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Eine Reise auf den Spuren der sagenhaften Königin
Ihre Entdeckung im ägyptischen Tell el-Amarna war eine Sensation, ihre Präsentation 1924 in Berlin sorgte für Furore weit über Deutschland hinaus. Inzwischen reicht schon ihre Silhouette aus, und alle wissen, wer gemeint ist und wofür sie steht. Was aber ist der Grund dafür, dass die weltberühmte Büste der Nofretete heute an ganz unterschiedlichen Orten als Paradebeispiel für weibliche Schönheit verstanden wird? Und wie kommt es, dass Nofretetes Zauber mehr als drei Jahrtausende unbeschadet überstanden hat?
Der Historiker Sebastian Conrad
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Produktbeschreibung
Eine Reise auf den Spuren der sagenhaften Königin

Ihre Entdeckung im ägyptischen Tell el-Amarna war eine Sensation, ihre Präsentation 1924 in Berlin sorgte für Furore weit über Deutschland hinaus. Inzwischen reicht schon ihre Silhouette aus, und alle wissen, wer gemeint ist und wofür sie steht. Was aber ist der Grund dafür, dass die weltberühmte Büste der Nofretete heute an ganz unterschiedlichen Orten als Paradebeispiel für weibliche Schönheit verstanden wird? Und wie kommt es, dass Nofretetes Zauber mehr als drei Jahrtausende unbeschadet überstanden hat?

Der Historiker Sebastian Conrad nimmt uns mit auf eine Reise in das alte Ägypten und die Welt der Pharaonen; er schildert, unter welch dubiosen Umständen die Büste im Zeitalter des Kolonialismus nach Berlin gelangte und wie seither um ihren Besitz gerungen wird. Seine weitgespannte historische Erzählung führt uns nicht nur nach Berlin und Kairo, sondern auch nach China, Indien und Brasilien, und wir erfahren,warum sich heute gerade Künstlerinnen wie Beyoncé und Rihanna als Wiedergängerinnen Nofretetes inszenieren.
Autorenporträt
Sebastian Conrad, geboren 1966 in Heidelberg, ist Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte von Kolonialismus und Postkolonialismus sowie die Geschichte¿Ostasiens und des historischen Denkens. Er hat in New York und Paris, Florenz und Tokio gelehrt und ist heute einer der international renommiertesten Vertreter der Globalgeschichte sowie Autor zahlreicher Bücher, darunter Deutsche Kolonialgeschichteund Globalgeschichte. Eine Einführung. 
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Rezensent Ronald Düker kann Sebastian Conrads mit dem für den Deutschen Sachbuchpreis nominierte Darstellung der Faszinationsgeschichte der ägyptischen Königin Nofretete sehr zur Lektüre empfehlen. In "Die Königin. Nofretetes globale Karriere" setzt sich der in Berlin lehrende Historiker sowohl mit der historischen Gestalt Nofretetes, die zur Zeit der Kulturrevolution unter Pharao Echnaton, also ca. 1300 vor Christus, auf dem Gebiet des heutigen Ägypten als ihrem Mann gleichgestellte Herrscherin lebte, als auch mit ihrer 1920 von dem deutschen Archäologen Ludwig Borchardt ausgegrabenen, mittlerweile im Neuen Museum ausgestellten Büste und dem Hype, den sie auslöst, auseinander. Ägyptens Rückforderung des Kunstwerks wird dabei genauso diskutiert wie popkulturelle Aneignungen durch Beyoncé & Co. Düker zufolge gelingt es Conrad, als ausgezeichnetem Erzähler, den kriminalistischen Thrill der Nofretete einzufangen und dabei doch bei den Fakten zu bleiben. Ein Sachbuch, das sich für viele zur Lektüre eignet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2024

Die Schöne ist geblieben

Vor hundert Jahren wurde die berühmte Büste der Nofretete in Berlin zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Historiker Sebastian Conrad erzählt die Umstände - und was dann geschah.

Der "Nofretete-Club" wurde in den 1930er-Jahren in Omaha, Nebraska gegründet. "Obwohl die meisten der Mitglieder gutaussehend sind", berichtete damals eine Zeitung, "haben sie alle einen Defekt an einem ihrer Augen. Doch wie Nofretete weigern sie sich alle zu glauben, diese Unzulänglichkeit mache sie weniger attraktiv."

Tatsächlich fehlt der berühmten Büste der Ägypterin im linken Auge die Einlage aus Bergkristall - und das machte ihr auch nichts. Als sie am 1. April 1924 im Neuen Museum in Berlin zum ersten Mal von der breiten Öffentlichkeit bestaunt werden konnte, begann eine ikonographische Weltkarriere, die allenfalls mit jener der Mona Lisa zu vergleichen ist.

"Es gab so gut wie keine Beschreibung der Skulptur, die ohne das Wort 'schön' auskam", schreibt der Berliner Historiker Sebastian Conrad in seinem Buch, das dieser Karriere in allen ihren Dimensionen nachspürt, also nicht etwa nur den ästhetischen oder medienhistorischen, sondern auch den diplomatischen, weltgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen.

Wie alle großen Karrieren hat auch diese eine Vorgeschichte, genauer zwei. Da wäre erstens die einer Königin aus der sogenannten Amarna-Epoche Ägyptens im vierzehnten Jahrhundert vor Christus. Nun ist diese für die spätere Karriere ihrer Büste nur partiell wichtig und obendrein ein Thema, über das in der Ägyptologie gestritten wird wie um kein anderes. Natürlich kann Conrad diese Debatte hier nicht umfassend abbilden, dennoch ist schade, dass die Leser beispielsweise nicht erfahren, dass die im Februar 2010 veröffentlichten Kairoer Genanalysen, mit denen man einige Verwandtschaftsbeziehungen mumifizierter Angehöriger der damaligen Königsfamilie glaubt aufgeklärt zu haben, die meisten der mit alter DNA befassten Forscher nicht überzeugen. Auch Details wie die Sache mit dem linken Auge der Büste sind keineswegs geklärt. Anders, als Conrad schreibt, "wissen wir" keineswegs, dass der Bildhauer es absichtlich nicht vollendet hat.

Die zweite Vorgeschichte zur Karriere der Büste ist die der weltpolitischen Bedingungen, unter denen sie 1912 bei Grabungen des deutschen Archäologen Ludwig Borchardt im mittelägyptischen Tell el-Amarna gefunden wurde, danach im Zuge der damals praktizierten Fundteilung nach Berlin gelangte und dort der Öffentlichkeit elf Jahre lang vorenthalten wurde. Hier ist Conrad als Professor für Neuere Geschichte eher in seinem Metier und kann primärquellengestützt dafür plädieren, die damalige Archäologie nicht unabhängig von der Praxis der europäischen Mächte zu sehen, die Welt in Einflussgebiete aufzuteilen. Conrad zieht aber auch Verbindungen zwischen dieser imperialen Politik und kulturellen Phänomenen, die der Karriere Nofretetes den Boden bereiteten, namentlich die Sicht auf das alte Ägypten als Teil der Genese einer westlichen Moderne.

Hinzu kam dann noch zweierlei. Zum einen die Besonderheit der von Nofretetes Gatten Echnaton geprägten Amarna-Epoche oder wie man sie am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts deutete, zum anderen Trends der modernen Kunst jener Jahre. In der Kunst aus Amarna glaubte man Verwandtes zu spüren, sah einen "Kubismus der Ägyptik". In diese Atmosphäre trat 1913 die Eröffnung einer Ausstellung der Amarna-Funde Borchardts, allerdings noch ohne die Nofretete. Den Grund dafür, warum man sie nicht zeigte, sieht Conrad in Borchardts Befürchtungen, Ägypten könnten die Büste zurückfordern, wenn bekannt würde, was für ein bedeutendes Kunstwerk sie ist.

Sie waren begründet. Bis auf den heutigen Tag steht man in Ägypten auf dem Standpunkt, der damalige Leiter der Kairoer Altertumsbehörde sei von Borchardt bei der Fundteilung übers Ohr gehauen worden. Die Ausfuhrgenehmigung nach Berlin sei mithin vielleicht legal gewesen, aber nicht legitim. Sebastian Conrad unterstützt diese Position, zumal er schon in der Institution der Fundteilung ein Symptom imperialer Bevormundung der im Fundgebiet heute ansässigen Bevölkerung durch die europäischen Mächte sieht. Mit seiner Positionierung verweigert er sich allerdings der Maxime "sine ira et studio", also ohne Zorn und Eifer, die der römische Historiker Tacitus seiner Zunft einst ins Stammbuch schrieb - und das bekommt dem Buch nicht gut. Einerseits stilistisch. Wenn etwa der Aussage eines Museumsverantwortlichen "Kolonialherrenmanier" bescheinigt wird, passt das vielleicht in einen Meinungsbeitrag für eine Zeitung, aber nicht in ein wissenschaftliches Sachbuch. Aber die Positionierung färbt auch inhaltlich ab. So referiert Conrad die 2009 geäußerte Vermutung des angesehenen Berliner Ägyptologen Rolf Krauss, wonach Borchardt eine heute in Kairo aufbewahrte Stele aus Amarna gefälscht habe, damit die Antikenbehörde bei der Fundteilung diese wählte - und nicht die Nofretete. Was Conrad nicht erwähnt, ist, dass die Echtheit jener Stele für die Mehrheit der Fachleute nach wie vor außer Frage steht, einschließlich der des Kairoer Museums.

Das alles entwertet aber keineswegs den Hauptteil des Buches, der jene mehrdimensionale globale Karriere Nofretetes nach 1924 und ihre historischen Kontexte aufzeigt. Diese Karriere charakterisiert Conrad vor allem als eine Geschichte der Vereinnahmungen. Dabei verwendet er den im alltäglichen Sprachgebrauch zumeist moralisch aufgeladenen Begriff hier vor allem beschreibend, nun tatsächlich sine studio. Denn vereinnahmt wird und wurde Nofretete nicht nur von imperial gesinnten Europäern zur Eingliederung Ägyptens, insbesondere Amarnas, in die Vorgeschichte des modernen Westens oder von der Bundesrepublik zwecks Inszenierung ihrer selbst als kosmopolitischer Gesellschaft, nicht nur von den Berlinern, der Popkultur oder einer durchgeknallten Faschistin. Vereinnahmt wurde die Königin auch durch feministische Künstlerinnen, den ägyptischen Nationalismus, durch afrikanische Politiker und Intellektuelle. Vereinnahmt wurde sie in der indischen Provinz Bengalen und in Brasilien. Vereinnahmt wurde sie "als Ikone Schwarzer Schönheit und Symbol afroamerikanischer Ansprüche auf Gleichberechtigung" und "als Symbol für Black Pride und die Macht Schwarzer Frauen".

Manche dieser Rollen vermag die Königin problemlos nebeneinander zu spielen, viele aber auch nicht. So kann die Nofretete des ägyptischen Nationalismus in den Augen seiner Anhänger nicht die Nofretete der Dekolonialisierung Afrikas oder eines afroamerikanischen Empowerments sein - auch wenn beide gegen die Nofretete der imperialen Europäer und ihrer Rechtsnachfolger stehen. Conrad gehört zu den ersten Historikern, die sich in dieser Ausführlichkeit an das heikle Thema solcher Konflikte wagen. Und das, obwohl der "Pharaonismus" der Republik Ägypten, also die Inanspruchnahme antiker Größe für die heutige nationale Identität am Nil - ebenso wie die Kritik daran vonseiten derer, die dort lieber einer islamischen oder arabischen Identität anhängen -, eine nicht unerhebliche Rolle für die Debatte darüber spielt, wie legitim oder illegitim die Anwesenheit der Nofretete in Berlin denn nun ist.

"In welchem Maße können heutige postkoloniale Gesellschaften Ansprüche auf vergangene Kulturen erheben?", fragt Conrad denn auch. "Kann man sagen, dass ein unzertrennbares Band die antike ägyptische Kultur mit dem modernen Ägypten verbindet? Eine solche Kontinuität von Amarna bis heute, über 3400 Jahre hinweg, ist immer eine politisch motivierte Projektion." Allerdings, die Einordnung der Nofretete-Büste in die Vorgeschichte des Westens oder ihr Einsatz zum Aufweis eines kosmopolitischen Berlins oder der Bundesrepublik beruhten ebenfalls auf "erfundenen Traditionen". Am Ende also ein Patt. Käme die Büste nach Kairo, dann als Symbol oder Geste unter besonderen politischen Umständen, wie es schon zweimal, 1933 und 1952, fast passiert wäre. Dann brächte sie aber keine letztlich obwaltende Gerechtigkeit dorthin, nicht der Weltgeist, sondern wieder nur die Weltgeschichte.

Doch angesichts der globalisierten Präsenz der Königin wirkt die Frage nach ihrer Lokalisierung heute fast ein wenig anachronistisch. "Häufig spielt nicht nur ihr gegenwärtiger Aufenthaltsort im Berliner Museum keine Rolle mehr", schreibt Conrad, "auch ihre ägyptischen Ursprünge verlieren an Bedeutung." Spätestens im Internetzeitalter ist die Schöne in der ganzen Welt angekommen, und dort, in der digitalen Ikonosphäre, wird sie in jedem Fall bleiben. ULF VON RAUCHHAUPT

Sebastian Conrad:

"Die Königin".

Nofretetes globale Karriere.

Propyläen Verlag,

Berlin 2024, 384 S., Abb., geb., 29,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Nofretete ist vom archäologischen Fundstück zum globalen Phänomen geworden: Diese Wandlung beschreibt und ergründet der Historiker Sebastian Conrad in seinem so kennnisreichen wie zugänglichen Buch« Claudia Mäder Neue Zürcher Zeitung 20240810