Das Erreichen eigener Ziele auf klugen Umwegen von List, Lüge und Täuschung, der Gegenstand der Intrige, gehort zum Grundrepertoire abendlandischer Erzahlkultur. Was als literatur- und kulturgeschichtliches Phanomen früh in antiken Dramen und Epen fassbar ist und spatestens mit der Aufklarung seinen Siegeszug in der Moderne antritt, wirft aus mediävistischer Perspektive fundamentale Fragen auf.Die Arbeit lenkt den Blick auf eine signifikante mittelalterliche Begriffslücke und verfolgt die Frage, auf welche Weise die Intrigenmaterie in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters präsent ist. Mit Hilfe eines eigenen methodischen Ansatzes sowie exemplarischer Studien zu vier prominenten Texten des 12. Jahrhunderts ('Eneasroman', 'Rolandslied', 'Iwein', 'Tristrant') legt die Arbeit nicht nur verschiedene Spielarten der Intrige im Spannungsfeld von Antike und Moderne offen. Sie macht die Intrige auch poetologisch für das Verständnis mittelalterlichen Erzählens und Dichtens fruchtbar und lädt damit insgesamt dazu ein, den Primat der Neuzeit für die heutige Bedeutung der Intrige zu überdenken.