Fein gewoben und kraftvoll sind die Erzählbilder, die Martina Hefter herstellt. Erinnerungen und Augenblicke der unmittelbaren Gegenwart sind gleichermaßen in ihnen eingefangen und scharfgestellt.In Binz auf der Ostseeinsel Rügen treffen sie nach einer langen Autofahrt beim »Böhmerwirt« ein, eine Familie mit zwei Kindern, über die Martina Hefter ihr Erzählnetz auswirft. Bilder werden aufgerufen aus der unmittelbaren Wahrnehmung, aus den Medien, der Kindheit: das lange zurückliegende Ausreißen mit der Freundin aus dem kleinen Heimatort in den deutschen Alpen über die österreichische Grenze in Richtung Italien; die Steilhänge am Meer, wo die Kinder plötzlich verschwunden sind und die Suche nach ihnen sich zu Stunden zu dehnen scheint; der Vater in der örtlichen Traktorenfabrik; die sächsischen Nachbarn; der Mann mit der schwarzen Maske, der während der olympischen Spiele in München mit einem Maschinengewehr auf einem Balkon steht und etwas vorhat, von dem die Eltern sagen, Kinder könnten es nicht verstehen.Martina Hefter hebt Zeit und Raum im Erzählen auf, in einer wunderbar leichten Sprache, die die Erdenschwere ins poetische Schweben bringt. Sie erzählt mit spielerischer Kraft und ungemein sinnlicher Beweglichkeit, umkreist ihre Gegenstände, kehrt zum Ausgangspunkt zurück eine Feier des Unterwegsseins.»Aufhumorvolle und charmante Art zeigt Martina Hefter, wie aus der virtuellen Welt der Sprache Realität entsteht.«(Martin Krumbholz, NZZ über »Zurück auf Los« (2005)
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Passabel scheint Martin Krumbholz der neue Roman von Martina Hefter. Wirklich angetan ist er nicht. Während er die beiden letzten Romane der Autorin, "Junge Hunde" und "Zurück auf Los", sehr mochte, fällt ihm zu die "Küsten der Berge" nicht viel ein. Die Geschichte um eine Kleinfamilie, die Urlaub auf Rügen gemacht hat und nun nach Leipzig zurückkehrt, wobei die Protagonisten an ihre "mäßig bewegte" Vergangenheit denken, ist für seinen Geschmack einfach zu wenig aufregend. Er denkt etwa an eine Szene, in der Helfer erzählt, wie die Mutter als Teenager ihre Flucht nach Italien plant, beim Gedanken an die leckeren Frühstücksbrötchen dann aber doch lieber zuhause bleibt. "Das mag realistisch sein", meint Krumbholz vorsichtig, fragt sich aber, ob die Literatur nicht der Ort wäre, das Fortlaufen wenigstens fiktiv durchzuspielen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH