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Die 1966 geschlossene Regierungskoalition in Bonn zwischen der SPD und den Unionsparteien ist in der Geschichte der Bundesrepublik ein bis heute einmaliger Sonderfall. Auf der Basis eines breiten Quellenmaterials schildert Andrea H. Schneider die "Kunst des Kompromisses", deren meisterhafte Beherrschung Schmidt dazu befähigte, das schwierige Verhältnis zwischen den rivalisiernden Bündnispartnern, zwischen Regierung und Bundestag und zwischen Ministern, Fraktion und Gremien der eigenen Partei immer wieder so zu gestalten, dass die Koalition politikfähig blieb. Das Buch ist somit eine…mehr

Produktbeschreibung
Die 1966 geschlossene Regierungskoalition in Bonn zwischen der SPD und den Unionsparteien ist in der Geschichte der Bundesrepublik ein bis heute einmaliger Sonderfall.
Auf der Basis eines breiten Quellenmaterials schildert Andrea H. Schneider die "Kunst des Kompromisses", deren meisterhafte Beherrschung Schmidt dazu befähigte, das schwierige Verhältnis zwischen den rivalisiernden Bündnispartnern, zwischen Regierung und Bundestag und zwischen Ministern, Fraktion und Gremien der eigenen Partei immer wieder so zu gestalten, dass die Koalition politikfähig blieb.
Das Buch ist somit eine parlamentarischen Geschichte der Großen Koalition und zugleich eine Teilbiographie Hemlut Schmidts, der zwischen 1966 und 1969 den Grundstein zu seiner späteren Kanzelrschaft legte.

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Autorenporträt
Andrea H. Schneider, Dr. phil., Studium der Mittleren und Neueren Geschichte an der Universität Frankfurt, a.h., Promotion 1996 aufgrund vorliegender Arbeit, seither Geschäftsführerin der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte e.V. in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung

Großer Koalitionär
Helmut Schmidt als Staatsmann unter Willy Brandt
ANDREA H. SCHNEIDER: Die Kunst des Kompromisses. Helmut Schmidt und die Große Koalition 1966-1969, Schöningh-Verlag, Paderborn 1999. 307 Seiten, DM 58.
Günter Grass war im November 1966 einer von vielen kritischen Intellektuellen, die mit großer Sorge den Eintritt der SPD in die Große Koalition verfolgten: „20 Jahre verfehlte Außenpolitik', schrieb Grass in einem Brandbrief an den Parteivorsitzenden Willy Brandt, „werden durch Ihr Eintreten in eine solche Regierung bemäntelt. Ihre Vorstellung von einem anderen Deutschland wird einer lähmenden Resignation Platz machen, die große und tragische Geschichte der SPD wird für Jahrzehnte ins Ungefähre münden'. Das Horrorszenario, das Grass während des kurzen Zusammenspiels von Union und Sozialdemokratie zwischen 1966 und 1969 entwarf, verliert im historischen Rückblick allerdings viel von seinem Schrecken.
Im Gegenteil: Kaum eine Regierung in der westdeutschen Nachkriegsgeschichte vermochte in so kurzer Zeit so umfangreiche Reformpakete durchzusetzen wie die Regierung Kiesinger/Brandt, und es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass viele der Ideen, die sich in der Erinnerung mancher Beteiligter mit der sozial-liberalen Koalition verbinden, ihren Ursprung in der „Großen Koalition' hatten: Globalsteuerung, Konzertierte Aktion, betriebliche Mitbestimmung und die Parlamentsreform waren Vorhaben, die neben der Notstandsgesetzgebung auf der Agenda des Kabinetts standen.
Partner nach Maß
Einer der Garanten und Wegbereiter der Großen Koalition auf sozialdemokratischer Seite war der damalige Fraktionsvorsitzende und spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt, dessen Einfluss auf das Zusammenspiel von Union und SPD die Historikerin Andrea Schneider erstmals ausführlich würdigt. Schneider zeichnet ein genaues Bild des Fraktionsvorsitzenden Schmidt, der in der Zusammenarbeit mit seinem ebenbürtigen Gegenüber, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Rainer Barzel, die zentrale Achse der Koalition bildete. Nachdem bald schon deutlich geworden war, dass das Verhältnis zwischen Bundeskanzler Kiesinger und seinem Vizekanzler Brandt massiv gestört und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen beiden kaum möglich war, entwickelten sich Schmidt und Barzel zur „heimlichen Regierung”, die immer wieder in komplizierten Verhandlungen die widerstreitenden Interessen ihrer Fraktionen und Flügel auf Kurs bringen mussten. „Koalition”, bemerkte Schmidt nüchtern, „bedeutet Kompromiss, und Kompromiss in einer Koalition bedeutet die möglichst gleichmäßige Verteilung von Unzufriedenheit auf beiden Seiten. ” Das war Schmidts Aufgabe, und seinen Anteil, die SPD an die Regierungsverantwortung zu gewöhnen, veranschlagt Schneider mit Recht als sehr hoch. In der Emanzipation der Fraktion und ihres Vorsitzenden von der Bundesregierung, die Schmidt betrieb, erkennt Schneider einen wichtigen Grund dafür, dass das Parlament trotz fehlender parlamentarischer Opposition nicht in die Resignation” verfiel, die Grass befürchtet hatte.
Helmut Schmidt gilt bis heute als weitsichtiger Ökonom, kantiger Verteidigungs- und staatsmännischer Außenpolitiker, dem freilich jedes Verständnis für die protestierende und aufbegehrende Jugend fehlte. In ihrer Teilbiographie ergänzt Schneider dieses Bild noch um eine weitere Facette, in dem sie den Hamburger als Innen- und Sozialpolitiker „entdeckt”, der so hartnäckig wie leidenschaftlich für die Einführung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle und die Reform des Strafrechtes stritt. In den Passagen, in denen die Frankfurter Historikerin klar und präzise die Abstimmung innerhalb der Fraktion unter Schmidts Führung nachzeichnet, liegt die besondere Leistung ihrer Forschungen.
Vermutlich ist die größte Stärke aber zugleich auch die größte Schwäche der Studie. Denn die Autorin stützt sich im Wesentlichen auf die Akten Helmut Schmidts und – im geringerem Umfang – auf die Rainer Barzels, die bislang von der zeitgeschichtlichen Forschung nicht in vergleichbarer Weise ausgewertet werden konnten, und unterliegt dabei ein ums andere Mal der intellektuellen Überzeugungskraft Helmut Schmidts. Zu sehr übernimmt sie dessen Sicht der Dinge, zu oft lässt sie sich von Schmidts Hand durch das Koalitionsdickicht führen ohne andere Stimmen zu hören und zu befragen. Leider wurde Schneider die Einsicht in die Nachlässe von Brandt und Wehner verwehrt. Vermutlich hätte sie dies vor mancher Überzeichnung bewahrt. Schmidts Ambitionen und Ränkespiele verschwimmen bei Schneider oftmals zu vermeintlich nüchterner „Sachpolitik”, die der Fraktionsvorsitzende für sich reklamierte, anderen jedoch absprach.
DIETMAR SÜSS
Der Rezensent ist Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Politik der Großen Koalition zwischen 1966 und 1969 hat entscheidende Weichen der Reformpolitik für die darauffolgende sozial-liberale Koalition gestellt; aber die Kompromissmacher zwischen CDU und SPD waren nicht Kiesinger und Brandt, sondern ihre Fraktionsvorsitzenden Rainer Barzel und Helmut Schmidt. Dietmar Süss bescheinigt in seiner Besprechung der Historikerin A. H. Schneider, den Einfluss besonders von Helmut Schmidt bei dieser Weichenstellung erstmals ausführlich gewürdigt zu haben. Leider hat sie sich jedoch, so der Rezensent, vor allem auf die Akten Schmidts verlassen, - Einsicht in die Nachlässe von Wehner und Brandt wurden ihr nicht gewährt. Insofern verschiebt sich ihre Perspektive recht deutlich hin zu einer Übereinstimmung mit Schmidts Selbstinterpretation; seine "Ambitionen und Ränkespiele" bewertet sie seiner Meinung allzu oft undistanziert als "Sachpolitik", wo auch andere Interpretationen möglich gewesen wären.

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