Der 1400 von Hans von Bühel verfasste Versroman Die Königstochter von Frankreich entstand in der Mitte einer acht Jahrzehnte langen, beinah 'romanfreien' Phase der deutschen Literaturgeschichte: Als Bearbeitung des in der Vormoderne weit verbreiteten Stoffes des 'Mädchens ohne Hände' folgt er der Tradition der spätmittelalterlichen Minne- und Abenteuerromane; als pseudo-historische Erzählung über die Entstehung des Hundertjährigen Krieges wurde er um das Jahr 1500 mit dem frühneuzeitlichen Prosaroman 'Hug Schappel' zweimal gedruckt. In der germanistischen Forschung wurde er allerdings kaum rezipiert - die einzige vorangegangene Edition der Königstochter von Frankreich stammt aus dem Jahr 1867 und ist vielfach fehlerhaft. Die vorliegende Edition nimmt sich vor, diese Lücke zu füllen: Durch die Wiedergabe der gesamten Überlieferung (Fragmente aus dem 15. Jh. und Grüninger-Druck vom Jahr 1500), die Einrichtung von Apparaten und die semi-diplomatische Ausgabe des Werkes ermöglicht der edierte Text, das Werk wissenschaftlich zu zitieren und alle Textzeugen zu vergleichen. Gleichzeitig nutzt die Edition die intermediale Präsenz der Königstochter von Frankreich. Da der als Basis der Neuausgabe gewählte Grüninger-Erstdruck online frei zugänglich ist, werden das gesamte Seitenlayout des Druckes bzw. der originale Seitenspiegel genau reproduziert, sodass ein gleichzeitiges Blättern in beiden Medien möglich wird. Dieses Zusammenspiel der Medien erlaubt sowohl ein wissenschaftliches, paralleles Arbeiten mit dem Text der Ausgabe und dem frühneuzeitlichen Druck, als auch einen didaktisch orientierten, vereinfachten Zugang zum originalen gedruckten Text.
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Hagby schließt mit dieser Untersuchung und Edition eine Forschungslücke und macht so die Erzählung, die in Versromanformden Manekine-Stoff verarbeitet und zu einer pseudo-historischenErklärung des 100-jährigen Krieges führt, erstmals kritisch aufbereitetzugänglich. [...] Es steht zu hoffen, dass durch diese gelungene Edition ein Text, der bislang wenig germanistische Aufmerksamkeit erfahren hat, verstärkt den Weg in die wissenschaftliche Beschäftigung und auch in die universitäre Lehre findet. Für die spätmittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Romanforschung wäre dies ein großer Gewinn. - Lina Herz, in: Germanistik 58.1-2 (2017)