Anna Seghers schreibt ,Die Entscheidung' und ,Das Vertrauen' mit der Absicht, Zeitdokumente zu liefern. Darin wendet sie sich an eine Leserschaft, die diejenigen einschließt, die - wie sie selbst - die Verantwortung auf sich genommen haben, die Deutsche Demokratische Republik zum Sozialismus zu führen. Und die deutlich als fehlerhaft anerkannte Richtung der politischen Führung wird kritisiert, wenn auch nuanciert und oft nur in Andeutungen. Die realistische Darstellung einer erfundenen Handlung wird in diesem Band von der Interpretation des Dostojewskij-Essays ,Woher sie kommen, wohin sie gehen' von 1963 ausgehend untersucht. In der Analyse der Entstehungsprozesse von ,Die Entscheidung' und ,Das Vertrauen' spiegelt sich die Haltung Anna Seghers' zur Spaltung Deutschlands und der Welt nach dem zweiten Weltkrieg, der Republikflucht, dem Volksaufstand am 17. Juni 1953 und dem Stalinismus wider. Die Romane beweisen letztlich, daß die Dichterin ihre Jugendträume einer gerechten Gesellschaftsordnung nie aufgegeben hat, auch wenn sie sich im Laufe der Jahre dessen bewußt wird, daß sie unrealisierbar bleiben müssen.