissen darzulegen. Auch diese sind - ähnlich wie die Sprache - klar und deutlich: Der Klimawandel vollzieht sich, und der Mensch trägt dazu bei mit Kohlendioxid-Emissionen. Man müsse also jetzt etwas tun und dürfe nicht auf die letzte Sicherheit der Prognosen warten, schreibt Weimann. Er macht dazu einen treffenden Vergleich: Ein Familienvater geht mit seinen Kindern nicht über eine Eisfläche, die nur zu 90 Prozent sicher ist, sondern macht einen Umweg. "Natürlich kann es sein, dass das Eis trägt, und niemand kann definitiv ausschließen, dass es noch andere Ursachen für die Erderwärmung gibt als die Emission von CO2. Aber, liebe Klima-Skeptiker, es ist einfach verdammt unwahrscheinlich."

Ebenso klar wie die Prämissen ist das Ziel des Buches: Es will den kostengünstigsten Weg im Klimaschutz beschreiben: "Die Kosten sind das wichtigste Thema, wenn man es mit dem Klimaschutz ernst meint." Wegen einer "stillen Allianz" zwischen Politikern und Öko-Aktivisten rede man ungern über Geld. Schließlich gehe es um die Rettung. Diese hochnäsige Ignoranz hält Weimann für gefährlich. Denn gegen unnötig teure Maßnahmen würden sich die Menschen irgendwann wehren. "Vernünftige Klimapolitik verlangt, dass wir für jeden Euro, den wir opfern, um dafür weniger CO2 einzukaufen, so viel CO2-Reduktion bekommen wie möglich."

Haben die Politiker bisher eine vernünftige Klimapolitik betrieben? Nur zu einem geringen Teil, meint der Ökonom. Da er ein Faible für biblische Zahlen hat, listet er sieben "Todsünden" auf. Diese Irrtümer begründet er damit, dass die Politiker sich anmaßen, die jeweils niedrigsten Vermeidungskosten für CO2 zu kennen. Zum Polemiker wird Weimann im Kapitel über die Förderung erneuerbarer Energien, die der Stromkunde über die sogenannte EEG-Umlage subventioniert: "Die Förderung der Solartechnik ist das größte Desaster der deutschen Klimaschutzpolitik, und dennoch wird sie nach wie vor gefeiert."

Gute Klimapolitik besteht für den Autor darin, dass Politiker entweder über eine Emissionsteuer den Preis für CO2 festlegen oder aber im Emissionshandel mit Zertifikaten die Menge des Kohlendioxids reduzieren. Darüber hinaus sollten sie sich heraushalten, sich nicht als Planer oder ökologische Industriepolitiker betätigen, sondern den Markt gewähren lassen. Der suche die billigste Vermeidungsstrategie, weil CO2-Kosten in die Produktpreise eingehen.

Eine nationale oder europaweite Lösung versagt indes im globalen Maßstab, da es keine Weltregierung gibt. Da funktioniert nur eine freiwillige Lösung: Die Industrieländer müssen die armen Staaten mit einer Art Bestechung zum Mitmachen gewinnen. Weinmann schlägt ähnlich wie andere Umweltökonomen vor, den armen Ländern mehr CO2-Zertifikate zuzuteilen. Diese erwerben dann die Reichen, indem sie den Armen Klimaschutzprojekte finanzieren. Das wird teuer, warnt der Autor, doch es werde auf Dauer vermutlich billiger kommen als die jetzige Klimapolitik mit ihren Subventionen für Ökostrom und Biotreibstoff und mit ihren vielen Energiesparvorschriften.

KONRAD MRUSEK

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