Friederike Mayröckers Prosa hat etwas Atemloses, das alle Festlegungen überschreitet und sich noch für die kleinsten Details öffnet. Mit präzisester Schärfe werden sie überhaupt erst sichtbar gemacht und zur Sprache gebracht, bis sie sich selbst merkwürdig werden. Die »Sprach-Hochgeschwindigkeitskamera« erzeugt ein »Mayröcker-Kino« (Thomas Kling), in dem sich nichts Gemütliches findet. Entdeckungsreisen, Sprachabenteuer sind Sache der 78jährigen Autorin, die etwa Wünsche für ein »ruhiges und besinnliches Fest« in »schrecklichen Aufruhr« versetzen: »nein, schreie ich in mir ... kein ruhiges besinnliches Fest, sondern stürmisch aufregend mit riesigen Meereswogen solle es über mich kommen, zerfleddert, zerzaust, zerknittert, und hitzig und zart ...« Alle Wahrnehmungsorgane wirken wie zum Zerreißen gespannt; Innen und Außen, Wirklichkeit und Literatur fließen ineinander, als gäbe es keine Grenzen dazwischen, als sei alles verbunden durch Gefäße, die miteinander kommunizieren, Interferenzen erzeugen, Lärm und Stille zugleich.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Von diesem Buch, das die Lyrikerin kurz nach dem Tod ihres Lebensgefährten Ernst Jandl geschrieben hat, ist Cornelia Jentzsch angetan und berührt. Sie charakterisiert den Band als "langen, langsamen Abschied" und erkennt in ihm gleichzeitig Reflexionen über das Schreiben selbst. Dabei seien allenthalben "Phantomschmerzen" spürbar, die der Tod Jandls bei der Autorin hinterlassen haben, so die Rezensentin mitfühlend. Sie findet, dieser Band ist nicht zuletzt deshalb ein "erschütterndes Buch", weil es ihrer Ansicht nach demonstriert, wie "widerstandsfähig gegen den Tod das Leben" ist, trotz aller Schmerzen der Weiterlebenden.
© Perlentaucher Medien GmbH
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