Seit einigen Jahren findet im deutschsprachigen Diskurs eine Auseinandersetzung um die kulturelle Dimension nachhaltiger Entwicklung statt. Anstoß für diese inhaltliche Erweiterung des Leitbilds Nachhaltigkeit gaben Defizite der Vermittelbarkeit eines als notwendig erachteten ökologisch-gesellschaftlichen Wandels. Die Autorin Katina Kuhn analysiert zunächst die Bedeutung von Kulturkonzepten in den klassischen Ansätzen moderner Entwicklungstheorien. Daran an schließt eine kritische Betrachtung der umfassenden Neudefinition des Kultur- und Entwicklungsbegriffs seitens der UNESCO im Kontext des Auseinanderbrechens der großen entwicklungstheoretischen Schulen in den 1970 und 1980er Jahren bis heute. Schließlich wird vor diesem Hintergrund der deutschsprachige Diskurs um die kulturelle Dimension nachhaltiger Entwicklung herausgearbeitet. Die Analyse führt zu einer kritischen Einschätzung der gegenwärtigen Versuche, Kultur und nachhaltige Entwicklung zu verbinden. Statt Kultur vor allem auf Kunst und die westliche Moderne zu beziehen, plädiert die Autorin für einen weiten, anthropologischen Kulturbegriff mit globaler Perspektive und entwicklungsbegrifflicher Sensibilität.