Der ukrainische Präsident des Jahres 2013, Sergej Pawlowitsch, ist mit Anfang fünfzig auf dem Gipfel seiner Macht angelangt. Aus kleinen Verhältnissen stammend, kannte er vor der Wende bereits die richtigen Leute, die ihm später geholfen haben, ein erfolgreicher Geschäftsmann zu werden. Nur privat läßt ihn das Glück im Stich: Auch die teuersten Schweizer Ärzte können seiner Frau nicht helfen. Da beschließt Sergej Pawlowitsch, Politiker zu werden; die Zukunft seines Landes liegt ihm ehrlich am Herzen – und einsam ist er sowieso. Er arbeitet Tag und Nacht und wird schließlich Präsident. Doch im Parlament wimmelt es von Intrigen. Wem kann Sergej Pawlowitsch überhaupt noch vertrauen? Den Parteifreunden, die ihn um ein Haar vergiftet hätten? Vielleicht nicht einmal dem Arzt, der ihm ein fremdes Herz transplantiert hat… Doch da taucht eine unerfüllte Liebe aus früheren Zeiten wieder auf. ›Alte Liebe rostet nicht‹, spürt der Präsident – und das läßt ihn einen Neuanfang wagen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.10.2005Geschüttelt, nicht gerührt
Tauwetter in Kiew: Andrej Kurkows prophetischer Roman / Von Hannes Hintermeier
Sergej Pawlowitsch Bunin hat ein ganz besonderes Problem. Nicht, daß er sonst frei wäre von Belastungen - als Präsident der Ukraine badet er quasi in Schwierigkeiten -, aber dieses eine Problem ist ungeheuerlich: Sein Herz gehört nicht ihm. Es ist ein Transplantationsherz, das einem Oligarchen gehörte. Und die trauernde Witwe hat dafür gesorgt, daß ein besonders faustischer Vertrag aufgesetzt wurde: "Im Falle der erfolgreichen ebenso wie im Falle der erfolglosen Operation bleibt das Herz Eigentum der Maja Wladimirowna Woizechowskaja und ist ihr wieder auszuhändigen, sobald kein Bedarf an ihm mehr besteht oder eine weitere Verwendung nicht möglich ist."
Was Präsident Bunin nicht weiß, als er von der Existenz dieses Vertrags erfährt, ist erstens, daß Maja sich das Recht ausbedungen hat, stets in der Nähe des Herzens zu leben. Weshalb sie nun eine Einliegerwohnung hinter der Schlafzimmerwand bewohnt. Und zweitens, daß es eine Fernbedienung gibt, mit deren Hilfe seine Gegner alles, was er sagt, abhören sowie seine Koordinaten bestimmen können. Es besteht, so bringt es der treue Stabschef General Swetlow auf den Punkt, "die Befürchtung, daß mit Hilfe dieses Apparates Ihr Herz angehalten werden kann".
Dies ist die Ausgangslage in Andrej Kurkows bislang gewichtigstem Roman "Die letzte Liebe des Präsidenten", den der in Sankt Petersburg geborene, russisch schreibende Ukrainer 2004 veröffentlicht hat. Daß man sich in einer prototypischen Groteske befindet, dürfte damit klar sein - daß diese keinen Vergleich mit der abenteuerlichen aktuellen Geschichte der Ukraine zu scheuen hat, auch. Das Buch wurde geschrieben, bevor Wiktor Juschtschenko die "orangene Revolution" mitanzettelte; es erschien, bevor er den Präsidentenposten in Kiew erobert hatte. Sein von einer Dioxin-Vergiftung entstelltes Gesicht, als dessen Ursache Juschtschenko einen Anschlag seiner Gegner nennt, hätte lückenlos in den Roman gepaßt.
Kurkow geht der Frage nach, wie es einer in Korruptistan zum höchsten Amt im Staate bringen kann. Er konstruiert zu diesem Zweck drei biographische Einflugschneisen, in denen sich der junge, der mittlere und der präsidiale Bunin entfalten. Im Abstand von jeweils rund einem Dutzend Jahren verfolgt Kurkow den Werdegang: frühe achtziger Jahre, Jahrtausendwende, schließlich das Krisenjahr 2015. Die Jugend des wie sein Erfinder 1961 geborenen Sergej Pawlowitsch verläuft sowjetisch und damit eher mangelwirtschaftlich. Er ist Halbwaise, der Vater starb bei einer Armeeübung, die Mutter versucht ihre Zwillingssöhne als aufrechte Menschen zu erziehen. Bruder Dima dämmert wegen schizophrener Züge in Heimen, Sergej ist ein Streuner mit wenig Neigung, einen Lebensplan zu entwickeln. Mädchen interessieren ihn wohl, Alkohol dito. Beides Konstanten, die ihm erhalten bleiben. Auch als Präsident wird er sagen: "Die Heimat kann einem ja nicht die Frau ersetzen!"
Sein erstes Kind: eine Totgeburt. Die Ehe, die geschlossen wurde, um eine Wohnung zu ergattern, scheitert. Im Vollsuff bricht Sergej im Eis ein; ein alter jüdischer Eremit rettet ihm das Leben - und wird darüber zu einer Vaterfigur. Die Liebe zum Schwimmen im Eis wird er nie wieder los. Als Präsident legt er sich in kritischen Situationen in eisgefüllte Badewannen, Amtsträger müssen eine Prüfung im Eisschwimmen absolvieren. So wird Politik gemacht: Bei der Vierhundert-Jahr-Feier zum Gedenken an die Romanows trifft er im zeremoniellen Moskauer Eislochbecken auf den noch immer regierenden Putin, der sich nicht damit abfinden will, daß die Ukraine selbständig ist. Den Staatsoberhäuptern der Vereinigten Staaten und Englands ist das Wasser zu kalt.
Die mittlere Ebene zeigt uns den über Umwege und Beziehungsgeflechte aufgestiegenen Sergej als Beamten im Wirtschaftsministerium, der es bis zum stellvertretenden Minister bringt. Er rutscht so durch und immer höher hinauf: "Moral war nicht mehr im Umlauf, fast gleichzeitig mit dem Ende des sowjetischen Rubels. Jetzt waren Dollars in Umlauf, und ich wußte seit Kindertagen, daß es dort, wo Dollars waren, weder Moral noch Gerechtigkeit gab." Er hat eine wunderschöne Frau, Swetlana, die mit Zwillingen schwanger geht, er hat Dollars, einen Fahrer, eine zauberhafte Sekretärin und ein angenehmes Leben. Seinem Bruder finanziert er mit der Schwester seiner Frau eine Therapie in der Schweiz; auch dieses Paar erwartet ein Kind, alle drei wurden am gleichen Tag gezeugt und sollen am gleichen Tag geboren werden. Bei soviel Symbolik kann nur ein Absturz lauern: Erst kommen die Zwillinge tot zur Welt, dann begeht sein Bruder nebst Gattin Selbstmord (Todessprung, Leukerbad). Zurück bleibt ein Säugling, den man, um in Kiew Aufsehen zu vermeiden, gen Amerika verfrachtet.
Inmitten dieses Schicksalsbombardements erhält sich Sergej Pawlowitsch eine gewisse Gefühlskälte, eine antrainierte Herablassung, die er als Präsident als Schutzschild einsetzen kann. Denn was ihm sein Autor an Absurditäten und Grausamkeiten zumutet, toppt alles vorher Dagewesene. In Auszügen: Die Moskauer Orthodoxie spricht Lenin heilig, die ukrainische will den heiligen Wladimir nicht anerkennen; der Vatikan plant ein Wunder in der Westukraine. Amerikanische Riesenkartoffeln tauchen auf. Bunins Stress-Spezialist wird erhängt im Wald gefunden, sämtliche Ärzte, die an der Herzoperation beteiligt waren, sind tot oder unauffindbar. Rußland untertunnelt die Straße von Kertsch, hochrangige Beamte werden dutzendweise verschleppt, das Lieblingssofa des Präsidenten verschwindet aus dem Palast. Schließlich dreht der Energie-Oligarch Kasimir den Energiehahn zu und nimmt per Amtsenthebungsverfahren Anlauf auf den Thron.
Das ist die Spielwiese, auf der Andrej Kurkow seinem schwarzhumorigen Erzählhengst die Sporen gibt. Im Finale führt er seinen Antihelden durch eine explosive Mischung aus Politklamotte und Wählerbetrug an die Macht zurück. Die Frau, von der er nie wußte, daß er sie liebt, beendet seine Einsamkeit; und die verschollene Nichte Lisa ergänzt als Tochter seinen neu entworfenen Lebenslauf. Sergej Pawlowitsch besteht diese Prüfungen, mit viel Whisky und viel Eis: "Wenn man schon Präsident werden, genauer: sein mußte, dann wäre es nett gewesen, man bekäme ein kleineres, einfacheres Land aufgebürdet."
Andrej Kurkow meistert diese Politikerhäutung mit Spannung, Einfühlung, Witz und Zynismus. In zweihundertsiebzehn Kurzkapiteln hält er das Tempo hoch, vergißt dabei aber nicht, daß zur intelligenten Unterhaltung sprachliche Anstrengung und gelegentlich auch lyrisch-aphoristische Ausflüge gehören. Auch wenn, dem Genre geschuldet, mancher Seitenarm durchaus verzichtbar wäre, vermittelt er doch jederzeit das Gefühl, man könne es sich als Leser hier ohne Reue bequem machen. Sogar die Präsidenten-Marionette, diesen lupenreinen Antidemokraten, der sein Parlament als Schwatzbude diskreditiert, hat man am Ende ins Batterieherz geschlossen. Gewiefter Epiker, der er ist, fordert Kurkow im Nachwort seine Leser auf, ihn um mehr zu bitten - dann werde er die Geschichte weiter verfolgen. Es spricht nichts dagegen.
Andrej Kurkow: "Die letzte Liebe des Präsidenten". Roman. Aus dem Russischen übersetzt von Sabine Grebing. Diogenes Verlag, Zürich 2005. 696 S., geb., 22,90 [Euro].
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Tauwetter in Kiew: Andrej Kurkows prophetischer Roman / Von Hannes Hintermeier
Sergej Pawlowitsch Bunin hat ein ganz besonderes Problem. Nicht, daß er sonst frei wäre von Belastungen - als Präsident der Ukraine badet er quasi in Schwierigkeiten -, aber dieses eine Problem ist ungeheuerlich: Sein Herz gehört nicht ihm. Es ist ein Transplantationsherz, das einem Oligarchen gehörte. Und die trauernde Witwe hat dafür gesorgt, daß ein besonders faustischer Vertrag aufgesetzt wurde: "Im Falle der erfolgreichen ebenso wie im Falle der erfolglosen Operation bleibt das Herz Eigentum der Maja Wladimirowna Woizechowskaja und ist ihr wieder auszuhändigen, sobald kein Bedarf an ihm mehr besteht oder eine weitere Verwendung nicht möglich ist."
Was Präsident Bunin nicht weiß, als er von der Existenz dieses Vertrags erfährt, ist erstens, daß Maja sich das Recht ausbedungen hat, stets in der Nähe des Herzens zu leben. Weshalb sie nun eine Einliegerwohnung hinter der Schlafzimmerwand bewohnt. Und zweitens, daß es eine Fernbedienung gibt, mit deren Hilfe seine Gegner alles, was er sagt, abhören sowie seine Koordinaten bestimmen können. Es besteht, so bringt es der treue Stabschef General Swetlow auf den Punkt, "die Befürchtung, daß mit Hilfe dieses Apparates Ihr Herz angehalten werden kann".
Dies ist die Ausgangslage in Andrej Kurkows bislang gewichtigstem Roman "Die letzte Liebe des Präsidenten", den der in Sankt Petersburg geborene, russisch schreibende Ukrainer 2004 veröffentlicht hat. Daß man sich in einer prototypischen Groteske befindet, dürfte damit klar sein - daß diese keinen Vergleich mit der abenteuerlichen aktuellen Geschichte der Ukraine zu scheuen hat, auch. Das Buch wurde geschrieben, bevor Wiktor Juschtschenko die "orangene Revolution" mitanzettelte; es erschien, bevor er den Präsidentenposten in Kiew erobert hatte. Sein von einer Dioxin-Vergiftung entstelltes Gesicht, als dessen Ursache Juschtschenko einen Anschlag seiner Gegner nennt, hätte lückenlos in den Roman gepaßt.
Kurkow geht der Frage nach, wie es einer in Korruptistan zum höchsten Amt im Staate bringen kann. Er konstruiert zu diesem Zweck drei biographische Einflugschneisen, in denen sich der junge, der mittlere und der präsidiale Bunin entfalten. Im Abstand von jeweils rund einem Dutzend Jahren verfolgt Kurkow den Werdegang: frühe achtziger Jahre, Jahrtausendwende, schließlich das Krisenjahr 2015. Die Jugend des wie sein Erfinder 1961 geborenen Sergej Pawlowitsch verläuft sowjetisch und damit eher mangelwirtschaftlich. Er ist Halbwaise, der Vater starb bei einer Armeeübung, die Mutter versucht ihre Zwillingssöhne als aufrechte Menschen zu erziehen. Bruder Dima dämmert wegen schizophrener Züge in Heimen, Sergej ist ein Streuner mit wenig Neigung, einen Lebensplan zu entwickeln. Mädchen interessieren ihn wohl, Alkohol dito. Beides Konstanten, die ihm erhalten bleiben. Auch als Präsident wird er sagen: "Die Heimat kann einem ja nicht die Frau ersetzen!"
Sein erstes Kind: eine Totgeburt. Die Ehe, die geschlossen wurde, um eine Wohnung zu ergattern, scheitert. Im Vollsuff bricht Sergej im Eis ein; ein alter jüdischer Eremit rettet ihm das Leben - und wird darüber zu einer Vaterfigur. Die Liebe zum Schwimmen im Eis wird er nie wieder los. Als Präsident legt er sich in kritischen Situationen in eisgefüllte Badewannen, Amtsträger müssen eine Prüfung im Eisschwimmen absolvieren. So wird Politik gemacht: Bei der Vierhundert-Jahr-Feier zum Gedenken an die Romanows trifft er im zeremoniellen Moskauer Eislochbecken auf den noch immer regierenden Putin, der sich nicht damit abfinden will, daß die Ukraine selbständig ist. Den Staatsoberhäuptern der Vereinigten Staaten und Englands ist das Wasser zu kalt.
Die mittlere Ebene zeigt uns den über Umwege und Beziehungsgeflechte aufgestiegenen Sergej als Beamten im Wirtschaftsministerium, der es bis zum stellvertretenden Minister bringt. Er rutscht so durch und immer höher hinauf: "Moral war nicht mehr im Umlauf, fast gleichzeitig mit dem Ende des sowjetischen Rubels. Jetzt waren Dollars in Umlauf, und ich wußte seit Kindertagen, daß es dort, wo Dollars waren, weder Moral noch Gerechtigkeit gab." Er hat eine wunderschöne Frau, Swetlana, die mit Zwillingen schwanger geht, er hat Dollars, einen Fahrer, eine zauberhafte Sekretärin und ein angenehmes Leben. Seinem Bruder finanziert er mit der Schwester seiner Frau eine Therapie in der Schweiz; auch dieses Paar erwartet ein Kind, alle drei wurden am gleichen Tag gezeugt und sollen am gleichen Tag geboren werden. Bei soviel Symbolik kann nur ein Absturz lauern: Erst kommen die Zwillinge tot zur Welt, dann begeht sein Bruder nebst Gattin Selbstmord (Todessprung, Leukerbad). Zurück bleibt ein Säugling, den man, um in Kiew Aufsehen zu vermeiden, gen Amerika verfrachtet.
Inmitten dieses Schicksalsbombardements erhält sich Sergej Pawlowitsch eine gewisse Gefühlskälte, eine antrainierte Herablassung, die er als Präsident als Schutzschild einsetzen kann. Denn was ihm sein Autor an Absurditäten und Grausamkeiten zumutet, toppt alles vorher Dagewesene. In Auszügen: Die Moskauer Orthodoxie spricht Lenin heilig, die ukrainische will den heiligen Wladimir nicht anerkennen; der Vatikan plant ein Wunder in der Westukraine. Amerikanische Riesenkartoffeln tauchen auf. Bunins Stress-Spezialist wird erhängt im Wald gefunden, sämtliche Ärzte, die an der Herzoperation beteiligt waren, sind tot oder unauffindbar. Rußland untertunnelt die Straße von Kertsch, hochrangige Beamte werden dutzendweise verschleppt, das Lieblingssofa des Präsidenten verschwindet aus dem Palast. Schließlich dreht der Energie-Oligarch Kasimir den Energiehahn zu und nimmt per Amtsenthebungsverfahren Anlauf auf den Thron.
Das ist die Spielwiese, auf der Andrej Kurkow seinem schwarzhumorigen Erzählhengst die Sporen gibt. Im Finale führt er seinen Antihelden durch eine explosive Mischung aus Politklamotte und Wählerbetrug an die Macht zurück. Die Frau, von der er nie wußte, daß er sie liebt, beendet seine Einsamkeit; und die verschollene Nichte Lisa ergänzt als Tochter seinen neu entworfenen Lebenslauf. Sergej Pawlowitsch besteht diese Prüfungen, mit viel Whisky und viel Eis: "Wenn man schon Präsident werden, genauer: sein mußte, dann wäre es nett gewesen, man bekäme ein kleineres, einfacheres Land aufgebürdet."
Andrej Kurkow meistert diese Politikerhäutung mit Spannung, Einfühlung, Witz und Zynismus. In zweihundertsiebzehn Kurzkapiteln hält er das Tempo hoch, vergißt dabei aber nicht, daß zur intelligenten Unterhaltung sprachliche Anstrengung und gelegentlich auch lyrisch-aphoristische Ausflüge gehören. Auch wenn, dem Genre geschuldet, mancher Seitenarm durchaus verzichtbar wäre, vermittelt er doch jederzeit das Gefühl, man könne es sich als Leser hier ohne Reue bequem machen. Sogar die Präsidenten-Marionette, diesen lupenreinen Antidemokraten, der sein Parlament als Schwatzbude diskreditiert, hat man am Ende ins Batterieherz geschlossen. Gewiefter Epiker, der er ist, fordert Kurkow im Nachwort seine Leser auf, ihn um mehr zu bitten - dann werde er die Geschichte weiter verfolgen. Es spricht nichts dagegen.
Andrej Kurkow: "Die letzte Liebe des Präsidenten". Roman. Aus dem Russischen übersetzt von Sabine Grebing. Diogenes Verlag, Zürich 2005. 696 S., geb., 22,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Sonja Zekri hat einiges zu bewundern an Andrej Kurkows neuem Roman, "Die letzte Liebe des Präsidenten", und nicht zuletzt gehört dazu, dass Kurkow heute "einer der bekanntesten Schriftsteller der Ukraine" ist. Kurkow verfügt auch über einen vitalen Sinn fürs Groteske, und er vermag Szenen äußerst effektvoll in diesem Sinn zu gestalten. Außerdem staunt Zekri nicht schlecht, wie nahe Kurkow manchmal der Wirklichkeit kommt - beinahe scheint es ihr zuweilen (etwa, wenn im Roman die "Indienstnahme des Energiesektors" im russisch-ukrainischen Kräftemessen thematisiert wird), als holte die Wirklichkeit sich Inspiration bei der Literatur. Der Plot: Mit allen Orwellschen Mitteln versucht der ukrainische Präsident im Amt zu bleiben. In seiner Brust schlägt das Herz eines anderen, und die Witwe des Spenders hat sich vertraglich zusichern lassen, dass sie immer in der Nähe des geliebten Herzens sein darf. Darüber hinaus ist im Spenderherzen ein Sender eingebaut, mit dem die Opposition sich auf dem Laufenden hält über die Maßnahmen ihres Gegenspielers. Überhaupt geht es hinter den Kulissen der Macht zynisch-irr zu, auch wenn am Ende der Präsident seine große Liebe findet. Einmal haut die Rezensentin richtig dazwischen. Da kommt sie auf Kurkows erzählerisches Schachtelverfahren - Vor- und Rückblenden über die Jahre hinweg - zu sprechen. Und sie spricht harsche Worte: "Das liest sich gelegentlich so flüssig wie ein Vorwahlverzeichnis." Insgesamt aber: Gut.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Andrej Kurkow hat diese gewissen Nebensätze, die so lakonisch sind, dass man von ihm sogar die Gebrauchsanweisung eines Rasenmähers lesen würde.« Bettina Göcmener / Die Welt Die Welt