Die Welt anhand von sieben außergewöhnlichen Rohstoffen erklärt: "Ein Ausnahme-Debüt ... Mit Posnett zu reisen ist vergnüglich und lehrreich." Robert Macfarlane
Ist eine nachhaltige Beziehung zwischen Mensch und Natur möglich oder eine Illusion romantischer Idealisten? Diese Frage treibt viele von uns um, ebenso wie Ökonomen, Politiker, Ingenieure und Umweltschützer. Edward Posnett geht ihr auf ungewöhnlichen Wegen nach und stößt dabei auf erstaunliche Geschichten. Er entführt uns in Höhlen auf Borneo, an die Küsten Islands und in die Anden. Anhand faszinierender Rohstoffe wie Muschelseide und Vikunjawolle sucht er nach Ansätzen, natürliche Ressourcen zu nutzen, ohne sie auszubeuten. Posnetts Buch ist eine Wunderkammer, die uns mit Hilfe besonderer Rohstoffe unseren Lebensstil hinterfragen und die Natur mit einer neuen Dringlichkeit sehen lässt.
Ist eine nachhaltige Beziehung zwischen Mensch und Natur möglich oder eine Illusion romantischer Idealisten? Diese Frage treibt viele von uns um, ebenso wie Ökonomen, Politiker, Ingenieure und Umweltschützer. Edward Posnett geht ihr auf ungewöhnlichen Wegen nach und stößt dabei auf erstaunliche Geschichten. Er entführt uns in Höhlen auf Borneo, an die Küsten Islands und in die Anden. Anhand faszinierender Rohstoffe wie Muschelseide und Vikunjawolle sucht er nach Ansätzen, natürliche Ressourcen zu nutzen, ohne sie auszubeuten. Posnetts Buch ist eine Wunderkammer, die uns mit Hilfe besonderer Rohstoffe unseren Lebensstil hinterfragen und die Natur mit einer neuen Dringlichkeit sehen lässt.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Edward Posnett verfolgt mit seinem Buch zwei Anliegen, stellt Rezensentin Manuela Lenzen fest: Zum einen möchte er auf die Wertschöpfungsketten von Naturprodukten aufmerksam machen, deren Ausgangspunkte für die Konsumenten allzu oft im Dunkeln liegen (beziehungsweise im Dunkeln liegen gelassen werden). Und das gelingt ihm auch, findet die Rezensentin. Als ehemaliger Wirtschaftsanalyst versteht es Posnett, internationale Warenketten und die Vorgänge der Kommodifizierung nachvollziehbar darzustellen. Zum anderen sucht er in "Die Kunst der Ernte" nach Möglichkeiten eines "gedeihlichen Nebeneinanders von Mensch und Natur". Beispiele für ein solches Nebeneinander findet er leider keine, lesen wir. Stattdessen führt er sieben Fälle aus, in denen Menschen oder Tiere aufs übelste ausgebeutet werden, damit der Konsument am Ende der Verwertungskette weich schlafen kann oder Kaffee aus von Wildkatzen ausgeschiedenen Bohnen genießen. Seine Antwort auf die Frage nach unschuldigen Erntemethoden fällt denn auch recht dürftig aus, meint die Rezensentin. Die Lektüre empfiehlt sie trotzdem, schon allein wegen der aufregenden Reiseberichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2020Wo Schleichkatzen Kaffeekirschen veredeln
Wer erntet, zerstört: Edward Posnett fragt, wie sich natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen lassen.
Von Manuela Lenzen
Die Küken der Eiderente haben es besonders warm und weich. Immerhin gelten die fein verästelten Daunen, mit denen die Vögel ihre Nester auspolstern, als das edelste Füllmaterial für Oberbetten und Daunenjacken. Edward Posnett, der in der Londoner City Finanzströme analysiert hatte, bevor er sich dem Nature Writing widmete, interessiert sich allerdings weniger für Bettzeug als für die Ernte der Daunen: Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, werden die Enten nicht gerupft. Stattdessen warten Farmer, die das Glück haben, Felder zu besitzen, auf denen die Vögel brüten, einfach ab, bis der Nachwuchs ausgeflogen ist, und sammeln dann die Nester ein. Eine unschuldige Ernte, von der Menschen und Enten gleichermaßen profitieren.
Als Finanzanalyst hat Posnett einen Blick für Warenketten, Geldströme und die Wege, die viele Güter hinter sich haben, wenn sie in unseren Läden liegen. Diese Wege sind so weit, konstatiert der Autor, dass wir ihren Anfang, bei Naturprodukten also die Ernte, leicht aus dem Blick verlieren. Mit seinem Buch will er zum einen darauf aufmerksam machen, dass uns die Dinge, die wir kaufen, mit der ganzen Welt verbinden. Hinzu kommt ein zweites Anliegen, auf das ihn die Ernte der Eiderdaunen gebracht hat: Kann es vielleicht doch so etwas wie ein gedeihliches Nebeneinander zwischen Mensch und Natur geben? Kann der Mensch ernten, ohne zu zerstören?
Mit diesen Fragen im Hinterkopf hat sich der Autor nach weiteren Naturprodukten umgesehen, für deren Gewinnung eigentlich kein Tier sterben müsste. Er ist auf sieben ungewöhnliche Dinge gestoßen und erzählt Kapitel für Kapitel von seinen Reisen zu ihren Ernteplätzen. Zudem rekonstruiert er, wie sie auf den Weltmarkt gebracht werden.
In Borneo ist Posnett in Höhlen gestiegen, in denen Salanganen, Vögel aus der Gruppe der Segler, ihre aus Speichel gebauten Nester an Wände und Decken kleben. In Wasser aufgelöst, bilden die Nester die Grundlage der in China beliebten "Schwalbennestersuppe". Bevor die Nester in der Suppe landen, klettern allerdings erst einmal Menschen auf Gerüste, um die Nester aus den hintersten Winkeln und von den höchsten Decken der Höhlen zu kratzen - eine Praxis, welche die Vögel inzwischen an den Rand des Aussterbens bringt.
Auf der Suche nach der Wahrheit hinter märchenhaften Geschichten um die Muschelseide folgt der Autor erst den Spuren, die vermeintliche "Wasserschafe" in der Literatur seit der Antike hinterlassen haben, um dann in einen Konflikt um Deutungshoheit und Marktanteile in einem Dorf auf Sardinien verwickelt zu werden. Wer kann und darf die seltenen Fäden verspinnen, mit denen sich die Muschel Pinna nobilis an den Untergrund heftet? Je undurchsichtiger die Geschichten werden, die man ihm auftischt, und je häufiger Posnett zurückkehrt, um noch einmal nachzufragen, desto klarer wird ihm, dass diese Verwirrung eine Funktion hat: die seltene Muschel vor allzu konkretem Interesse zu schützen.
Leider kann Posnett in keinem einzigen Fall finden, was er sucht: eine Ernte, bei der die betroffenen Tier- und Pflanzenarten nicht durch übermäßige Kommerzialisierung an den Rand des Aussterbens gebracht werden. Und es trifft nicht nur die Natur: Am Beginn der Wertschöpfungskette findet Posnett Menschen, die nicht wissen, wie teuer die Dinge verkauft werden, an denen sie selbst nur minimal verdienen, obwohl sie für deren Ernte oft ihr Leben riskieren.
Auf Bali sucht der Autor nach Fleckenmusangen, Schleichkatzen, die Kaffeekirschen fressen und wieder ausscheiden - die Grundlage des sogenannten Katzenkaffees. Schließlich findet er ein paar dieser Tiere in Käfigen und einen Wärter, der ihm unter Tränen gesteht, die Geschichten vom unter Bäumen aufgelesenen Katzenkot erzähle er nur für die Touristen. Grundlage der Produktion von Katzenkaffee sei längst die Massentierhaltung auf Sumatra.
Aus Steinnüssen gefertigte Knöpfe und Schmuckstücke erfüllen den Autor mit einer Sehnsucht nach Authentizität. Denn wo die Steinnusspalme kommerziell angebaut wird, finden sich die üblichen Monokulturen. Selbst die Ernte der Eiderdaunen erweist sich bei genauem Hinsehen als blutig. Dafür zu sorgen, dass die Vögel ungestört brüten können, bedeutet nämlich, die Füchse abzuschießen, die mit den Enten ihren Nachwuchs füttern.
In Posnetts Buch bekommt der Leser beides: abenteuerliche Reiseberichte und einen Einblick in internationale Waren- und Verwertungsketten. Die Frage, wie es unter den Bedingungen des globalen Marktes eine Ernte gebe könnte, die nicht zerstörerisch ist, erweist sich allerdings als zu groß. Man möge auf die Erfahrungen und Ideen der Menschen vor Ort hören, die Mittelwege zwischen unberührter Natur und Ausbeutung aufzeigen können, so der Autor. Eine neue, auf Nachhaltigkeit zielende Wirtschaftsordnung lässt sich aus seinem Buch nicht ableiten, eine ungewöhnliche Lektüre bietet es allemal.
Edward Posnett: "Die Kunst der Ernte". Sieben kleine Naturwunder und ihre Geschichten.
Aus dem Englischen von Sabine Hübner. Hanser Verlag, München 2020. 336 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer erntet, zerstört: Edward Posnett fragt, wie sich natürliche Ressourcen nachhaltig nutzen lassen.
Von Manuela Lenzen
Die Küken der Eiderente haben es besonders warm und weich. Immerhin gelten die fein verästelten Daunen, mit denen die Vögel ihre Nester auspolstern, als das edelste Füllmaterial für Oberbetten und Daunenjacken. Edward Posnett, der in der Londoner City Finanzströme analysiert hatte, bevor er sich dem Nature Writing widmete, interessiert sich allerdings weniger für Bettzeug als für die Ernte der Daunen: Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, werden die Enten nicht gerupft. Stattdessen warten Farmer, die das Glück haben, Felder zu besitzen, auf denen die Vögel brüten, einfach ab, bis der Nachwuchs ausgeflogen ist, und sammeln dann die Nester ein. Eine unschuldige Ernte, von der Menschen und Enten gleichermaßen profitieren.
Als Finanzanalyst hat Posnett einen Blick für Warenketten, Geldströme und die Wege, die viele Güter hinter sich haben, wenn sie in unseren Läden liegen. Diese Wege sind so weit, konstatiert der Autor, dass wir ihren Anfang, bei Naturprodukten also die Ernte, leicht aus dem Blick verlieren. Mit seinem Buch will er zum einen darauf aufmerksam machen, dass uns die Dinge, die wir kaufen, mit der ganzen Welt verbinden. Hinzu kommt ein zweites Anliegen, auf das ihn die Ernte der Eiderdaunen gebracht hat: Kann es vielleicht doch so etwas wie ein gedeihliches Nebeneinander zwischen Mensch und Natur geben? Kann der Mensch ernten, ohne zu zerstören?
Mit diesen Fragen im Hinterkopf hat sich der Autor nach weiteren Naturprodukten umgesehen, für deren Gewinnung eigentlich kein Tier sterben müsste. Er ist auf sieben ungewöhnliche Dinge gestoßen und erzählt Kapitel für Kapitel von seinen Reisen zu ihren Ernteplätzen. Zudem rekonstruiert er, wie sie auf den Weltmarkt gebracht werden.
In Borneo ist Posnett in Höhlen gestiegen, in denen Salanganen, Vögel aus der Gruppe der Segler, ihre aus Speichel gebauten Nester an Wände und Decken kleben. In Wasser aufgelöst, bilden die Nester die Grundlage der in China beliebten "Schwalbennestersuppe". Bevor die Nester in der Suppe landen, klettern allerdings erst einmal Menschen auf Gerüste, um die Nester aus den hintersten Winkeln und von den höchsten Decken der Höhlen zu kratzen - eine Praxis, welche die Vögel inzwischen an den Rand des Aussterbens bringt.
Auf der Suche nach der Wahrheit hinter märchenhaften Geschichten um die Muschelseide folgt der Autor erst den Spuren, die vermeintliche "Wasserschafe" in der Literatur seit der Antike hinterlassen haben, um dann in einen Konflikt um Deutungshoheit und Marktanteile in einem Dorf auf Sardinien verwickelt zu werden. Wer kann und darf die seltenen Fäden verspinnen, mit denen sich die Muschel Pinna nobilis an den Untergrund heftet? Je undurchsichtiger die Geschichten werden, die man ihm auftischt, und je häufiger Posnett zurückkehrt, um noch einmal nachzufragen, desto klarer wird ihm, dass diese Verwirrung eine Funktion hat: die seltene Muschel vor allzu konkretem Interesse zu schützen.
Leider kann Posnett in keinem einzigen Fall finden, was er sucht: eine Ernte, bei der die betroffenen Tier- und Pflanzenarten nicht durch übermäßige Kommerzialisierung an den Rand des Aussterbens gebracht werden. Und es trifft nicht nur die Natur: Am Beginn der Wertschöpfungskette findet Posnett Menschen, die nicht wissen, wie teuer die Dinge verkauft werden, an denen sie selbst nur minimal verdienen, obwohl sie für deren Ernte oft ihr Leben riskieren.
Auf Bali sucht der Autor nach Fleckenmusangen, Schleichkatzen, die Kaffeekirschen fressen und wieder ausscheiden - die Grundlage des sogenannten Katzenkaffees. Schließlich findet er ein paar dieser Tiere in Käfigen und einen Wärter, der ihm unter Tränen gesteht, die Geschichten vom unter Bäumen aufgelesenen Katzenkot erzähle er nur für die Touristen. Grundlage der Produktion von Katzenkaffee sei längst die Massentierhaltung auf Sumatra.
Aus Steinnüssen gefertigte Knöpfe und Schmuckstücke erfüllen den Autor mit einer Sehnsucht nach Authentizität. Denn wo die Steinnusspalme kommerziell angebaut wird, finden sich die üblichen Monokulturen. Selbst die Ernte der Eiderdaunen erweist sich bei genauem Hinsehen als blutig. Dafür zu sorgen, dass die Vögel ungestört brüten können, bedeutet nämlich, die Füchse abzuschießen, die mit den Enten ihren Nachwuchs füttern.
In Posnetts Buch bekommt der Leser beides: abenteuerliche Reiseberichte und einen Einblick in internationale Waren- und Verwertungsketten. Die Frage, wie es unter den Bedingungen des globalen Marktes eine Ernte gebe könnte, die nicht zerstörerisch ist, erweist sich allerdings als zu groß. Man möge auf die Erfahrungen und Ideen der Menschen vor Ort hören, die Mittelwege zwischen unberührter Natur und Ausbeutung aufzeigen können, so der Autor. Eine neue, auf Nachhaltigkeit zielende Wirtschaftsordnung lässt sich aus seinem Buch nicht ableiten, eine ungewöhnliche Lektüre bietet es allemal.
Edward Posnett: "Die Kunst der Ernte". Sieben kleine Naturwunder und ihre Geschichten.
Aus dem Englischen von Sabine Hübner. Hanser Verlag, München 2020. 336 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine unterhaltsame Weltreise, die man gemütlich auf dem Sofa miterleben kann." Michael Stang, Deutschlandfunk, 30.09.20
"Beeindruckend ist die dichte, sinnliche Beschreibung des Erlebten." Hilal Sezgin, Frankfurter Rundschau, 06.10.20
"Ein Buch, das durchaus dazu beitragen kann, unseren Blick auf die Welt zu verändern: den Wunsch zu verstärken, sie zu erhalten." Katharina Granzin, taz, 04.02.21
"Wer Wunderkammern mag, wird diesen global recherchierten Essay lieben." Anja Tröster, Stuttgarter Zeitung, 30.11.20
"Posnett schafft Bewusstsein, setzt sich kritisch mit Mythen und Idealbildern auseinander." Judith Belfkin, Wiener Zeitung, 03.02.21
"Kenntnisreich", Zeit Wissen, 01/02.2021
"Ein kluges, interessantes Buch zum Thema 'green economy'." Kurier, 08.11.20
"Eine penibel recherchierte und ungeheuer selbstreflexive Materialgeschichte, die zu einem spannenden Abenteuertrip von den Anden über die Höhlen von Borneo bis nach Island wird." Juliane Fischer, Falter, 11.11.20
"Beeindruckend ist die dichte, sinnliche Beschreibung des Erlebten." Hilal Sezgin, Frankfurter Rundschau, 06.10.20
"Ein Buch, das durchaus dazu beitragen kann, unseren Blick auf die Welt zu verändern: den Wunsch zu verstärken, sie zu erhalten." Katharina Granzin, taz, 04.02.21
"Wer Wunderkammern mag, wird diesen global recherchierten Essay lieben." Anja Tröster, Stuttgarter Zeitung, 30.11.20
"Posnett schafft Bewusstsein, setzt sich kritisch mit Mythen und Idealbildern auseinander." Judith Belfkin, Wiener Zeitung, 03.02.21
"Kenntnisreich", Zeit Wissen, 01/02.2021
"Ein kluges, interessantes Buch zum Thema 'green economy'." Kurier, 08.11.20
"Eine penibel recherchierte und ungeheuer selbstreflexive Materialgeschichte, die zu einem spannenden Abenteuertrip von den Anden über die Höhlen von Borneo bis nach Island wird." Juliane Fischer, Falter, 11.11.20