Wenige Markennamen sind so bekannt, kein anderes Spielzeug so berühmt. 300 Millionen Menschen haben sich schon als LEGO Konstrukteure versucht. 102 Millionen Kombinationsmöglichkeiten soll es allein für eine Farbe geben... Doch hinter der Phänomenalen Spielidee der bunten Kunststoffnoppen steckt mehr als der rasante Aufstieg eines einst winzigen Handwerksbetriebes zu Europas größtem Spielzeughersteller. Die Autorin folgt der mehr als 65jährigen Geschichte der LEGO Steine, die zugleich eine Familiensaga ist. Sie beschreibt den Weg von den ersten einfachen "Mauersteinen" bis zur Entwicklung des legendären Kupplungsprinzips, das den LEGOLAND Park in Billund entstehen und Kinderträume wahr werden ließ. Kinder aus aller Welt sind es auch, die mit ihren oft sensationell kreativen LEGO Neuschöpfungen die Billunder immer wieder zu phantasievollen Weiterentwicklungen inspirieren. Und auch Erwachsene geben bereitwillig zu, daß Spielen mit LEGO Steinen noch immer ihr "heimliches Laster" ist.
Geschenke auf die letzte Minute: Bücher für den Gabentisch / Geschichte und Geschichten aus der Welt der Technik
Die Lego Story - Der Stein der Weisen. Von Margret Uhle. Ueberreuter Verlag, Wien/Frankfurt, 215 Seiten, 48 Mark.
Wenn unter dem Weihnachtsbaum die lieben Kleinen mit den großen Lego-Steinen namens Duplo spielen und die nicht mehr ganz so kleinen Lieben vielleicht mit dem neuen Stecksystem Znap, darf Papa sich in seinen Sessel zurückziehen, um zu lesen, wie alles so gekommen ist. Die Geschichte des "Steins" aus dem dänischen Billund ist nicht nur die eines Familienunternehmens mit erstaunlichem Erfolg, der aus einem kleinen Handwerksbetrieb einen Milliarden umsetzenden Weltkonzern machte. Es ist auch die Geschichte einer gewissen Monomanie, die alles beherrscht, was mit dem Lego-System zusammenhängt. Das bekommt der Leser dieses Buchs deutlich zu spüren, obwohl - oder gerade weil - es nicht ausdrücklich darin steht. Die Autorin agiert als Sprachrohr der Marke Lego und derer, die über ihre Darstellung wachen: Es geht von Erfolg zu Erfolg, Flops werden zu Zweizeilern. Die allzu dick aufgestrichene Begeisterung über das gewöhnlich erfolgreiche Lego-Marketing kann die Lektüre stellenweise etwas verleiden. Wer sich mit Hilfe der zahlreichen Broschüren aus dem Haus Lego schon ein wenig mit der Geschichte des Unternehmens und seiner Kinderwelten beschäftigt hat, wird kaum viel Neues in dem Band entdecken. Diese allenfalls in zartester Andeutung hinterfragte offizielle Geschichte ist etwas für junge Eltern: um zu lesen, wieviel an den Klötzchen ihrer Kleinen hängt.
Cartier. Die Tank-Uhr. Von Franco Cologni. Editions Flammarion, Paris/New York, 264 Seiten, 540 Abbildungen, deutsche Ausgabe über die Cartier-Boutiquen, 150 Mark.
Kaum ein Uhrendesign hat sich so eingeprägt wie das der Tank von Cartier. Das ist natürlich ein gutes Thema für ein Buch, aus dem wir endlich erfahren können, warum das Ding eigentlich Tank heißt. Einfüllen kann man jedenfalls nichts. Das Design soll sich am Aussehen eines Panzerwagens (englisch: Tank) von Renault im Ersten Weltkrieg orientiert haben. Aber warum sprechen die Franzosen englisch? Die erste Uhr wurde dem Kommandeur des amerikanischen Expeditionsheers, General John Pershing, als Dank für die Befreiung überreicht. Schöne Legende. Tatsache ist aber, daß die 1917 von Cartier gezeichnete zierliche Rechteckuhr mit den etwas kräftigen Flanken im Lauf der vergangenen 80 Jahre für den Juwelier zum typischen Zeitmesser geworden ist. In den Zwanzigern und Dreißigern gab es davon eine lange Reihe von Varianten wie 1921 Tank Cintrée (gewölbt), 1922 Tank Chinoise, 1931 die erste wasserdichte eckige Uhr Tank Étanche, 1932 Tank Basculante. Fast alle sind wieder neu aufgelegt worden. Alle Modelle sind penibel verzeichnet, nicht ohne Übersetzungsfehler beschrieben, oft garniert mit Prominenten, die sie einst trugen und sich immer noch gern mit ihnen zeigen. Wer nicht weiß, daß sich Cartier immer nur ums Äußere gekümmert hat, wird vergeblich nach einer Aufnahme eines Uhrwerks suchen. Aber die uhrmacherische Arbeit hat bis in die siebziger Jahre hinein Jaeger-LeCoultre für Cartier erledigt - das wird auch nicht verschwiegen. Da das Buch aber im Haus Cartier als eine Art Werbeschrift dient, wollte man Jaeger-LeCoultre wohl keinen Raum bieten. Schließlich ist die unauffällige Uhrmacherei von einst zum ernstzunehmenden Wettbewerber aufgestiegen.
Auto-Jahr 1998/99. Herausgegeben von Jean-Rodolphe Piccard. Editions JR, Lausanne, 271 Seiten, 420 Abbildungen, 88 Mark.
Piccards Auto-Jahr erscheint nun schon zum 46. Mal, und gewiß gibt es Sammler, die von der ersten Ausgabe an alle in ihrem Regal stehen haben. Es dürfte auch schwerfallen, eine genauere und besser illustrierte Chronik rings um den Personenwagen und den Motorsport zu finden. Daß eine so aufwendige Edition nur mit Hilfe von Anzeigen zu finanzieren ist, damit muß sich der Leser allerdings abfinden. In diesem Jahr befaßt sich der Band in monografischen Beiträgen mit dem Centennium von Renault und dem 50-Jahre-Jubiläum des Land Rover, mit der niederländischen Marke Spyker, dem Karossier Karmann und der großen Beachtung, die deutsches Auto-Design seit kurzem wieder in aller Welt findet. Der Sport-Teil enthält die üblichen Darstellungen des Verlaufs und die Ergebnisse der großen Wettbewerbe von der Formel 1 bis zum Rallyecross-Europachampionat, ergänzt von sorgfältig erarbeiteten Tabellen. Gerade das Rechte für Langzeit-Fans und Leute, die gern um Details wetten.
Ferry Porsche - Mein Leben. Von Günther Molter. Motorbuch Verlag, Stuttgart, 326 Seiten, 163 Abbildungen, 39,80 Mark.
Die vierte Auflage dieser Autobiographie läßt aus diesem Buch ein Standardwerk der präzisen Erinnerung und Beschreibung werden: Ferry Porsche lieferte dafür noch im Februar dieses Jahres eine Ergänzung und starb am 27. März im Alter von 88 Jahren. Günther Molter, ein Motorjournalist aus der Zeit, in der Fakten noch mehr galten als Effekte, hat Ferry Porsche mehr als fünfzig Jahre gekannt und den Aufstieg des Unternehmens verfolgen dürfen. Porsche und Molter haben sich vor etlichen Jahren beim Schreiben zu Verbündeten entwickelt: Sie sind der Wahrhaftigkeit der Vergangenheit und der Einfachheit des Schilderns von Tatsachen verpflichtet. Vielleicht entsteht gerade daraus das Gewicht, mit dem sich das Buch ins Herz des Lesers legt.
Wie der Kaiser reiste - Geschichte der Staatszüge und Salonwagen. Von Paul Dost. Kosmos Verlag, Stuttgart, 308 Seiten, 263 Abbildungen, 29,80 Mark.
Als Staatsbesuche noch nicht auf dem Flughafen, sondern am Bahnhof begannen, reisten die Herrschenden in Sonderzügen, deren Inneres zu mitunter prunkvollen Salons, Schlafgemächern, Büros, Beratungsräumen und Speisezimmern umgestaltet war. Paul Dost hat in den sechziger Jahren eine umfassende Kultur- und Technikgeschichte des königlichen und staatlichen Reisens geschrieben (damals "Der rote Teppich" betitelt), die nun als Reprint wieder zu haben ist. Das kurzweilige, detailfreudige Buch geht weit über das hinaus, was der neue Titel verspricht. Es stellt Züge, Wagen und ihre Benutzer in aller Welt vor: vom hessischen Salonwagen bis zur Privatlokomotive des Maharadschas von Gwalior, von Görings rollender Badewanne aus rotem Marmor bis zum Bügelwagen der englischen Königin. Es mangelt auch nicht an anekdotischen Einsprengseln. Im Gegensatz zur heutigen Prachtbildbandmode ist es ein schlichtes Lesebuch, schwarzweiß illustriert -, und leider nicht bis in die Gegenwart fortgeschrieben.
Neue Geschichte der Fotografie. Herausgegeben von Michel Frizot. Könemann Verlag, Köln, 775 Seiten, 1136 Abbildungen, 49,90 Mark.
Dieses Werk ist kein bereits irgendwie bekannter Diavortrag über das 160 Jahre alte Medium, sondern eine inhaltlich wie äußerlich opulente Enzyklopädie der Fotografie, die alle Aspekte der Kunst, "einen Schatten zu fixieren", genau und doch mit lesbarem Vergnügen auslotet. Wie da Gesellschafts- und Technikgeschichte mit Kunstgeschichte, Literatur und Philosophie zu einem wunderbaren Wandteppich mit immer wieder neu auftauchenden Mustern verwoben werden, das ist der auf 775 Seiten materialisierte Tagtraum jedes Augenmenschen. Allein die spannungsgeladene Lichtung des Nebels, der über der Geburt des Mediums lagert, ist ein bildersattes Buch im Buch. Wie sich die Fotografie langsam als wenig beachtetes Nebenprodukt chemischer Versuche in England und Frankreich entwickelt und wie sie parallel mit dem Aufkommen des Bürgertums dessen bevorzugtes Mittel zur Repräsentation wird, das ist wie der Urknall der gesellschaftlichen Definition des Menschen im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit. Die E-mail-Adresse auf heutigen Visitenkarten liest sich als Echo der damaligen fotografischen Carte-de-visite von Adolphe-Eugène Disdéri im Jahr 1854. Herausgeber Michel Frizot breitet seine Fotografie-Geschichte auf der Zeitachse aus und folgt üblichen Periodisierungen, um in "Dossier" genannten Exkursen dieses Thema anhand eines Fotografen (W. Eugene Smith), einer Technik (Autochrome-Platten), einer Zeitschrift (Camera Work), der Produktionsbedingungen (Das anonyme Studio) sowie der Rezeption (Das Fotoalbum) überzeugend zu verdichten. Die Fotoauswahl verläßt die Trampelpfade und zieht mit seltener publizierten Aufnahmen in den Sog des Erzählens.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main