Ob New York, Rom, Wien oder Berlin - immer wenn der Kubaner José Manuel Prieto von einem Taxifahrer gefragt wird, woher er denn sei, hört er ein begeistertes »Ah, Fidel Castro!« Wie kommt es zu diesem vital strahlenden Bild der kubanischen Revolution und Fidel Castros? Hat die Wirklichkeit nicht längst alles Triumphale abgeschabt? In sehr persönlichen, nicht eifernden, eher schmerzvollen kleinen Schritten rekapituliert Prieto Momente der Kindheit, als Politik keine Sache des Urteils war, sichtet die öffentlichen und die intimeren Aspekte Kubas. Dabei meißelt er keine Eindeutigkeiten heraus, er schildert die Dinge vielmehr als unausweichlich komplex und ambivalent.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2009Stimmt nicht
Die weltweit größte Fidel-Castro-Fangemeinde findet sich unter den Taxifahrern. Das glaubt zumindest nach langen Jahren des Exils der kubanische Schriftsteller José Manuel Prieto. Kaum einen Wagen kann er zwischen New York, New Delhi und Neu-Ulm anhalten, ohne, nach seiner Nationalität gefragt, sich Hymnen auf jenen Diktator anhören zu müssen, der ihm die Rückkehr nach Hause verwehrt. Kurzerhand entschloss sich Prieto, einen politisch-kulturellen Schnellkurs in Sachen Castro zu verfassen. In kurzen Kapiteln rückt er sämtliche falschen Vorstellungen über die kubanische Revolution zurecht: Seine Landsleute im Exil in Miami beschimpft er als eine Bande von Tölpeln, die sich von Castros brillanter Intelligenz täuschen ließen, die Daheimgebliebenen auf der Insel wiederum als untätige Schmarotzer, die sich willenlos einem stalinistischen Tyrannen unterordneten. Auch die Amerikaner, die Prieto Asyl gewähren, bleiben nicht verschont, deren "kontraproduktives" Embargo Castros Herrschaft nur gefestigt habe. Mutwillig zieht Prieto den Hass all jener auf sich, die sich seit einem halben Jahrhundert um Kuba zanken, das allerdings tut er brillant und humorvoll. (José Manuel Prieto: Die kubanische Revolution und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 218 S, brosch., 10 [Euro].) fbor
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die weltweit größte Fidel-Castro-Fangemeinde findet sich unter den Taxifahrern. Das glaubt zumindest nach langen Jahren des Exils der kubanische Schriftsteller José Manuel Prieto. Kaum einen Wagen kann er zwischen New York, New Delhi und Neu-Ulm anhalten, ohne, nach seiner Nationalität gefragt, sich Hymnen auf jenen Diktator anhören zu müssen, der ihm die Rückkehr nach Hause verwehrt. Kurzerhand entschloss sich Prieto, einen politisch-kulturellen Schnellkurs in Sachen Castro zu verfassen. In kurzen Kapiteln rückt er sämtliche falschen Vorstellungen über die kubanische Revolution zurecht: Seine Landsleute im Exil in Miami beschimpft er als eine Bande von Tölpeln, die sich von Castros brillanter Intelligenz täuschen ließen, die Daheimgebliebenen auf der Insel wiederum als untätige Schmarotzer, die sich willenlos einem stalinistischen Tyrannen unterordneten. Auch die Amerikaner, die Prieto Asyl gewähren, bleiben nicht verschont, deren "kontraproduktives" Embargo Castros Herrschaft nur gefestigt habe. Mutwillig zieht Prieto den Hass all jener auf sich, die sich seit einem halben Jahrhundert um Kuba zanken, das allerdings tut er brillant und humorvoll. (José Manuel Prieto: Die kubanische Revolution und wie erkläre ich sie meinem Taxifahrer. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main. 218 S, brosch., 10 [Euro].) fbor
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ebenso bezwingend wie spielerisch findet Rezensent Manuel Karasek dieses Buch des exilkubanischen Autors über Fidel Castro und die kubanische Revolution aus der Sicht der Gegenwart. Denn weder ist der Autor nach Ansicht des Rezensenten von rechten antikommunistischen Ressentiments gegen Kuba infiziert, noch neigt er aus Karaseks Sicht zu linker Glorifizierung. Stattdessen entwerfe er ein sehr unabhängiges Bild von Vorteilen und Schattenseiten Castros und seiner Revolution und spreche sich bei aller Kritik am System gegen einen gewaltsamen und für einen schrittweisen Umbruch aus. Auch sei es keine politische Streitschrift, sondern ein höchst ernster Exkurs über die schizophrene Beziehung Lateinamerikas zum großen Bruder USA, und eben auch der kubanischen Affinitäten zum Feind in Washington.
© Perlentaucher Medien GmbH
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