Regina Ullmann gehört zu den bedeutenden Schriftstellerinnen der Schweiz. Rainer Maria Rilke bewunderte sie und setzte sich energisch für das Werk dieser eigenwilligen Autorin ein. Ihre Prosa der fürsorglichen Beobachtung des Abseitigen, verbunden mit der Witterung für drohende Katastrophen und bildstarker Sinnlichkeit, wurde vielfach mit jener Robert Walsers verglichen. Ihr erster Band Erzählungen von 1921, der ihre berühmtesten enthält, ist in der Kollektion Nagel & Kimche, die Peter von Matt herausgibt, originalgetreu wieder zugänglich.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensentin Dorothea Diekmann zeigt sich fasziniert von den elf Erzählungen Regina Ullmanns, die ursprünglich 1912 entstanden und nun in einer Neuauflage erschienen sind. Die in St. Gallen geborene Jüdin, deren wichtigster Förderer ihr Freund Rainer Maria Rilke wurde, wuchs in München auf, kehrte gerade noch rechtzeitig in die schweizerische Heimat zurück, musste zwei uneheliche Kinder weggeben und litt unter materieller Not und politischer Verfolgung. Ihre Geschichten nehmen scheinbar Unwichtiges zum Anlass, und auch die Personen sind unauffällige oft vom Schicksal geschlagene Figuren - mitunter auch sie selbst, wie in einer Geschichte, in der sie als vermeintlich legasthenisches Kind ein Diktat perfekt abgab, um einen goldenen Stift zu gewinnen, der als Preis ausgeschrieben war. Die Rezensentin haben diese Erzählungen in einen "Schwebezustand" und in eine "unmittelbar spirituelle Welt" versetzt, die auch Zweifel von "kafka'scher Schärfe" zu integrieren imstande sind.
© Perlentaucher Medien GmbH
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