In dieser Studie wird die Sicht von Kindern auf ihre (Schul-)Leistungen untersucht. Das Besondere der Studie liegt darin, dass die Einschätzung jedes Kindes mit der Sicht seiner Eltern und der Sicht seiner Lehrerin kontrastiert wird. Darüber hinaus wird die Leistungseinschätzung durch Kinder, Eltern und Lehrerinnen mit Daten aus verschiedenen Lesediagnosen verglichen. Nach einer fundierten theoretischen Einführung werden Ergebnisse zu folgenden und weiteren Forschungsfragen vorgestellt: Ist es bereits Kindern im Grundschulalter möglich, über ihre Leistungen nachzudenken und darüber sachgerecht zu sprechen? Welche Leistungsbereiche spielen für die Kinder eine besondere Rolle? Wie sollte die Aufgabensituation gestaltet sein? Welche Bedeutung hat das Lesen für die Kinder? Trifft die These von der kindlichen Selbstüberschätzung generell zu oder gilt es, diese für bestimmte Gruppen von Kindern zu spezifizieren? Lassen sich z.B. Unterschiede zwischen leistungsschwächeren und leistungsstärkeren Kindern oder zwischen Jungen und Mädchen feststellen? Die Ergebnisse basieren auf vielfältigen Erhebungen in einem interdisziplinären Forschungsdesign, das qualitative und quantitative Forschungszugänge verbindet. Kinder der Klassen 2, 3 und 4 wurden mehrfach schriftlich und mündlich befragt. An Einzelfallbeispielen leseleistungsschwacher Kinder, die zusätzlich bei der Leseförderung intensiv beobachtet wurden, wird die Deutung der Kinder vertieft dargestellt. Gezeigt wird, wie sich Kinder in einer unmittelbaren Lesesituation mit der eigenen Leistung auseinandersetzen, und über welche Strategien und Einsichten sie aus ihrer Sicht verfügen, um selbst erkannte Schwierigkeiten zu bewältigen. Deutlich wird aber auch, dass manchen Kindern ein adäquates Eingreifwissen fehlt und dass sie die Rückmeldungen der Lehrerinnen nicht entsprechend wahrnehmen und für sich nützen können. Die Studie leistet einen Beitrag für ein vertieftes Verständnis von Kindern in ihrer Wahrnehmung und Deutung von Leistungssituationen und gibt dadurch wertvolle Anstösse für das alltägliche Handeln von Lehrern und Lehrerinnen - nicht nur im Förderunterricht. Das Werk schliesst mit der Rekonstruktion der Leistungsselbstsicht eines Kindes, das trotz entmutigender Leistungserfahrungen immer wieder Kraft und Zuversicht schöpft: "Und ich möchte manchmal halt mutiger denken".