Wahrnehmungen gehören zu den ermöglichenden Bedingungen von Kommunikationssystemen und sind in einem komplexartigen Zusammenwirken von motorischen und sensorischen Leistungen unseres Körpers fundiert. Will man deren Beitrag zu Konstitution und Strukturierung von Interaktionssystemen verstehen, muss die Beschreibung der Sinne funktional dem Kommunikationsprozess und den damit verbundenen Problemen der Koorientierung zugeordnet bleiben. Dies wirft Fragen auf, und zwar a) hinsichtlich der Spezifikation derjenigen sensomotorischen Effekte, denen eine solche systemkonstitutive Funktion zukommt, und b) wie im weiteren Verlauf des interaktiven Prozesses durch die Inanspruchnahme der sensomotorischen Vermögen Koordinationswahrscheinlichkeiten erhöht und Kommunikationsprozesse in Gang gebracht und gesteuert werden können. Auf der Grundlage dieser Überlegungen wird verständlich, welche sensomotorischen Leistungen überhaupt als Erzeugungsgrundlage für kommunikativ relevante Einheiten in Frage kommen, wie dies mit der Selbsterzeugung von Kommunikationsmitteln sowie der je unterschiedlichen Symbolfähigkeit sensorischer Systeme zusammenhängt und inwiefern die Abschätzung von Reichweiten, Erfolgswahrscheinlichkeiten und Realisierungsbedingungen kommunikativer Prozesse durch Eigenschaften sensomotorischer Systeme bestimmt sind. Die vorliegende Studie entwickelt eine Theorie der interaktiven Inanspruchnahme der Sensomotorik, indem sie die diesen Prozessen zugrundeliegenden Strukturen und Regeln bestimmt und deren Verschränkung mit der gesellschaftlichen Konstruktion der Sinne rekonstruiert. Die dabei gewonnen Einsichten verdeutlichen den konstitutiven Zusammenhang der sensomotrischen Kreisprozesse mit historisch und kulturell kontingenten Formvorlagen für die Sinnverarbeitung einerseits und den je kontextrelativen Erwartungsstrukturen, die den sozialen Umgang mit Wahrnehmen und Wahrnehmenlassen in Kommunikationssystemen steuern.