Eine verzaubernde und ungemein mitreißende Lektüre
Eine Frau begibt sich auf eine einsame Reise. Ihr Ziel: der Mond. Doch es ist nicht die Sehnsucht nach dem Himmelskörper, die sie antreibt. Hella will einfach weg. Magisch und auf verführerische Weise schwerelos ist dieser Debütroman von Jo Lendle, der von den Dingen erzählt, die uns dazu bewegen, an der Erde festzuhalten - oder sie loszulassen.
Hella Bruns ist auf dem Weg zum Mond. Ein Abenteuer, möchte man meinen, oder ist es eine Flucht? Ihr Weg führt sie durch die unendliche zentralasiatische Weite, durch Länder, die alles brauchen, aber keine Raumfahrt. Kilometer für Kilometer entfernt sich Hella von einem Leben, das ihr nichts mehr bedeutet, und von der Erinnerung an ihren Sohn, der die Sterne liebte und dessen größter Wunsch es war, dem Weltall ein Stückchen näher zu kommen. Als sie das Kosmodrom erreicht, erscheint die Anlage unwirklich, und die Raketentechnik mutet an wie aus längst vergangener Zeit. Aber die Vorbereitungen laufen, und immer wieder taucht ein Mann auf, der ihr bald nicht mehr aus dem Kopf geht. Es sieht aus, als wolle die Erde Hella nicht so leicht freigeben - ein letztes Mal entfaltet sie ihre Anziehungskraft.
"Die Kosmonautin" erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Reise - schwerelos, aber niemals abgehoben, poetisch, bildkräftig und faszinierend vom ersten Satz an. Kurzum: ein magischer Debütroman.
Eine Frau begibt sich auf eine einsame Reise. Ihr Ziel: der Mond. Doch es ist nicht die Sehnsucht nach dem Himmelskörper, die sie antreibt. Hella will einfach weg. Magisch und auf verführerische Weise schwerelos ist dieser Debütroman von Jo Lendle, der von den Dingen erzählt, die uns dazu bewegen, an der Erde festzuhalten - oder sie loszulassen.
Hella Bruns ist auf dem Weg zum Mond. Ein Abenteuer, möchte man meinen, oder ist es eine Flucht? Ihr Weg führt sie durch die unendliche zentralasiatische Weite, durch Länder, die alles brauchen, aber keine Raumfahrt. Kilometer für Kilometer entfernt sich Hella von einem Leben, das ihr nichts mehr bedeutet, und von der Erinnerung an ihren Sohn, der die Sterne liebte und dessen größter Wunsch es war, dem Weltall ein Stückchen näher zu kommen. Als sie das Kosmodrom erreicht, erscheint die Anlage unwirklich, und die Raketentechnik mutet an wie aus längst vergangener Zeit. Aber die Vorbereitungen laufen, und immer wieder taucht ein Mann auf, der ihr bald nicht mehr aus dem Kopf geht. Es sieht aus, als wolle die Erde Hella nicht so leicht freigeben - ein letztes Mal entfaltet sie ihre Anziehungskraft.
"Die Kosmonautin" erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Reise - schwerelos, aber niemals abgehoben, poetisch, bildkräftig und faszinierend vom ersten Satz an. Kurzum: ein magischer Debütroman.
Jo Lendle schießt seine Heldin auf den Mond / Von Roman Luckscheiter
Die Romantiker haben es sich mit dem Traum vom Fliegen scheinbar einfach gemacht: "Wir träumen von Reisen durch das Weltall: ist denn das Weltall nicht in uns?", fragte Novalis, um den epochemachenden Slogan auszugeben: "Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg." Das hat ganze Generationen von Sternguckern in die energiesparende Introspektion geschickt. Selbst diejenigen, die in den sechziger Jahren Novalis' berühmte blaue Blume rot färbten, folgten noch seiner Anweisung und verschafften sich kosmische Erlebnisse am heimischen Haschischpfeifchen.
Doch die dabei bewirkte "Große Fahrt nach oben", wie Bernward Vesper in seinem Romanessay "Die Reise" einen Drogentrip umschreibt, bekam Konkurrenz, als die Amerikaner auf dem Mond landeten. Da ließ die bemannte Raumfahrt die bekiffte Innerlichkeit plötzlich ziemlich alt aussehen. Bescheiden sprach Astronaut Neil Armstrong den wiederum epochalen Merksatz vom "kleinen Schritt für einen Menschen", aber "großen Schritt für die Menschheit" aus. Von nun an war Science-Fiction Realität geworden, seither gilt es nur noch, sie in Form von Weltraumtourismus zu demokratisieren. Hier dreht sich die Armstrong-Sentenz um: Die Reise nach oben ist allenfalls noch ein faits divers für die Menschheit, aber ein einschneidendes Ereignis für diejenigen, die in ihren Genuss kommen und sich danach sehnten, einmal die Atmosphäre hinter sich zu lassen.
Jo Lendle hat nun einen kleinen, feinen Roman über die Sehnsucht in Zeiten des Machbaren geschrieben. Seine Hauptfigur heißt Hella, arbeitet in einer orthopädischen Werkstatt und gewinnt in einem Preisausschreiben einen Raketenflug zum Mond, angeboten von einer privaten Firma, die ein stillgelegtes Kosmodrom aus Sowjetzeiten in der russischen Steppe reaktiviert hat. Dorthin bricht Hella mit ihrem Pkw auf und reist von Deutschland aus tagelang quer durch Vorderasien.
Diesem schier endlos wirkenden Weg durch öde Landstriche und fremde Kulturen ist die erste Hälfte des Buchs gewidmet: Die Vorstellung, bald das Gefühl von Schwerelosigkeit zu verspüren, treibt Hella an und verleiht ihr eine unbeirrbare Zielstrebigkeit, mit der sie die nationalen und sprachlichen Grenzen überwindet, um gerade einmal an Rastplätzen oder Jahrmärkten mit Menschen kurzzeitig in Kontakt zu kommen.
Als wäre es ein Film von Wim Wenders, erzählt Lendle diesen Trip ins Ungewisse als eine Art langen Brief zum kurzen Abschied; die Erwartung, die Welt bald aus großer Distanz sehen zu können, bewirkt bei Hella eine geschärfte Wahrnehmung für die latente Schönheit dessen, was sie zurücklassen wird. Doch als sie am abgetakelten Weltraumbahnhof angekommen ist, bedarf es noch einiger Tage des Wartens und der Vorbereitung, in denen die Heldin bei aller Kargheit der Umgebung russische Gemütlichkeit kennenlernt, erotische Zuwendung findet - und sich an kindliche Glücksgefühle erinnert: "Es war wie ein langer Advent, das Erstarren in der Andacht, das Harren auf ein Ereignis, das einfach nicht näherrücken wollte."
Lendles Erzählstil dagegen ist kurzweilig, deutet Zusammenhänge an statt aus und zeugt trotz seiner nüchternen Lakonie von impressionistischem Beschreibungstalent und subtilem Einfühlungsvermögen. Als die Rakete mit Hella an Bord startet, ist dem Leser längst klar, dass die Reise zum Mond doch auch hier wieder nach innen losgegangen ist. Denn ganz offensichtlich war der Weg das Ziel: Eigentlich hätte Hellas fünfzehnjähriger Sohn, der sich seit seiner Kindheit an passioniert mit dem Mond beschäftigt hatte, diese Reise antreten sollen, doch nachdem er bei einer politischen Demonstration tödlich verunglückt war, entschied sich Hella, seinen Traum stellvertretend wahr werden zu lassen. Der Mond in seiner seit Jahrtausenden bedichteten und beschworenen Anziehungskraft wird hier zum Fixpunkt einer langwierigen Trauerarbeit.
Mit traumwandlerischer Sicherheit begibt sich die Mutter in die therapeutische Rolle der Kosmonautin, reflektiert über das Universum und findet dabei zu sich selbst - just dort, wo sie ins All geschossen werden soll. Die Technik erweist sich in diesem Fall nicht als der Gegner der Romantik, sondern als ihre Vollendung: "Der Sitz der Seele ist da, wo sich Innenwelt und Außenwelt berühren", schrieb Novalis, und Jo Lendle hat ihn in der Raumkapsel gefunden.
Jo Lendle: "Die Kosmonautin". Roman. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008. 192 S., br., 16,95 [Euro].
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"Wer immer noch glaubt, die Erde sei rund, sollte unbedingt dieses Buch lesen. Und alle anderen auch." Felicitas Hoppe
"Während in der jungen deutschen Literatur ringsum die Geschütze der Generationsromane aufgefahren werden, geladen mit Sex, Drugs und Cyberspace, sitzt auf dem Schlachtfeld ein kleines Prosabändchen und spielt Hans Guckindieluft. Unbeeindruckt vom Tamtam der neuen Blechtrommler pflückt es Pusteblumen und sieht zu, wie die Fallschirme durch die Luft trudeln und sich da und dort niederlassen oder hängen bleiben, luftig und mit geringer Bodenberührung." (Zu Unter Mardern) Heinrich Detering, FAZ
"Man möchte nur zitieren; man unterlässt es; man müsste das ganze Buch abschreiben, verraten wäre immer noch nichts. So intelligent, so hinterhältig und kaltschnäuzig ist Tiefsinn seit, der Name muss genannt werden, Lettau nicht mehr freigestellt, in Sprache aufgehoben worden." (zu "Unter Mardern") Bruno Steiger, NZZ
"Während in der jungen deutschen Literatur ringsum die Geschütze der Generationsromane aufgefahren werden, geladen mit Sex, Drugs und Cyberspace, sitzt auf dem Schlachtfeld ein kleines Prosabändchen und spielt Hans Guckindieluft. Unbeeindruckt vom Tamtam der neuen Blechtrommler pflückt es Pusteblumen und sieht zu, wie die Fallschirme durch die Luft trudeln und sich da und dort niederlassen oder hängen bleiben, luftig und mit geringer Bodenberührung." (Zu Unter Mardern) Heinrich Detering, FAZ
"Man möchte nur zitieren; man unterlässt es; man müsste das ganze Buch abschreiben, verraten wäre immer noch nichts. So intelligent, so hinterhältig und kaltschnäuzig ist Tiefsinn seit, der Name muss genannt werden, Lettau nicht mehr freigestellt, in Sprache aufgehoben worden." (zu "Unter Mardern") Bruno Steiger, NZZ
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Hella, die Heldin dieses Romans, darf einen Flug zum Mond antreten. Abflug ist aus der russischen Steppe, also begibt sich Hella, die in Deutschland als Orthopädin arbeitet, erst einmal dorthin. Eine ganze Menge Zeit scheint zu vergehen, und manches ("erotische Zuwendung", Erinnerung an die Kindheit) trägt sich zu, bis die Rakete dann die Erde verlässt. Rezensent Roman Luckscheiter leitet seine Kritik mit Überlegungen zu romantischen Reisen nach Innen ein und landet zuletzt auch wieder bei genau diesem Thema. Denn zwar entferne sich die Heldin von der Erde, doch geht es dabei in Wahrheit um eine Therapie: Die Reise zum Mond hatte eigentlich Hellas Sohn gewonnen, der aber bei einer politischen Demonstration starb. Luckscheiter lobt den Autor Jo Lendle für seinen "kurzweiligen Erzählstil" und das "impressionistische Beschreibungstalent".
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Fesselnd, bildgewaltig und auf entwaffnende Weise überaus irdisch." bild.de