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Die Postmoderne gehört zu den umstrittensten Epochen der jüngeren Philosophie. Sie wird für Misstände der Gegenwart verantwortlich gemacht. Aber kennen wir die Postmoderne wirklich? Daniel-Pascal Zorn führt den Leser durch die deutsche, französische und amerikanische Postmoderne. Er entfaltet das Panorama eines verlorenen Denkens, das wir gerade jetzt am nötigsten hätten.
Wer heute etwas als fragwürdig auszeichnen will, verweist gerne auf die »Postmoderne». Ihre Vertreter gelten als Feinde der Wahrheit und als Fürsprecher einer zügellosen Beliebigkeit. Doch dieses Bild ist ein Trugbild.
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Produktbeschreibung
Die Postmoderne gehört zu den umstrittensten Epochen der jüngeren Philosophie. Sie wird für Misstände der Gegenwart verantwortlich gemacht. Aber kennen wir die Postmoderne wirklich? Daniel-Pascal Zorn führt den Leser durch die deutsche, französische und amerikanische Postmoderne. Er entfaltet das Panorama eines verlorenen Denkens, das wir gerade jetzt am nötigsten hätten.

Wer heute etwas als fragwürdig auszeichnen will, verweist gerne auf die »Postmoderne». Ihre Vertreter gelten als Feinde der Wahrheit und als Fürsprecher einer zügellosen Beliebigkeit. Doch dieses Bild ist ein Trugbild. Daniel-Pascal Zorns Epos zur Postmoderne nimmt den Leser mit auf eine Höhenwanderung rund um die Gipfel des modernen Denkens. In Frankreich entwerfen Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze und Jean-François Lyotard eine Kritik der Moderne als Abwehr des Absoluten. Doch sie sind nicht allein: In Deutschland ringen Theodor W. Adorno und Joachim Ritter mit der bürgerlichen Gesellschaft und in den USA entdecken Richard Rorty und Heinz von Foerster die Vielfalt des Menschen. Ein Panorama der umstrittenen Postmoderne - und zugleich ein kritischer Rückblick auf die Entstehung unserer Gegenwart.
Autorenporträt
Daniel-Pascal Zorn, geboren 1981, studierte Philosophie, Geschichte und Komparatistik. 2015 promovierte er mit einer Komparatistik philosophischer Ansätze, die den Preis der Universität Eichstätt erhielt. Daniel-Pascal Zorn schrieb die Kolumne 'Na logisch!' im Philosophie-Magazin 'Hohe Luft'. Dort erläutert er anschaulich und allgemeinverständlich, wie sich Sachverhalte, Argumente und deren Geltung zueinander verhalten. Auf seiner eigenen Facebook-Seite kommentiert er aktuelle politische Äußerungen, indem er sie logisch auseinandernimmt.In den letzten Jahren hat er sich zunehmend der praktischen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus und seinen Scheinargumenten gewidmet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2022

Auf philosophischem Gebirgslehrpfad
Nicht ohne Schelte: Daniel-Pascal Zorn führt durch eine originell bestimmte Postmoderne

Am Ende sitzen sie alle an einem kreisrunden Tisch unter einer gläsernen Halbkugel irgendwo auf einer schneebedeckten Ebene am Ende der Welt: der Glatzkopf Michel und der weißhaarige Jackie, Gilles und Jean-François, die sich bereits aus Vincennes kennen, der melancholisch blickende Joachim und Teddie mit der runden Hornbrille, Heinz mit seinen milden hellen Augen und schließlich Richard, der die buschigen Brauen runzelt. Wie sie dort hingelangt sind? Wir wissen es nicht, außer dass Daniel-Pascal Zorn sie im Epilog seines Buches über "Die Krise des Absoluten" dort versammelt hat. Es sind seine acht Hauptprotagonisten, Vertreter der Postmoderne oder dessen, "was die Postmoderne hätte sein können", wie es im Untertitel heißt. Was immer unter Postmoderne verstanden wurde oder wird - dass als ihre Vertreter nicht nur die üblichen Verdächtigen Michel Foucault und Jacques Derrida, Gilles Deleuze oder François Lyotard gelten dürfen, von denen bekanntermaßen drei den Begriff der Postmoderne nie für sich in Anspruch nahmen, sondern darüber hinaus auch Joachim Ritter, Theodor W. Adorno, Heinz von Foerster und Richard Rorty, das ist eine überraschende Kombination.

Allerdings hat sich Zorn auch kein weiteres Porträt der Postmoderne vorgenommen. Sein Vorhaben ließe sich neutraler fassen als eine Geschichte der nachhegelianischen Philosophie, die er als eine beständige Auseinandersetzung mit allen Formen von Einheitsdenken darstellt, dem titelgebenden Absoluten eben. Dabei ist es Zorn einerlei, wie man das Problem genau tauft: "Es geht immer um die Frage nach der prinzipiellen Einheit und der konkreten Vielfalt."

Historisch manifestiert sich ihm zufolge das Absolute nicht nur in der Philosophie, sondern auch im absolutistischen Herrschaftsanspruch frühneuzeitlicher Monarchen oder der Vorstellung göttlicher Alleinheit in der Religion. Als Aufklärung und Französische Revolution die religiöse und politische Welt erschütterten, blieb auch die Philosophie davon nicht unberührt. Sie hatte nun eine doppelte Aufgabe: einerseits Vielheit zu denken, ohne sie auf eine übergreifende Einheit zurückzuführen, und andererseits die List des Absoluten zu durchschauen, das fortan von der romantischen Innerlichkeit bis zu Ajatollah Chomeini in immer neuen Gestalten wiederkehrte.

1979 ist das Schlüsseljahr, auf das das Buch zuläuft. Aus Frank Böschs "Zeitenwende 1979" und Joseph Vogls "Das Gespenst des Kapitals" destilliert Zorn die Diagnose, dass seither die ökonomische Ordnung "zum neuen Absoluten" wird. Und schließlich ist 1979 für ihn auch das Jahr, in dem mit dem Erscheinen von Rortys "Der Spiegel der Natur" und Lyotards "Das postmoderne Wissen" die "Postmoderne als philosophisch bestimmte Epoche überhaupt erst entsteht". Zorn referiert die Vorgeschichte des Begriffs in Philosophie, Literatur oder Architektur pflichtschuldig in aller Knappheit, ohne indes tatsächlich daran anzuschließen. Postmoderne in seinem Sinn ist "einfach Philosophie" oder "die Reflexion der Moderne" in ihrem - allerdings gescheiterten - "Versuch, dem Absoluten zu entkommen".

Nach gut 550 Seiten ist das ein reichlich nichtssagender Befund. Das ist umso bedauerlicher, als sich in dem Band immer wieder anschaulich formulierte Passagen finden, in denen Zorn philosophische Problemlagen gekonnt rekonstruiert und kontextualisiert. Das betrifft Ritters Theorie der Entzweiung ebenso wie die immer wieder hervorgehobene Bedeutung Husserls für das Denken im Nachkriegsfrankreich, das gilt für die Darstellung des Pragmatismus, auf den Rorty reagiert, wie auch für den Ausflug in die Kybernetik, die "die französische und die deutsche Perspektive um die Technikbegeisterung und die Aufbruchsstimmung der amerikanischen Wissenschaft" ergänzen soll.

Doch zwischen all diesen Blöcken mäandert die Darstellung chronologisch wie thematisch. Dabei hilft es wenig, sie wie Zorn bildhaft als "geführte Wanderung" zu verbrämen, die hindurchführt zwischen den Bergmassiven der "großen vier" der französischen Philosophie, den etwas im Hintergrund bleibenden beiden Deutschen und den vereinzelt stehenden Rorty und von Foerster. Problematisch sind weniger die Vor- und Rückgriffe oder Exkurse, sondern eine Unklarheit in der Anlage des Buchs, die über die Themenstellung weit hinausgeht. Das fängt an bei den aus den Standardbiographien der Protagonisten übernommenen, über das Buch verteilten biographischen Versatzstücken, deren Funktion einem Rätsel aufgibt. Was soll man von ihnen halten, wenn Zorn in einem performativen Selbstwiderspruch zu einer Schelte auf den Buchmarkt ausholt, die den "Publizisten" gilt? Diese wollten nichts als "Geld verdienen mit dem Leben und dem Denken der großen Philosophen" und bedienten so die abschätzig bewertete Neugier eines Publikums, das wiederum auf nichts anderes aus ist als, abermals, "eine geführte Wanderung", diesmal "durch die Wildnis".

Ähnlich ratlos lässt einen die immer wieder durchbrechende Kritik an den universitären Systemen in Frankreich und Deutschland. Sie gilt unter anderem der Ökonomisierung der Universität in beiden Ländern seit den Sechzigerjahren und wird von Zorn nicht unter dem eingeführten Terminus der Bildungsexpansion thematisiert, sondern eigentümlich ambivalent in Begriffe von Elite und Masse gefasst. Elitenbildung erfolgt an diesem Ort über die Reproduktion von vorgefertigtem Wissen. Soll die biographische Fiktion der Eingangspassage, die Derrida in einer Prüfung vor einem leeren Blatt sitzend imaginiert, ein Hinweis darauf sein, dass sich philosophische Originalität nicht mit normierenden Bildungsanstalten verträgt?

Am gravierendsten rächt sich allerdings gegen Ende des Buches Zorns Unwille, die titelgebende Postmoderne in irgendeiner Weise inhaltlich zu bestimmen. Schon die einleitende Polemik gegen all jene, die bis heute die sogenannte Postmoderne als Grundübel und Ursache von "Konstruktivismus, Relativismus, Moralismus und Identitätspolitik" ins Feld führen, ist stereotyp. Es fällt kein einziger Name oder Hinweis auf irgendeine konkrete Polemik. Stattdessen wird am Ende gegen Habermas' 1985 erschienenen "Philosophischen Diskurs der Moderne" wie auch gegen die französischen "nouveaux philosophes" ausgeteilt. Nicht nur wirkt die Empörung über diese an die vierzig Jahre alte Debatte eigentümlich aus der Zeit gefallen. Sondern die Tatsache, dass die weitere Entwicklung der Auseinandersetzungen nicht in den Blick genommen wird, dass weder Foucaults sogenannte subjektphilosophische Wende noch die politische und ethische Ausrichtung im Spätwerk Derridas in irgendeiner Weise auch nur angedeutet würden, lässt das gesamte von Zorn präsentierte Tableau tatsächlich wie eingefroren erscheinen. SONJA ASAL

Daniel-Pascal Zorn: "Die Krise des Absoluten". Was die Postmoderne hätte sein können.

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2022. 648 S., geb., 38,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Kaum hat Rezensent Micha Brumlik angefangen, Daniel-Pascal Zorns Buch über die Postmoderne zu besprechen, da ist er auch schon am Ende. Immerhin erfahren wir, dass Zorn "Genesis und Geltung" auseinanderhält, wenn er nicht nur das Denken, sondern auch die Lebensgeschichte von Jean-François Lyotard, Gilles Deleuze, Michel Foucault und Jacques Derrida behandelt. Außerdem macht Brumlik den Münsteraner Philosophen Joachim Ritter als heimlichen Helden dieses Buches aus. An manchen Vertraulichkeiten stört sich der Rezensent, aber er versichert nachdrücklich, dass er selten mehr als 500 Jahre Philosophiegeschichte so nachvollziehbar, wenn nicht gar unterhaltsam präsentiert bekommen hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
»[Daniel-Pascal Zorns] Buch ist eine Art Wanderkarte durch die Philosophie des 20. Jahrhunderts. Denn es handelt nicht nur von der Postmoderne, sondern auch von deren Voraussetzungen. Zorn zeigt, dass vieles über Ecken miteinander verwandt ist. Er zeichnet nach, wie die verschiedenen Ansätze der Postmoderne sämtlich in den traditionellen Hauptfragen der Philosophie wurzeln.« Enno Stahl, Deutschlandfunk, 14. April 2022 Enno Stahl Deutschlandfunk 20220414