Mehr Lokal als Lokalkrimi
In „Die Leiche am Deich“ lässt Joost Jensen in einem beschaulichen friesischen Dörfchen ein Mutter-Tochter-Gespann in einem Mordfall ermitteln: die Brauerin Gesine und ihre Tochter Wiebke, ihres Zeichens Polizistin vor Ort. Was als uriger Regionalkrimi mit viel lokalem
Flair beginnt, wird jedoch leider schnell ermüdend und eintönig.
Am Sünnumer Strand wird die…mehrMehr Lokal als Lokalkrimi
In „Die Leiche am Deich“ lässt Joost Jensen in einem beschaulichen friesischen Dörfchen ein Mutter-Tochter-Gespann in einem Mordfall ermitteln: die Brauerin Gesine und ihre Tochter Wiebke, ihres Zeichens Polizistin vor Ort. Was als uriger Regionalkrimi mit viel lokalem Flair beginnt, wird jedoch leider schnell ermüdend und eintönig.
Am Sünnumer Strand wird die Leiche der Frau des örtlichen Groß-Milchbauern angespült. Gesine, von ihrer Kundschaft liebevoll „Tüdelbüdel“ genannt, mischt sich ohne großes Zögern in die Ermittlungen ein, die eigentlich ihre Tochter Wiebke führen soll – die ist gar nicht erfreut davon, weist ihre Mutter jedoch auch nicht in ihre Schranken. Der Mordfall selbst ist einigermaßen unspektakulär, und so richtig Interesse an den Ermittlungen will auch nicht aufkommen. Dafür ist man als Leser*in viel zu abgelenkt von der Überdosis Lokalkolorit, wobei „Lokal“ hier im doppelten Wortsinn zu verstehen ist. Denn eine ganze Menge Seiten gehen für das ausschweifende Lob und den Genuss des örtlichen Tüdelbräus drauf. Das mag zu Beginn noch recht urig sein, aber mit sich häufenden Kneipenszenen und untermalendem Geplänkel sorgt diese Form des Humors bald nur noch für Augenrollen.
Da hilft es auch wenig, dass Gesine nicht unbedingt als Sympathieträgerin daherkommt: Sie überschreitet in einem fort Grenzen, stets in der festen Überzeugung, das stehe ihr zu, und ohne Rücksicht darauf, was ihre Alleingänge anrichten können. Sogar ihre eigene Tochter bringt sie mehrfach in arge Bedrängnis, ohne irgendeine Form von Schuldbewusstsein zu zeigen. Dabei erweisen sich ihre Einmischungen durchweg als überflüssig – sie zeigen nur, dass sie ihrer Tochter die Lösung des Falls nicht zutraut. Überhaupt enthält „Die Leiche am Deich“ erstaunlich wenig Krimi-Handlung, sodass sich ein Gefühl von Mitfiebern nicht so recht einstellt. Das Buch schafft es nicht, Spannung zu erzeugen, sondern verharrt eher auf komischen Elementen und dem erwähnten Lokalkolorit.
Wer Friesland und die örtliche Kneipenkultur mag, wird vielleicht in „Die Leiche am Deich“ eine kurzweilige Lektüre für zwischendurch finden. Krimi-Fans wird dieses Buch allerdings vermutlich nicht zu begeistern wissen.