Fast möchte man glauben, dass Andy Warhol dieses Büchlein von Victor Auburtin nicht nur nicht gelesen, sondern es als Blaupause für sein künstlerisches Schaffen benutzt hat. Die Rezession der Kunst, die sich speist aus dem Geist der Konservenbüchse, sah Auburtin hellsichtig voraus - und Warhol machte sich fünfzig Jahre später ans Werk und schuf inspiriert durch prall gefüllte Supermarktregale all den Schabernack, den Auburtin bereits 1911 unabwendbar hat kommen sehen. Und er behielt dank Warhol und Spießgesellen recht, konnte allerdings nicht ahnen, dass sich die Kunst möglicherweise rächen…mehr
Fast möchte man glauben, dass Andy Warhol dieses Büchlein von Victor Auburtin nicht nur nicht gelesen, sondern es als Blaupause für sein künstlerisches Schaffen benutzt hat. Die Rezession der Kunst, die sich speist aus dem Geist der Konservenbüchse, sah Auburtin hellsichtig voraus - und Warhol machte sich fünfzig Jahre später ans Werk und schuf inspiriert durch prall gefüllte Supermarktregale all den Schabernack, den Auburtin bereits 1911 unabwendbar hat kommen sehen. Und er behielt dank Warhol und Spießgesellen recht, konnte allerdings nicht ahnen, dass sich die Kunst möglicherweise rächen würde. Denn das, was heutzutage der global aufgestellte Kunstmarkt alles so präsentiert, firmiert unter der Rigide ausgebuffter Marketingstrategien als vorsätzliche Verblödung.Wir wollen hier keine Namen nennen, verweisen aber auf den Film "Loft" auf dem Jahre 1985, allwo die Bilder von den Wänden steigen und ihre unterbelichteten, wenngleich eben auch bösartige Betrachter hinmorden. Noch ärger trifft es in einem Netflixfilm all die Leute, die mit Kunst nichts weiter als ihre Eitelkeit, Überdruss und Geldbeutel aufpeppen wollen. In "Die Kunst des toten Mannes" werden Kunstkritiker, Galeristen und sonstiges überkandideltes Personal zuerst karikiert und dann äußerst effektvoll und mit viel Liebe zu Detail und Horror zu Tode gebracht.Auburtin schreibt: Die Kunst hat nichts mit irgendwelcher Volksbeglückung zu tun und überläßt es den Klistieren, die seelischen Beschwerden der Plebs zu lindern. Sie ist stolz und einsam auf dem Kulm ihres Berges. Kommt ein Geschlecht auf, das nichts von ihr wissen will, das für Verkehrsfragen mehr Interesse bekundet als für den Schritt der Terzinen, so geht sie fort...
Auburtin, Victor Victor Auburtin wurde als Spross einer Emigrantenfamilie aus Elsaß-Lothringen am 5.9.1870 in Berlin geboren. Sein Großvater war Leibkoch von Friedrich Wilhelm III. Beide Elternteile waren in Hofschauspieler. Auburtin studierte Germanistik, Kunst- und Literaturgeschichte in Berlin, Bonn und Thüringen, promovierte daselbst und machte einen Abstecher in die Schauspielerei. Seine Berufung fand er als Feuilletonist. Er schrieb u.a. für die »Berliner Börsenzeitung«, die Zeitschriften »Jugend« und »Simplicissimus« und ab 1914 für das »Berliner Tageblatt«, wo der legendäre Theodor Wolff Chefredakteur war. In den 1920er Jahren avancierte er zu einem der meist gelesenen und bewunderten deutschsprachigen Feuilletonisten, obwohl er die großen Themen wie Politik meidete, um stattdessen im Kleinen und Nebensächlichen den Kern der Dinge herauszuarbeiten. Seine Schreibstil war elegant, ironisch und weitherzig. Victor Auburtin starb am 1928 in Partenkirchen und wurde schnell vergessen, was ihn sowieso nicht verwundert hätte, denn er wusste, dass »Feuilletonisten sich nicht überleben.«
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