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Fanny, die »Königin«, ist eine vom Schicksal immer wieder hart getroffene Frau, die ihren Lebensabend alleine verbringt und über alles Vergangene schweigt. Auch das Tagebuch auf ihrem Nachtkästchen, ein Geschenk ihrer Enkelin, lässt Fanny unberührt liegen, statt es mit den Tragödien des Erlebten zu füllen. Doch in Tagträumen und schlaflosen Nächten kann sie sich der Erinnerungen nicht erwehren, und so zieht ihr ganzes Leben in aufwühlenden Bildern an ihr vorbei: beginnend mit der Kindheit auf dem elterlichen Hof in den 1930er-Jahren bis zu ihrem nahenden Tod. Das Romandebüt der jungen…mehr

Produktbeschreibung
Fanny, die »Königin«, ist eine vom Schicksal immer wieder hart getroffene Frau, die ihren Lebensabend alleine verbringt und über alles Vergangene schweigt. Auch das Tagebuch auf ihrem Nachtkästchen, ein Geschenk ihrer Enkelin, lässt Fanny unberührt liegen, statt es mit den Tragödien des Erlebten zu füllen. Doch in Tagträumen und schlaflosen Nächten kann sie sich der Erinnerungen nicht erwehren, und so zieht ihr ganzes Leben in aufwühlenden Bildern an ihr vorbei: beginnend mit der Kindheit auf dem elterlichen Hof in den 1930er-Jahren bis zu ihrem nahenden Tod. Das Romandebüt der jungen österreichischen Autorin wurde mehrfach ausgezeichnet und fand in der Presse große Beachtung.
Autorenporträt
Laura Freudenthaler, geboren 1984 in Salzburg. Studium der Germanistik, Philosophie und Gender Studies, lebt in Wien. Für Die Königin schweigt erhielt sie den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis 2018, der Roman wurde als bestes deutschsprachiges Debüt beim Festival du premier Roman 2018 in Chambéry ausgezeichnet.
Rezensionen
»Fanny, die Tochter vom Hof in der Senke, könnte die jüngere Schwester sein von Seethalers stoisch duldendem Held.« Maria Frisé, FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2017

Freude der Schulmeisterin
Laura Freudenthalers Roman "Die Königin schweigt"

Ihr Debüt gab Laura Freudenthaler vor drei Jahren mit den fünf Paargeschichten "Der Schädel von Madeleine". Da war sie kaum dreißig und wollte ihr vielseitiges Talent zeigen und - zumindest mit einer Erzählung, der realistischen Beschreibung routinierter Sexualpraktik - womöglich auch schockieren. Mit ihrem Roman "Die Königin schweigt" versetzt sie uns statt in das ihr bekannte großstädtische Milieu junger Menschen zwischen Boheme und ersten Liebes- und Berufserfahrungen in ein österreichisches Bergdorf unter hart arbeitende Bauern, die nicht gelernt haben, zu reden und ihre Gefühle auszudrücken. Sie kennt sich auch da erstaunlich gut aus. Oder hat sie nur Robert Seethalers "Ein ganzes Leben" genau studiert?

Fanny, die Tochter vom Hof in der Senke, könnte eine jüngere Schwester sein von Seethalers stoisch duldendem Held. Diese Fanny ist auch eine Dulderin, die ihr Schicksal ohne Protest hinnimmt, ein Kind, das sich in der Ecke unter der Bank verkriecht, ein junges Mädchen, das wie alle im Dorf von früh bis spät im Stall wie auf dem Feld arbeitet, ohne zu klagen. Aber dann bittet sie doch den Vater, die Hauswirtschaftsschule in der Kleinstadt besuchen zu dürfen, und lernt, dass es noch etwas anderes gibt als die Schwerarbeit auf dem Hof. An einem einzigen Tag ihres Lebens, ihrem Hochzeitstag, darf sie sich wie eine Königin fühlen: Die Schönste im Dorf heiratet den Schulmeister und ist fortan die Schulmeisterin, abgehoben von allen anderen Frauen. Doch auch für immer getrennt vom Hof der Eltern, den der Bruder erben soll.

Sie wächst mit ihren Aufgaben als Schulmeisterin, erwirbt sich Anerkennung, als sie täglich für die Schulkinder ein Mittagessen kocht und den Frauen zuhört, ohne sich am Dorfklatsch zu beteiligen. Das Schweigen, das sie seit ihrer Kindheit kennt, bricht sie trotzdem nicht auf, auch ihrem Mann gegenüber nicht. Nur beim Tanzen ist sie seine Partnerin. Für das Tanzen müssen sie an Orte fahren, wo niemand sie kennt, dafür darf sie sich sogar schönmachen. Sie näht sich selbst "sündige Kleider aus sündigem Stoff", der glänzt oder knistert. Die Gesetze des Dorfes sehen Vergnügungen wie Tanzen nicht vor.

Im Gasthaus betrinken sich die Männer regelmäßig, und spät heimgekehrt, schlagen sie nicht selten Frau und Kinder. Auch der Schulmeister geht oft ins Wirtshaus zu den Männern, die Karten spielen und trinken. Sie haben ihn zum Ortsvorsteher gewählt und außerdem ist er Parteigenosse geworden. Krieg und Naziherrschaft deutet Laura Freudenthal aber nur an. Das Dorf verharrt in einem erstarrten archaischen Zustand, hier ändert sich kaum etwas. Nur der Tod bedeutet jedes Mal eine Zäsur und meistens auch einen Zusammenbruch. Obwohl er als "Gevatter" ein stets präsenter Begleiter ist, verliert er nichts von seinem Schrecken.

Nach Schicksalsschlägen wie dem Tod des Bruders, der Eltern und schließlich auch des Schulmeisters, der nach einem nächtlichen Gelage tödlich verunglückt, verliert Fanny ihren sicheren, angesehenen Platz im Dorf. Der einzige Sohn geht bald eigene Wege. Die Kleinstadt, in die sie zieht und wo sie wieder Fuß zu fassen versucht, kann ihr nicht ersetzen, was sie in ihrem Heimatdorf war: die Schulmeisterin, die Schönste und einen Tag lang die Königin.

Laura Freudenthaler hat für dieses schlichte Leben eine lakonische, manchmal auch poetische Sprache gefunden. In kurzen prägnanten Szenen wechselt sie von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück. Gegen Ende besteht das Leben der alten Frau aus Warten. Das Buch, das ihr die Enkelin geschenkt hat, damit sie ihre Erinnerungen aufschreibt, liegt ungenutzt mit leeren Seiten auf dem Tisch. Fanny wartet nur noch auf den Tod.

MARIA FRISÉ

Laura Freudenthaler: "Die Königin schweigt". Roman.

Literaturverlag Droschl, Graz 2017. 206 S., geb.,

20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Maria Frisé ist nicht sicher, ob Laura Freudenthaler ihre Geschichte nicht woanders abgeguckt hat. Schließlich ist das Milieu der Bauern nicht ihr angestammtes. Die leidvolle Geschichte einer Frau aus einem österreichischen Bergdorf erzählt ihr die Autorin allerdings gekonnt lakonisch, poetisch, prägnant und mit Rückblicken in die Vergangenheit. Dass Krieg und Naziherrschaft im Text nur am Rand vorkommen, fällt Frisé zwar auf, stört sie aber nicht weiter.

© Perlentaucher Medien GmbH