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Ein spannender Roman um Gewalt, politische Macht, Gerechtigkeit und Verantwortung - »scharf wie Regieanweisungen, ohne jedes überflüssige Wort, meisterlich einfühlsam.« Frankfurter Neue Presse
Deutschland im Spätherbst: In der norddeutschen Provinz ist ein brutaler Mord geschehen. Neben der Leiche läuft noch die CD mit Mozarts Arie der Königin der Nacht - ein Echo aus vergangenen Zeiten und das auf Rache anspielende Leitmotiv des Buches: Am Vorabend der Studentenunruhen 1967 hörte der Schah von Persien in der Berliner Oper das Gleiche. Der neue Tote ist ehemaliges RAF-Mitglied und war von…mehr

Produktbeschreibung
Ein spannender Roman um Gewalt, politische Macht, Gerechtigkeit und Verantwortung - »scharf wie Regieanweisungen, ohne jedes überflüssige Wort, meisterlich einfühlsam.« Frankfurter Neue Presse

Deutschland im Spätherbst: In der norddeutschen Provinz ist ein brutaler Mord geschehen. Neben der Leiche läuft noch die CD mit Mozarts Arie der Königin der Nacht - ein Echo aus vergangenen Zeiten und das auf Rache anspielende Leitmotiv des Buches: Am Vorabend der Studentenunruhen 1967 hörte der Schah von Persien in der Berliner Oper das Gleiche. Der neue Tote ist ehemaliges RAF-Mitglied und war von 1980 bis zum Mauerfall in der DDR untergetaucht. In den Brennpunkt des Erzählgeschehens gerät das zuständige, denkbar ungleiche Ermittlerduo: Glauberg, der lokale Kriminalbeamte ist vierzig und von der Sinnkrise gebeutelt, seine in der DDR aufgewachsene BKA-Kollegin Reinhardt zehn Jahre jünger und deutlich energischer. Die Wahrheitssuche in diesem Fall zeigt, dass kaum etwas so ist, wie es zunächst scheint: Jeder verdächtigt jeden, aber alle möglichen Verdachtsmomente dienen doch nur raffinierten Ablenkungsmanövern.

Das Buch zur Verfilmung 'Mord am Meer' mit Heino Ferch und Nadja Uhl in den Hauptrollen.
Autorenporträt
Ulrich Woelk, 1960 geboren, in Köln aufgewachsen, studierte in Tübingen Physik und promovierte 1991 an der TU Berlin, wo er bis 1994 als Astrophysiker tätig war. Literarische Arbeiten seit den 1980er Jahren; »Aspekte«-Literaturpreis für das Debüt 'Freigang' (1990). Seither erschienen Romane, Erzählungen, Theaterstücke. Der Roman 'Die letzte Vorstellung' wurde mit Heino Ferch und Nadja Uhl für das ZDF verfilmt ('Mord am Meer'). Ulrich Woelk lebt in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.10.2002

Der Halbbruder des Toten vom Deich
Stimmenteppich im Schieferfoyer: Ulrich Woelks Liebes-Gesellschafts-Berlin- Roman-Krimi „Die letzte Vorstellung”
Die neue Lesbarkeit – das war die Forderung der neunziger Jahre: Deutsche Autoren sollten endlich im Stil des amerikanischen Realismus (oder was man dafür hielt) schreiben: flott, verständlich und doch mit (sozialkritischem) Anspruch. Anstelle teutonischen Tiefsinns wurde urbane Gewandtheit gefordert. Ein Produkt dieser Schule der Geläufigkeit ist Ulrich Woelks Roman „Die letzte Vorstellung”. Hier werden keine Hürden für den Leser aufgebaut, keine verschlungenen Pfade beschritten, hier geht’s vom Anfang bis zum Ende zur Sache: Alles in einem – Berlin- und Gesellschaftsroman, Krimi und Liebesroman – soll sein Buch sein, ein buntes Panorama von den siebziger Jahren bis heute.
Schon braust das BKA heran
Mit einem Knalleffekt beginnt es: Irgendwo in Nordfriesland joggt ein Pfarrer über den Deich und gelangt zu einem abseits gelegenen Bauernhof. Da ihm irgendetwas seltsam vorkommt, schaut er mal kurz rein ins Haus – und sieht einen Mann, der an einen Stuhl gefesselt und durch einen Kopfschuss getötet worden ist. Das übliche „Tatort”-Szenario wird aufgebaut, der wortkarge nordfriesische Kommissar tritt auf den Plan und wie’s der Zufall so will, der in diesem Roman die heimliche Hauptrolle spielt, braust auch schon das BKA in Gestalt einer herben Kommissarin heran. Die Frage „Wer war’s?” kann gestellt, Kommissarin und Kommissar können zusammengeführt werden: Andreas Glauberg, der vierzigjährige, von Frau und Kind getrennt lebende Gerechtigkeitsfanatiker und die dreißigjährige Karrieristin Paula Reinhardt – er aus dem Westen, sie aus dem Osten – werden ein Paar, das sich durch einen wahren Dschungel von politischen Verschwörungen und dunklen Geschäften schlagen muss und auf seinem Weg eine Unzahl von Lebenslügen aufdeckt.
Sowohl bei den Schauplätzen wie bei den Personen scheut Woelk keinen Aufwand: Vom Deich führt der Weg der beiden Kriminalisten umstandslos in die große Stadt Berlin. Hier fühlt sich der Erzähler Woelk zu Hause. Wie bereits in seinem Roman „Liebespaare” inszeniert er hingebungsvoll die nächtliche Stadt: regennasse Straßen, auf denen der Strom der Autos fließt, verwischte Lichter, eilende Menschen, diffuser Lärm. Diese impressionistischen Momentaufnahmen einer dunklen und kalten Stadt, in der die Konturen sich auflösen und nichts sicher zu sein scheint, zählen zu den Stärken von Woelks Buch.
Wenn er allerdings von konkreten Sachverhalten und Menschen erzählt, neigt er zu groben Strichen, arger Typisierung und einer allzu flotten Sprache. Da „trägt die Kommissarin eine Jeansjacke, die sie nicht ausgezogen hatte”, in der Oper verbreitet „der Schieferboden im Foyer den Eindruck intellektueller Kälte”, und in der Kneipe vermischen sich „die Gespräche im Raum zu jenem Stimmenteppich, wie man ihn von Restaurants kennt”.
Der Spitzel und sein Stehsatz
Woelk lässt nichts aus: die RAF spielt eine Rolle, die Wohngemeinschaften der siebziger Jahre, die Stasi. Und wenn schon nicht der Treuhand die Rolle des institutionalisierten Bösen zugeteilt wird, dann muss eine „Kreditanstalt für teilungsbedingte Sonderaufgaben” her, die zu Zeiten des Kalten Krieges schmutziges (West-)Geld im Osten gewaschen hat. Ein ehemaliger Stasi-Oberst, der nach der Wende zum erfolgreichen Kapitalisten geworden ist, tritt „mit einem breitlippigen Lächeln” auf und zeigt sich als solider Vertreter einer Funktionselite, die immer zu den Siegern der Geschichte gehört. Ein alt gewordener Autonomer, der als Spitzel arbeitet, kann mühelos aus seinem Stehsatz rezitieren: „In den Großstädten zeigt das Kapital seine hässliche Fratze...”. Da dürfen denn auch der zynische Alt-68er und der windschnittige Zeitgeist-Journalist nicht fehlen. Verlässlich tauchen sie auf und verhalten sich so, wie’s von ihnen zu erwarten ist.
Seine Figuren scheinen Woelk eher weniger zu interessieren, stattdessen sorgt er für allerlei Verwicklungen und Komplikationen, ohne dabei auf Wahrscheinlichkeit, psychologische Glaubwürdigkeit oder andere Forderungen nicht nur des „amerikanischen” Realismus Rücksicht zu nehmen. Und so ist der Tote ein ehemaliger Terrorist, der in den achtziger Jahren in der DDR überwintert, dann mit dem BKA einen Deal gemacht und sich schließlich in sein Bauernhaus zurückgezogen hat. Kommissar Glauberg ist der Halbbruder des Toten, Kommissarin Reinhardt im weiteren Sinne ein Opfer des Ex-Terroristen. Nach allerlei Volten kommt’s dann heraus: die Kommissarin selbst hat den Mord in einem kalkulierten Akt der Rache begangen.
So einen Plot und wie man den langen Weg zur Schlusspointe mit Klischees und Floskeln pflastert, lernt man wohl nur in der höheren Schule der Geläufigkeit.
CLAUS-ULRICH BIELEFELD
ULRICH WOELK: Die letzte Vorstellung. Roman. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2002. 304 Seiten, 19,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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