Produktdetails
- Herder Spektrum
- Verlag: Herder, Freiburg
- Seitenzahl: 191
- Abmessung: 16mm x 100mm x 149mm
- Gewicht: 142g
- ISBN-13: 9783451070198
- ISBN-10: 3451070197
- Artikelnr.: 10422731
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.06.2002Kleine Fluchten
Von SZ-Mitarbeitern:
Harald Eggebrecht nickt ein
Auf den ersten Blick ist das Nickerchen der kleine Bruder des Schlafes. Auf den zweiten ist es vor allem ein Schalk, der beide foppt: das Wachen und das Schlafen. Ohne Vorwarnung, mit charmanter Unwiderstehlichkeit und entwaffnender Unhöflichkeit treibt es sein Unwesen im Reich des Wachens und schlägt seine Zelte auf, wo immer es will: in der Kirche, im Konzertsaal, in der Eisenbahn, im Konferenzraum. Aber wer daraus schließen wollte, es sei ein verlässlicher Außendienstmitarbeiter des Schlafes, ist schief gewickelt. Kaum glaubt er, es in seinen Dienst gestellt zu haben, schon macht es wieder kehrt und entführt den gerade erst Weggedämmerten wieder ins Reich der Wachen. Das Dösen, Sinnieren und Tagträumen sind seine liebsten Verwandten, nicht der gravitätische Schlaf, zu dem man sich eigens auszieht, und ins Bett steigt, nicht ohne zuvor die Zähne geputzt zu haben.
Längst hat sich aus der wissenschaftlichen Disziplin der Schlafforschung die Nickerchenforschung als ein eigener Zweig ausgegliedert. Aber weil diese Wissenschaft ihre Gegenstände vor allem von außen betrachtet, nickt man bei der Lektüre ihrer Ergebnisse oft ein. Bei Harald Eggebrecht nicht. Er schreibt über die Kunst des Nickerchens als ihr treuer Adept. Wenn er die kindliche Lesewut, das Schlummern des Pennälers, die Weggedämmerten in den Bibliotheken und auf den Gemälden der Museen, das selige Einnicken am Meeresstrand oder die Schlafsekunden im Western beschreibt, enthalten die physiognomischen Skizzen und Anekdoten zugleich ein Selbstporträt des Autors. Seine Devise lautet: Die kleine Mütze Schlaf ist die Tarnkappe des Glücks. SZ
HARALD EGGEBRECHT: Kunst des Nickerchens. Herder Verlag, Freiburg, Basel und Wien 2002. 191 Seiten, 6 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
Von SZ-Mitarbeitern:
Harald Eggebrecht nickt ein
Auf den ersten Blick ist das Nickerchen der kleine Bruder des Schlafes. Auf den zweiten ist es vor allem ein Schalk, der beide foppt: das Wachen und das Schlafen. Ohne Vorwarnung, mit charmanter Unwiderstehlichkeit und entwaffnender Unhöflichkeit treibt es sein Unwesen im Reich des Wachens und schlägt seine Zelte auf, wo immer es will: in der Kirche, im Konzertsaal, in der Eisenbahn, im Konferenzraum. Aber wer daraus schließen wollte, es sei ein verlässlicher Außendienstmitarbeiter des Schlafes, ist schief gewickelt. Kaum glaubt er, es in seinen Dienst gestellt zu haben, schon macht es wieder kehrt und entführt den gerade erst Weggedämmerten wieder ins Reich der Wachen. Das Dösen, Sinnieren und Tagträumen sind seine liebsten Verwandten, nicht der gravitätische Schlaf, zu dem man sich eigens auszieht, und ins Bett steigt, nicht ohne zuvor die Zähne geputzt zu haben.
Längst hat sich aus der wissenschaftlichen Disziplin der Schlafforschung die Nickerchenforschung als ein eigener Zweig ausgegliedert. Aber weil diese Wissenschaft ihre Gegenstände vor allem von außen betrachtet, nickt man bei der Lektüre ihrer Ergebnisse oft ein. Bei Harald Eggebrecht nicht. Er schreibt über die Kunst des Nickerchens als ihr treuer Adept. Wenn er die kindliche Lesewut, das Schlummern des Pennälers, die Weggedämmerten in den Bibliotheken und auf den Gemälden der Museen, das selige Einnicken am Meeresstrand oder die Schlafsekunden im Western beschreibt, enthalten die physiognomischen Skizzen und Anekdoten zugleich ein Selbstporträt des Autors. Seine Devise lautet: Die kleine Mütze Schlaf ist die Tarnkappe des Glücks. SZ
HARALD EGGEBRECHT: Kunst des Nickerchens. Herder Verlag, Freiburg, Basel und Wien 2002. 191 Seiten, 6 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Die Neue Frankfurter Schule gilt als Inbegriff des deutschen Humors und Satirepotenzials, aber - so Harald Martenstein - mittlerweile habe sich auch in München um Axel Hacke und die Süddeutsche Zeitung eine neue humorige Schule etabliert, die allerdings sanfter, versöhnlicher mit ihrer Zeitkritik verfahre. In dieses Umfeld gehört für ihn auch Harald Eggebrecht, der mit der "Kunst des Nickerchens" ein "typisches Münchner Feuilletonistenbuch" geschrieben haben soll: spritzig, witzig, elegant und lebensfroh. Eine Kulturgeschichte des Dösens, am eigenen Leib erfahren und exemplifiziert. Wer tagsüber hin und wieder ein Nickerchen hält, braucht nachts weniger zu schlafen, lautet die Botschaft des Buches. Recht spektakulär findet der Rezensent einige der beschriebenen Nickerchen, die der Autor an öffentlichen Plätzen gehalten haben soll: etwa bei einer Podiumsdiskussion. Dem Ruf des Autors scheint es ja nicht geschadet zu haben. Dem Ruf des Buches allerdings könnte das Cover schaden, meint Martenstein, der sich an Reklame für Katzenfutter erinnert fühlt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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