Else Lasker-Schüler, 1869 in Elberfeld (Wuppertal) geboren, 1945 in Jerusalem gestorben, lebte seit 1894 in Berlin, schrieb Gedichte, Theaterstücke, Prosa und wurde eine der bekanntesten Figuren der aufregenden zehner und schrillen zwanziger Jahre. 1933 musste sie in die Schweiz emi grieren, seit 1939 lebte sie in Palästina. Für Gottfried Benn war sie "die größte Lyrikerin des Jahrhunderts".
Ihr Ruhm basiert auf sehr poetischen und phantasiereichen Liebesgedichten, auf ihrer unkonventionellen Lebensweise, auch auf der Fähigkeit, geradezu schwärmerisch auf Personen zuzugehen, die sie als geistesverwandt ansah und dann in Gedichten und Briefen verewigte.
Es gibt auch eine andere Seite der Else Lasker-Schüler, die viel zu wenig wahrgenommen wurde und wird: die der genauen Beobachterin des großstädtischen Lebens in Berlin. Es gibt eine Reihe von Prosatexten und Porträts aus den zehner und zwanziger Jahren, also aus der Zeit, in der Else Lasker-Schüler in Berlin lebte, die eine überraschend präzise formulierende Autorin zeigen und das Bild korrigieren, das von vielen Interpreten (à la "eine ganz nach innen gekehrte Seherin") geprägt wurde. Sie ist hier als Autorin zu entdecken, die ihre soziale Umgebung mit allen Details und Widersprüchen wahrnahm, sie hinreißend genau beschreiben konnte und dann mit ihrer einzigartigen Ausdruckskraft zum Leuchten brachte.
In einer manchmal ironischen, manchmal ganz sachlich am Gegenstand (Straßen, Plätze, Bäume, Hotels, Cafés etc.) oder an Personen (Porträts von Zeitgenossen, bekannten wie unbekannten) orientierten Sprache hat Else Lasker-Schüler etwas über die damalige Zeit und das damalige Berlin zu sagen, was über die Feuilletons anderer Autoren dieser Zeit hinausgeht und eine ganz eigene Farbe trägt.
Ihr Ruhm basiert auf sehr poetischen und phantasiereichen Liebesgedichten, auf ihrer unkonventionellen Lebensweise, auch auf der Fähigkeit, geradezu schwärmerisch auf Personen zuzugehen, die sie als geistesverwandt ansah und dann in Gedichten und Briefen verewigte.
Es gibt auch eine andere Seite der Else Lasker-Schüler, die viel zu wenig wahrgenommen wurde und wird: die der genauen Beobachterin des großstädtischen Lebens in Berlin. Es gibt eine Reihe von Prosatexten und Porträts aus den zehner und zwanziger Jahren, also aus der Zeit, in der Else Lasker-Schüler in Berlin lebte, die eine überraschend präzise formulierende Autorin zeigen und das Bild korrigieren, das von vielen Interpreten (à la "eine ganz nach innen gekehrte Seherin") geprägt wurde. Sie ist hier als Autorin zu entdecken, die ihre soziale Umgebung mit allen Details und Widersprüchen wahrnahm, sie hinreißend genau beschreiben konnte und dann mit ihrer einzigartigen Ausdruckskraft zum Leuchten brachte.
In einer manchmal ironischen, manchmal ganz sachlich am Gegenstand (Straßen, Plätze, Bäume, Hotels, Cafés etc.) oder an Personen (Porträts von Zeitgenossen, bekannten wie unbekannten) orientierten Sprache hat Else Lasker-Schüler etwas über die damalige Zeit und das damalige Berlin zu sagen, was über die Feuilletons anderer Autoren dieser Zeit hinausgeht und eine ganz eigene Farbe trägt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2013Asphaltiertes Herz
Wohl kaum eine war sonderbarer und schillernder als sie: Else Lasker-Schüler (1869 bis 1945), von Zeitgenossen allenthalben verspottet ob ihrer bisweilen märchenhaft verspielten und zugleich pathetischen Gedichte oder ihrem Hang zum Verkleiden. Ebenso wie ihre Dichtung zwischen den Extremen, zwischen euphorischem Schwärmen und tiefer Melancholie changierte, stand es auch mit ihrem Leben, dessen Grenzen zur Literatur ohnehin durchlässig waren. Der von der Literaturwissenschaftlerin Heidrun Loeper herausgegebene Band "Die kreisende Weltfabrik" versammelt Feuilletons und andere Texte Else Lasker-Schülers, die in ihren Berliner Jahren entstanden sind und Lasker-Schülers Blick auf ihre Gegenwart abbilden. So liest man über weiße, morgendliche Bänke auf dem Ku'damm, die Passanten zum Verweilen einladen, genauso wie über Lasker-Schülers Empörungen, vom Betreiber des legendären Künstlertreffs Café Größenwahn wegen zu geringen Verzehrs hinauskomplimentiert worden zu sein. Oder, wie etwa im titelgebenden Feuilleton, erstmals erschienen 1922 in der "Vossischen Zeitung", Schilderungen des urbanen Lebens, die nur vordergründig die gängigen Topoi der Zeit bedienen: Von Einwohnern, die auf Rollen laufen oder maschinell werden, ist da die Rede. Das hält Lasker-Schüler natürlich nicht lange aus: "Hat die harte Zeit mein Herz asphaltiert oder blies realer Hauch ihre Sonne aus? Ich tappe im Dunkeln." Licht auf die weniger bekannte Seite der Autorin wirft erfreulicherweise dieser schmale Band. (Else Lasker-Schüler: "Die kreisende Weltfabrik. Berliner Ansichten und Porträts". Herausgegeben und mit einem Nachwort von Heidrun Loeper. Transit Verlag, Berlin 2012. 128 S., geb., 14,80 [Euro].)
poro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wohl kaum eine war sonderbarer und schillernder als sie: Else Lasker-Schüler (1869 bis 1945), von Zeitgenossen allenthalben verspottet ob ihrer bisweilen märchenhaft verspielten und zugleich pathetischen Gedichte oder ihrem Hang zum Verkleiden. Ebenso wie ihre Dichtung zwischen den Extremen, zwischen euphorischem Schwärmen und tiefer Melancholie changierte, stand es auch mit ihrem Leben, dessen Grenzen zur Literatur ohnehin durchlässig waren. Der von der Literaturwissenschaftlerin Heidrun Loeper herausgegebene Band "Die kreisende Weltfabrik" versammelt Feuilletons und andere Texte Else Lasker-Schülers, die in ihren Berliner Jahren entstanden sind und Lasker-Schülers Blick auf ihre Gegenwart abbilden. So liest man über weiße, morgendliche Bänke auf dem Ku'damm, die Passanten zum Verweilen einladen, genauso wie über Lasker-Schülers Empörungen, vom Betreiber des legendären Künstlertreffs Café Größenwahn wegen zu geringen Verzehrs hinauskomplimentiert worden zu sein. Oder, wie etwa im titelgebenden Feuilleton, erstmals erschienen 1922 in der "Vossischen Zeitung", Schilderungen des urbanen Lebens, die nur vordergründig die gängigen Topoi der Zeit bedienen: Von Einwohnern, die auf Rollen laufen oder maschinell werden, ist da die Rede. Das hält Lasker-Schüler natürlich nicht lange aus: "Hat die harte Zeit mein Herz asphaltiert oder blies realer Hauch ihre Sonne aus? Ich tappe im Dunkeln." Licht auf die weniger bekannte Seite der Autorin wirft erfreulicherweise dieser schmale Band. (Else Lasker-Schüler: "Die kreisende Weltfabrik. Berliner Ansichten und Porträts". Herausgegeben und mit einem Nachwort von Heidrun Loeper. Transit Verlag, Berlin 2012. 128 S., geb., 14,80 [Euro].)
poro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Einen naturalistischen Blick auf Personen und Geschehen im Berlin der Jahrhundertwende sollten wir von dieser reich mit Fantasie begabten Autorin besser nicht erwarten, erklärt Frauke Meyer-Gosau angesichts von Else Lasker-Schülers Berliner Ansichten und Porträts, die laut Rezensentin schon durch ihre kluge Zusammenstellung, durch Kommentar und Nachwort (Heidrun Loeper) bestechen. Zusätzlich zum Rencontre mit Alfred Kerr, Magnus Hirschfeld und dem Dalai Lama im Hotel bietet der Band der Rezensentin ein lebendiges und persönlich gefärbtes Panorama Berlins in einer intellektuell, künstlerisch und politisch bewegten Zeit.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH