Zu viel Vertrauen ist häufig eine Dummheit, zu viel Misstrauen immer ein Unglück. (Johann Nestroy)
1866. Kunstkuratorin Eleanor Sheffield übernimmt nach dem Tod ihres Vaters das Familienunternehmen „Sheffield Brothers“, denn auch ihr Onkel ist gesundheitlich nicht auf der Höhe. Der Auftrag, als
Verwalterin für eine Kunstsammlung tätig zu werden, behagt Eleanor gar nicht, denn es handelt sich…mehrZu viel Vertrauen ist häufig eine Dummheit, zu viel Misstrauen immer ein Unglück. (Johann Nestroy)
1866. Kunstkuratorin Eleanor Sheffield übernimmt nach dem Tod ihres Vaters das Familienunternehmen „Sheffield Brothers“, denn auch ihr Onkel ist gesundheitlich nicht auf der Höhe. Der Auftrag, als Verwalterin für eine Kunstsammlung tätig zu werden, behagt Eleanor gar nicht, denn es handelt sich hierbei um das Erbe von Harry Lydney, in den sie einmal unglücklich verliebt war und vielleicht sogar geheiratet hätte. Harrys Vater hat mit dem Auftrag die Auflage verfügt, dass Eleanor entscheiden soll, ob sein Sohn die Sammlung erhalten soll, oder diese doch besser im South Kensington Museum aufgehoben wäre, da der verstorbene Lord befürchtet, Harry könnte einige Kunstwerke schnell zu Geld gemacht zu haben. Eleanor ist gar nicht wohl bei dem Gedanken, ihrer ehemaligen Liebe wieder gegenüber zu stehen, um den Auftrag auszuführen und ihn auf seine Ehrlichkeit hin zu überprüfen, nagen die Verletzungen und der Vertrauensbruch der Vergangenheit doch immer noch schwer an ihr…
Sandra Byrd hat mit „Die Kunstschätzerin“ einen historischen Roman vor der Kulisse des viktorianischen Englands vorgelegt, der den Leser nicht nur in die Bedeutung alter Kunstschätze sowie die Echtheitsprüfung zur damaligen Zeit unterweist, sondern auch mit einer komplizierten Liebesgeschichte unterhält, in der es um das Finden der Wahrheit und um die Zurückgewinnung von Vertrauen geht. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser gedanklich ins 19. Jahrhundert nach England reisen, wo er an Eleanors Seite die Ereignisse hautnah miterleben darf. Eleanor ist kunstbegeistert und hat sich viel von ihrem Vater abgeschaut. Das Führen eines Geschäfts war zur damaligen Zeit für eine ledige Frau eher ausgeschlossen, da ihre geschäftlichen Möglichkeiten sehr beschränkt waren und ihr die Gesellschaft praktisch Fesseln anlegte. Obwohl die Arbeit an der Kunstsammlung des verstorbenen Lords eine Bereicherung für ihr Geschäft wäre, sind die damit verknüpften Auflagen ein großes Problem für Eleanor, da sie ihrer großen Liebe Harry auf den Zahn fühlen soll, der sie doch so schmählich im Stich gelassen hat, um dann mit einer anderen aufzutauchen. Eleanor muss klug und gewitzt handeln, ihre eigene Enttäuschung hinten anstellen und vor allem pragmatisch vorgehen, aber die eigenen Gefühle spielen ihr immer wieder einen Streich und erschweren ihr die Aufgabe. Die Autorin hat gut recherchiert und den historischen sowie gesellschaftlichen Hintergrund gekonnt mit ihrer Geschichte verwoben. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich hineingearbeitet und umfängt die Themen Vertrauen in Gott und das Finden der Wahrheit.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und mit realistischen menschlichen Ecken und Kanten versehen, die es dem Leser erlauben, ihnen auf leisen Sohlen zu folgen. Eleanor ist eine zurückhaltende Frau, die zwar einige Schicksalsschläge durchstehen muss, sich aber gerade in der damaligen Zeit mutig behauptet, sich nicht unterkriegen lässt und ihre innere Unsicherheit nicht an die Oberfläche geraten lässt. Harry ist ein charmantes Schlitzohr, dem sein Fehler aus der Vergangenheit wohl bewusst ist und der nichts unversucht lässt, diesen wieder gut zu machen.
„Die Kunstschätzerin“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der vor der Kulisse des viktorianischen Englands neben einer komplizierten Liebesgeschichte vor allem die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten sowie die Rolle der Frau zur damaligen Zeit thematisiert. Verdiente Leseempfehlung für kurzweilige Lesestunden und eine ausgesprochen gute Recherchearbeit!