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Tolstois Alterswerk "Die Kreutzersonate" ist ein merkwürdiger Zwitter. Da ist einerseits das packende Drama einer vergifteten Ehe, die meisterhafte, psychologisch subtile Schilderung einer fatalen Zweisamkeit: Der Zugpassagier Posdnyschew erzählt einem Mitreisenden von seinem lockeren vorehelichen Geschlechtsleben, von der flüchtigen Verliebtheit, die ihn in die Heirat trieb, und von der Hölle, zu der ihm diese Ehe wurde. Aus Egoismus wurde Rechthaberei, aus Überdruss Hass, aus Eitelkeit rasende Eifersucht. Andererseits flicht Tolstoi einen moralischen Traktat ein, der es mit jeder…mehr

Produktbeschreibung
Tolstois Alterswerk "Die Kreutzersonate" ist ein merkwürdiger Zwitter. Da ist einerseits das packende Drama einer vergifteten Ehe, die meisterhafte, psychologisch subtile Schilderung einer fatalen Zweisamkeit:
Der Zugpassagier Posdnyschew erzählt einem Mitreisenden von seinem lockeren vorehelichen Geschlechtsleben, von der flüchtigen Verliebtheit, die ihn in die Heirat trieb, und von der Hölle, zu der ihm diese Ehe wurde. Aus Egoismus wurde Rechthaberei, aus Überdruss Hass, aus Eitelkeit rasende Eifersucht. Andererseits flicht Tolstoi einen moralischen Traktat ein, der es mit jeder Sittenpredigt von der Kanzel aufnehmen kann. Posdnyschew stellt das Ehe- und Geschlechtsleben seiner Zeit mit tabubrecherischer Deutlichkeit an den Pranger und zieht die bizarre Schlussfolgerung, dass die Sexualität, auch in der Ehe, ein Übel sei, das man nur durch umfassende Enthaltsamkeit kurieren könne. Diese fundamentalistische Abhandlung mag für Tolstoi der Kern des Werks gewesen sein für den heutigen Leser ist die irritierende Geschichte eines innerlich zerrissenen Menschen, den die Eifersucht zu einer unfassbaren Tat treibt und der seine Ehefrau für sein Verderben verantwortlich macht, vor allem ein Höhepunkt realistischer Erzählkunst.
Das Buch war ein Skandal: Lew Tolstoi (1818-1910) offenbarte damit eine erschütternde Einstellung der Ehe und den Frauen gegenüber, die Welt sah sich als Zeuge einer persönlichen Abrechnung des Autors mit seiner Ehefrau.
Nachdruck einer Originalausgabe o. J.
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Autorenporträt
Leo N. Tolstoi, geb. am 9.9.1828 in Jasnaja Poljana bei Tula, gest. am 20.11.1910 in Astapowo, heute zur Oblast Lipezk, entstammte einem russischen Adelsgeschlecht. Als er mit neun Jahren Vollwaise wurde, übernahm die Schwester seines Vaters die Vormundschaft. An der Universität Kasan begann er 1844 das Studium orientalischer Sprachen. Nach einem Wechsel zur juristischen Fakultät brach er das Studium 1847 ab, um zu versuchen, die Lage der 350 geerbten Leibeigenen im Stammgut der Familie in Jasnaja Poljana mit Landreformen zu verbessern. Er erlebte von 1851 an in der zaristischen Armee die Kämpfe im Kaukasus und nach Ausbruch des Krimkriegs 1854 den Stellungskrieg in der belagerten Festung Sewastopol. Die Berichte aus diesem Krieg (1855 Sewastopoler Erzählungen) machten ihn als Schriftsteller früh bekannt. Er bereiste aus pädagogischem Interesse 1857 und 1860/61 westeuropäische Länder und traf dort auf Künstler und Pädagogen. Nach der Rückkehr verstärkte er die reformpädagogischen

Bestrebungen und richtete Dorfschulen nach dem Vorbild Rousseaus ein. Seit 1855 lebte er abwechselnd auf dem Gut Jasnaja Poljana, in Moskau, und in Sankt Petersburg. Im Jahre 1862 heiratete er die 18-jährige deutschstämmige Sofja Andrejewna Behrs, mit der er insgesamt 13 Kinder hatte. In den folgenden Jahren seiner Ehe schrieb er die monumentalen Romane Krieg und Frieden sowie Anna Karenina, die Tolstojs literarischen Weltruhm begründeten. Tolstois lebenslange Suche nach der geeigneten Lebensform kulminierte 1910 darin, daß er seine Frau verließ, da diese nicht bereit war, sich von den gemeinsamen Besitztümern zu trennen. Er starb kurze Zeit darauf an einer Lungenentzündung.